“Verstecken müssen wir uns nicht”

Interview

Herr Beumelburg, Zement gilt als Klimakiller. Wann haben Sie entschieden, den Baustoff aus Ihrem Firmennamen zu streichen?

Beumelburg: Wir haben das schon länger diskutiert. Unser Leistungsspektrum geht weit über Zement hinaus. Das wollen wir mit dem neuen Namen Heidelberg Materials verdeutlichen. Die neue Marke wird zudem erstmals global eingesetzt. Sie hilft uns, über die Ländergrenzen hinweg einheitlich aufzutreten und mit einer Stimme zu sprechen.

Das Imageproblem hat keine Rolle gespielt?

Nein. Wir sind stolz auf unser Zementgeschäft! Wir haben eine klare Strategie, wie wir den Baustoff künftig CO2-frei produzieren können. Aber zur Transformation gehört mehr. Das spiegelt der neue Name wider.

Sie haben auch ein neues Logo. Was gehört alles zur Transformation der Kommunikation?

Die alte, reine Wortmarke war digital nur schwer zu bespielen. Gerade die digitalen Kanäle werden aber zunehmend wichtiger, wenn wir alle Zielgruppen adäquat erreichen wollen. Wir haben dafür unseren Newsroom neu ausgerichtet, um die Themen aus den Ländern zukünftig zielgerichteter spielen zu können. Unseren Anspruch, Vorreiter auf dem Weg zur Klimaneutralität zu sein, müssen wir belegen und zeigen, dass Nachhaltigkeit auch ökonomisch tragbar ist.

Einigen geht der Umbau der Baustoffbranche nicht schnell genug voran. Noch immer werden viele Emissionen freigesetzt. Wie sehen Sie die Debatte?

Ein Stück weit kann ich die Kritik verstehen. Momentan senken wir die Emissionen noch weitgehend über traditionelle Hebel. Sprunginnovationen wie CCUS, also die Abscheidung und Speicherung oder Wiederverwertung von CO2, sind noch nicht in ausreichendem Maße verfügbar. Entsprechend gehen die Emissionen langsam zurück, aber stetig. Sobald wir die Emissionen in unseren Werken auffangen, sind das auf einen Schlag 400.000
Tonnen CO2 pro Jahr oder mehr, die nicht mehr die Atmosphäre erreichen. Das ist in Norwegen bereits 2024 der Fall. Ab dann reden wir von einer anderen Geschwindigkeit.

Dann reden wir aber auch über Zukunftskommunikation.

Die Technik gibt es schon, sie wird nur noch nicht im großen Maßstab in der Zementindustrie eingesetzt. Und unser Projekt in Norwegen geht bereits in knapp zwei Jahren ans Netz. In der Kommunikation und gerade am
Kapitalmarkt ist das mehr oder weniger jetzt.

Mit dem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu sein, scheinen Sie weniger ambitioniert als andere – auch als die Bundesregierung.

Das Ziel ist Klimaneutralität. Heute kann Ihnen keiner mit Bestimmtheit sagen, ob wir das bis 2040, 2045 oder 2050 schaffen. Wir haben in unserer Branche das ambitionierteste Klimaziel, das durch die Science Based Targets Initiative auch als wissenschaftsbasiert zertifiziert ist. Und wir reden bewusst von „CO2-freiem Zement“, weil wir echte, durch eine klare Roadmap hinterlegte Reduktionsziele haben und die Emissionen nicht einfach
nur kompensieren, indem wir zum Beispiel Bäume pflanzen. Wir wollen als diejenigen wahrgenommen werden, die wirklich etwas voranbringen.

Klimaschützer sehen das anders. 2020 hat sich eine Gruppe vor Ihrer Zentrale festzementiert und wurde verhaftet. Wie führen Sie heute den Dialog?

Grundsätzlich begrüßen wir den Dialog. Er hilft uns, unsere Sinne zu schärfen und darüber nachzudenken, wie wir kommunizieren. Dabei sollte bei allen Beteiligten immer auch auf die Bereitschaft da sein, sich auf Fakten einzulassen.

Zu den Fakten gehört, dass Sie eine Branche sind, die schwer CO2 einsparen kann. Wäre es nicht gut, das auch ganz offen zu benennen?

Absolut. Wir müssen besser erklären, warum es nicht schneller geht und was die besonderen Herausforderungen in unserer Industrie sind. Dafür arbeiten wir an Formaten wie zum Beispiel Erklärstücken. Und wir wollen vermehrt Menschen zu Wort kommen lassen. Das erhöht die Glaubwürdigkeit. Verstecken müssen wir uns nicht. Denn wir brennen wirklich für das Thema Nachhaltigkeit.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe #Nachhaltigkeit. Das Heft können Sie hier bestellen.

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