Wo steht die PR 2018?

Studie

PR agiert heute in einer sich rasant veränderten (Kommunikations-)Welt. Sie steht vor entscheidenden Herausforderungen, auf die sie häufig noch keine ausreichende Antwort gefunden hat. Auch 2018 haben Unternehmen und andere Organisationen noch viel zu selten realisiert, wie wichtig professionelle Kommunikationspolitik und professionelle Kommunikatoren sind. Das sind einige Schlussfolgerungen aus der inzwischen sechsten Auflage der großen deutschen PR-Berufsfeldstudie.

Unsicherer, komplexer und schneller – PR in der Vuca-Welt

Was sind aktuell wichtige Herausforderungen? Die Zahl der relevanten Akteure, die im Fokus der PR stehen müssen, nimmt zu. Themen entwickeln und verändern sich immer schneller und es wird noch schwieriger, Kommunikationsprozesse zu steuern – geschweige denn, kommunikationsrelevante Entwicklungen zu prognostizieren.

Die Studienreihe Kommunikationsmanagement entsteht in Kooperation von Bundesverband deutscher Pressesprecher (BdP), Quadriga Hochschule Berlin und Universität Leipzig. Seit 2005 werden von Günter Bentele (Universität Leipzig) und René Seidenglanz (Quadriga Hochschule Berlin) regelmäßig die Strukturen des Felds in Deutschland, Karrierewege, Position, Gehälter und Einstellungen der PR-Praktiker sowie Rahmenbedingungen per Online- Befragung erhoben. Die Reihe ist eine der umfassendsten PR-Studien weltweit. 1.553 PR-Manager nahmen teil.

Für solche Phänomene hat sich seit einigen Jahren das Modewort Vuca-World eingebürgert. Gemeint ist eine Welt, die unbeständiger (volatility), unsicherer (uncertainty), komplexer (complexity) und mehrdeutiger (ambiguity) wird. Angesichts dessen ist klar, dass die Anforderungen an das Kommunikationsmanagement rasant steigen und eine professionelle Kommunikationspolitik immer wichtiger wird.

In den meisten PR-Abteilungen dürfte die PR-Vuca angekommen sein – auch wenn das vielen offensichtlich noch nicht bewusst ist. Interessant ist, wie die Branche und die kommunizierenden Organisationen damit umgehen und wie PR heute umgesetzt wird: von der Brücke aus weitsichtig gesteuert oder als Kärrnerarbeit im Maschinenraum?

Steuern oder gesteuert werden?

Kommunikationsmanagement, das sowohl nach außen als auch nach innen (also gegenüber der eigenen Organisation und ihren Entscheidern) wirksam sein soll, braucht dafür eine entsprechende Einbindung. Sowohl in puncto Hierarchie als auch beim Zugriff auf Strategien und Entscheidungen sowie Ressourcen.

Seit mehr als einem Jahrzehnt beobachten wir die Entwicklung im Feld. Seit jeher ist PR in den Organisationen institutionell gut positioniert – in der Regel als zentrale Einheit direkt unterhalb der Leitungsebene. Typische Organisationsformen sind die eines Kernbereichs (42 Prozent), das heißt als eigenständige Abteilung, die entscheidungsbefugt ist und entsprechende Maßnahmen selbst durchführt. Oder als Stabsabteilung (26 Prozent), die Entscheidungen nur vorbereiten, aber bei enger Anbindung an die Führungsebene dennoch einflussreich sein kann.

Probleme zeigen sich hingegen, wenn danach gefragt wird, welchen Einfluss PR tatsächlich hat. Nur die Hälfte der Kommunikationseinheiten dringt mit ihren Impulsen und Ratschlägen zur Organisationsleitung durch – wohlgemerkt mit Ratschlägen, die die Kommunikation betreffen. Ein Drittel der Befragten fühlt sich schlichtweg als Verlautbarungsstelle (Abbildung 1).

Gleichermaßen beklagt jeweils die Hälfte der Befragten mangelndes Verständnis für Kommunikation innerhalb der Organisationsleitung und zu wenig Abstimmung. Mehr als ein Drittel bemängelt generell die Durchsetzungsfähigkeit von PR.

