Typische Vorurteile über Gewaltfreie Kommunikation

Gewaltfreie Kommunikation

Die Gewaltfreie Kommunikation, die sowohl privat als auch beruflich gut angewendet werden kann, ist zwar mittlerweile wesentlich bekannter als noch vor einigen Jahren. Dennoch gibt es immer noch einige Vorurteile gegenüber dieser Methode, die dazu führen, dass viele ihr Potenzial verkennen.

Kooperation als Ziel der Gewaltfreien Kommunikation

Der Psychologe Marshall B. Rosenberg entwickelte das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation (GFK). Seine Arbeit wurde sowohl von seinem Lehrer Carl Rogers als auch von dem Konzept der Ahimsa (Gewaltfreiheit) von Gandhi beeinflusst. Sein Ziel war, damit eine respektvolle und kooperative Kommunikationskultur zu erschaffen.

Die GFK ist geprägt durch eine wertschätzende und reflektierte Haltung. Aus dieser lassen sich folgende Schritte für die Interaktion mit Anderen ableiten:

  1. Beobachtung
  2. Gefühle
  3. Bedürfnisse
  4. Bitte

Dabei geht es darum, die eigenen Unterstellungen in sachliche Beobachtungen zu übersetzen. Zusätzlich werden ausgelöste Gefühle und die dahinterliegenden Bedürfnisse benannt.

Abschließend wird eine Bitte formuliert, die sich auf das nicht erfüllte Bedürfnis bezieht.

Diese Struktur kann genutzt werden, um zum Beispiel schwierige Gespräche vorzubereiten und durchzuführen. Häufig wird sie zur Konfliktprävention und zum Konfliktmanagement eingesetzt.

Die Gewaltfreie Kommunikation hilft durch die Anleitung zur Reflexion dabei, sich selbst besser zu verstehen. Auch ist sie dazu gedacht, sich in den Konfliktpartner zu versetzen. So entstehen zum Beispiel mehr Vertrauen und Rücksichtnahme in Teams.

Diese vier Schritte funktionieren jedoch nur, wenn sie aus einer kooperativen Haltung heraus angewendet werden. Deswegen gibt es zum einen auch Vorurteile gegenüber der GFK. Schauen wir uns diese mal genauer an!

Das ist doch gar nicht anwendbar!

Das habe ich nach meinem allerersten Seminar auch gedacht! Da hatte ich das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation jedoch nicht wirklich verstanden.

Wenn man denkt, man muss immer alle vier Schritte im Gespräch anwenden und stets komplett gewaltfrei sein, stimme ich dem zu, denn kein Mensch ist nie gewaltvoll.

Diesen Anspruch hat die Gewaltfreie Kommunikation jedoch nicht. Zum einen sind die vier Schritte als Struktur zur Selbstreflexion gedacht. Dazu kann man sich die Zeit nehmen, bevor man in ein Gespräch geht.

Auf die Struktur der vier Schritte kann in der Gesprächsführung zurückgegriffen werden. Auch das ist kein Zwang. Letztlich geht es darum, zu verstehen, welche Aspekte in eine Kommunikationssituation einfließen, wie zum Beispiel, dass es unterschiedliche Wahrnehmungen gibt und dass uns unsere Gefühle und Bedürfnisse stark beeinflussen.

Über Gefühle kann man am Arbeitsplatz nicht reden!

Auch gibt es das Vorurteil, dass in der GFK immer über Gefühle gesprochen werden muss. Schließlich lautet der zweite Schritt „Gefühl“.

Zum einen gibt es hier keinen Zwang, über seine Emotionen zu sprechen. In erster Linie dienen die vier Elemente als Hilfe zur Selbstreflexion und zum Perspektivwechsel. Ob man seine Gefühle dem anderen mitteilt oder nicht, ist eine persönliche Entscheidung.

Zum anderen hat jeder die Wahl, welche Gefühle er anspricht. Schließlich ist die erste Reaktion, wenn etwas anders ist als erwartet, Irritation. Anschließend entstehen unsere Gedanken und dadurch Gefühle wie Ärger oder Frust. So besteht stets die Möglichkeit, über Gefühle wie Irritation oder Überraschung zu sprechen, die wesentlich neutraler sind.

Letztlich ist die Empfehlung, nur über den Gefühlszustand zu sprechen, wenn man sich dabei wohl fühlt. Ist dies der Fall, spricht nichts dagegen, das auch im Arbeitskontext zu tun.

Aus meiner Erfahrung haben viele Führungskräfte gute Ergebnisse erzielt, wenn sie sich ihren Mitarbeitenden gegenüber auch emotional öffneten.

Da muss man immer nett sein!

In Unternehmen geht es um Ziele und Vorgaben, die erreicht werden sollen. Dazu müssen Regeln aufgestellt werden, an die sich alle halten sollen.

Forderungen und Befehle sind typische Hilfsmittel vieler Führungskräfte. So könnte man denken, dass die Gewaltfreie Kommunikation in Unternehmen nicht anwendbar sei, da sie mit einer Bitte endet und nicht mit einer Forderung.

Ebenfalls könnte man denken, dass Forderungen in der GFK verboten sind. Jedoch versteht sich die Gewaltfreie Kommunikation nicht als Regelwerk mit lauter Verboten. Es sind eher Richtlinien, an die man sich halten kann, wenn man sich ein wertschätzendes Miteinander wünscht

Letztlich geht es in Gesprächen mit gewaltfreier Haltung vielmehr darum, zu schauen, was alle Beteiligten brauchen. Was ist möglich und was nicht? Was ist auf gar keinen Fall umsetzbar?

Ein „Nein“ oder auch eine Forderung sind durchaus auch kombinierbar mit der gewaltfreien Haltung. Der Unterschied liegt darin, dass man auf die andere Person zugeht, über seine Motive spricht und weiterhin im Dialog bleibt.

Fazit

Wenn man versteht, dass die Gewaltfreie Kommunikation eher eine wertschätzende und bedürfnisorientierte Haltung ist, die eine Struktur als Inspiration mitbringt, ist sie wesentlich leichter in den Berufsalltag zu integrieren. Sie ist weder dogmatisch noch als Regelwerk gemeint.

Mehr Informationen zum Thema Gewaltfreie Kommunikation für Führungskräfte bietet Susanne Lorenz in ihrem Buch: „Superkräfte für Führungskräfte: Gewaltfreie Kommunikation im Beruf” und auf ihrer Webseite wirksam-kommunizieren.de  

Weitere Artikel