(c) Quadriga Media Berlin

Abbildung 1: Ein Drittel der Befragten fühlt sich schlicht als Verlautbarungsstelle. (c) Quadriga Media Berlin

Was zunimmt, ist der Anspruch der Kommunikationsprofis nach Führung und Mitgestaltung. Anspruch und Realität klaffen jedoch weiterhin stark auseinander.

Finanzierung von Kommunikation hinkt Anforderungen hinterher

Ein Lichtblick zeigt sich bei den Ressourcen: Betrachtet man die gesamte Branche, so steigen die PR-Budgets leicht an. Während 29 Prozent der Befragten angeben, ihr PR-Budget sei in den vergangenen drei Jahren gestiegen, berichten nur 16 Prozent von sinkenden Budgets. Eine ähnliche Verteilung zeigt sich beim Blick in die Zukunft: 29 Prozent erwarten steigende, nur 13 Prozent sinkende Mittel für Kommunikationsmanagement. Insgesamt aber überwiegt dennoch der Stillstand. In den meisten PR-Abteilungen bewegt sich im Hinblick auf die Ressourcen nichts. Großunternehmen sparen sogar vermehrt PR-Mittel ein.

Noch weniger kann die Gehaltsentwicklung in der Branche überzeugen: Bei 62.000 Euro liegt heute das mittlere Jahresbruttoeinkommen (Median). Das sind gerade einmal 2.000 Euro mehr als vor drei Jahren. Damit wird nicht einmal ein Inflationsausgleich erreicht – faktisch haben Kommunikationsmanager sogar an Gehalt eingebüßt.

(c) Quadriga Media Berlin

Abbildung 2: Das durchschnittliche Bruttojahreseinkommen liegt bei 62.000 Euro. (c) Quadriga Media Berlin

Das letzte Mal gab es 2012 einen kräftigen Schub. Die Verteilung heute: Ein Viertel der Befragten verdient weniger als 50.000 Euro im Jahr, 39 Prozent gehen mit 50.000 bis 75.000 Euro nach Hause, ein Drittel der Kommunikationsmanager liegt darüber (Abbildung 2).

Vernetzung, Steuerung, Kommunikationscontrolling nur in Ansätzen

Viele Kommunikationseinheiten reagieren auf die Herausforderungen der PR-Vuca mit der Einrichtung von Newsrooms (aktuell etwa ein Fünftel). Zu viele aber scheitern. Die wenigsten erfüllen Mindeststandards an Organisation und Vernetzung. Nur jeder dritte Newsroom wurde weitgehend problemlos eingeführt. Auch digitale Instrumente und Methoden – von digitalen Analysetools bis Big Data – spielen noch zu selten eine Rolle.

Professionelle Kommunikation braucht eine strategische Steuerung. Vor allem durch systematische Erfolgskontrolle. Evaluation wird so zum Strategiebaustein, schafft Transparenz hinsichtlich der Aufgaben, Funktionen und Leistungen von Kommunikationsmanagement. Das wiederum fördert die organisationsinterne Reputation und Akzeptanz und ermöglicht die Rechtfertigung der eigenen (personellen und finanziellen) Ressourcen.

Einfache Verfahren, insbesondere die Beobachtung der Medienresonanz, sind inzwischen Standard, zeigt die neue Studie. Der tatsächliche Erfolg kommunikativer Maßnahmen – deren Wahrnehmung durch und Wirkung bei relevanten Zielgruppen – wird hingegen nur selten überprüft. Verfahren zur Bestimmung des betriebswirtschaftlichen Beitrags nutzen sogar nur 10 Prozent der Befragten.

Im Ergebnis heißt das alles für das Kommunikationsmanagement 2018: Trotz gestiegenen Anforderungen an ein professionelles Kommunikationsmanagement – sozusagen trotz höherem Wellengang und schwerer See – besetzt PR weiterhin zwar überwiegend einen Platz auf der Brücke. Kommunikatoren haben aber nur bedingt die Hand am Steuer. Und wenn, dann steuern sie eher auf Sicht als systematisch und erfolgskontrolliert.

Diese erste Zusammenfassung der neuen Studienergebnisse ist der Auftakt für eine Serie im pressesprecher. Teil zwei wird sich ausführlicher mit Position und Akzeptanz von Kommunikationsmanagement und mit der Beziehung zu anderen Funktionen wie Marketing auseinandersetzen.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Mut – Von couragierten Kommunikatoren und cleveren Kampagnen. Das Heft können Sie hier bestellen.

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