Der demografische Wandel und veränderte Lebens- und Berufspräferenzen sorgen dafür, dass Organisationen kaum noch unter zahlreichen Bewerberinnen und Bewerbern auswählen können. Der Kommunikationsnachwuchs kann sich die am besten passende Arbeitsstelle aussuchen. Was die PR-Talente von heute erwarten und nach welchen Kriterien sie ihren Arbeitgeber auswählen, ist für Kommunikationsabteilungen zu einer erfolgskritischen Frage geworden.
Die Quadriga Hochschule hat untersucht, was der PR-Nachwuchs will und welche Präferenzen er hat. Befragt wurden 160 PR-Schaffende in Deutschland im Alter von bis zu 35 Jahren. Es geht darum, Tendenzen herauszufinden und zu erfahren, welche Anforderungen diese Generation an ihre Arbeitsumgebung stellt und wie sie heute leben und arbeiten will. Zweitens interessierte uns der Blick der jüngeren PR-Generation auf ihre eigene Branche und deren Ziele. Abschließend wollten wir wissen, mit welchen fachlichen Herausforderungen sich die „Next Leadership Generation PR“ besonders konfrontiert sieht.
Generationen bilden gesellschaftliche Veränderungen ab. Soziale Umbrüche oder technologischer Fortschritt sorgen für gemeinschaftliche Erfahrungen, die eine Generation prägen können. Prominent geworden sind etwa die sogenannten „Baby Boomer“ oder die nach 1980 geborenen „Digital Natives“. Bei Letzteren unterscheidet man die sogenannte Generation Y (1980 bis Mitte/ Ende der 90er Jahre), die in die digitale Welt hineingewachsen ist, von der Generation Z (Mitte/Ende der 90er Jahre bis 2010), für die Neue Medien zu jedem Zeitpunkt eine Selbstverständlichkeit waren. Während manche Forscher generationsbedingte Unterschiede zum Nonplusultra erklären, sind andere skeptisch und widersprechen der Annahme, dass es eine Y-, Z- oder jüngst Alpha-Generation gibt. Sie sagen, hier würden sich ganz banal die Einstellungen Jugendlicher von denen junger Erwachsener, von Berufstätigen und besonders von Menschen in familiärer Verantwortung unterscheiden. Weitgehende Einigkeit herrscht zumindest darüber, dass diejenigen, die heute und künftig berufliche Verantwortung übernehmen, andere Einstellungen besitzen als ihre Vorgänger. Deshalb haben wir die Gruppe der bis 35-Jährigen befragt.
Die Generationenforschung beschreibt diese Gruppe als individueller, anspruchsvoller und hedonistischer als frühere Gruppen. Sie will sich stärker in den Beruf einbringen, dabei möglichst sinnhafte, interessante und abwechslungsreiche Aufgaben übernehmen, dafür auch Anerkennung erhalten und schnell Karriere machen. Der Organisationsforscher Helmut Klein rät deshalb zum „Helicopter-Management“ mit klaren Zielvorgaben, Vorbildfunktion, Wertschätzung und gleichzeitig intensiver Betreuung. Das weist auch darauf hin, dass für diese Generation ein gutes Arbeitsklima besonders wichtig ist.
Auch Flexibilität hat für die Generationen Y und Z einen hohen Stellenwert. Die eigene Freizeit darf nicht zu kurz kommen. Sie schätzen eine gute Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, wobei die Grenzen immer mehr verschwimmen. An freien Tagen erreichbar zu sein, stellt für viele kein Problem mehr dar. Nachhaltigkeit, Ethik, Moral und die Übernahme von Verantwortung für die Gesellschaft, für die soziale und ökologische Umwelt sind wichtiger geworden. Jüngere Berufstätige hinterfragen das Handeln ihres Arbeitgebers dahingehend. Sie erwarten von ihm Haltung und ein verantwortungsbewusstes Handeln.
Laut einer internationalen Studie von Randstad (2022) würde praktisch jeder Zweite keinen Job annehmen, wenn sich die Organisation nicht für Nachhaltigkeit, Diversität und Gerechtigkeit einsetzt. Allerdings muss man vorsichtig sein, was Menschen aufgrund sozialer Erwünschtheit erklären und wie sie konkret bei Zielkonflikten handeln. Symbole zu setzen und durch symbolische Kommunikation „auf der richtigen Seite“ zu stehen, ist auch dieser Generation wichtig. Oft aber bleibt es dabei. Man setzt Likes, postet unterstützende Statements in sozialen Medien. Doch so wichtig Nachhaltigkeit und Verantwortung auch eingeschätzt werden – wenn sie mit den für diese Generation ebenfalls typischen hedonistischen Zielen kollidieren, entscheiden sich viele eher für Selbstverwirklichung, Glück und Karriere als für Einschränkungen. Insofern spielt beispielsweise das Gehalt eine mindestens ebenso wichtige Rolle wie bei älteren Jahrgängen. Und ausgehend von der bereits zuvor zitierten Randstad-Studie würden 42 Prozent ein Jobangebot ausschlagen, wenn ihnen keine flexible Gestaltung ihrer Arbeitszeiten eingeräumt wird.
Die „Next Leadership Generation PR“ ist in erster Linie an der positiven Ausgestaltung ihrer Tätigkeit interessiert
Auch die von uns befragte Kohorte jüngerer PR-Schaffender bildet diesen Generationencharakter sichtbar ab. Mit der Suche nach einem angenehmen Arbeitsklima (empathische Vorgesetzte, freundliche Kollegen und Kolleginnen) und nach beruflicher Eigenverantwortung zeigt sich die „Next Leadership Generation PR“ in erster Linie an der positiven Ausgestaltung ihrer Tätigkeit interessiert. 87 beziehungsweise 80 Prozent der Befragten geben an, dass diese Aspekte für ihre Stellenwahl wichtig sind oder es waren.
Mit Abstand auf Rang drei folgt, dass die eigenen Werte nicht mit denen des Arbeitgebers kollidieren sollten. Zwei Drittel erklären, für keinen Arbeitgeber tätig werden zu wollen, der ihren eigenen Ansprüchen an Moral und Verantwortung nicht entspricht. Mit Blick auf andere Generationenstudien überrascht es allerdings kaum, dass auch die Höhe des Einkommens bei der Arbeitgeberwahl von jungen Kommunikationsverantwortlichen unter den Top-Kriterien rangiert. Die stärker hedonistische Grundhaltung der Kommunikationsmanagerinnen und -manager von morgen zeigt sich unter anderem darin, dass 56 Prozent die flexible Gestaltung der Arbeitszeiten wichtig ist. Unmissverständlich wünschen sich 48 Prozent ausreichend Freizeit. Solche Ansprüche verändern sich mit der Lebenssituation; beispielsweise nach Gründung einer Familie. Hier zeigte unsere befragte Kohorte jedoch einige Überraschungen. Betrachtet man ausschließlich die kinderlosen Teilnehmer, zeigt sich, dass diesen eine flexible Arbeitszeitgestaltung überdurchschnittlich wichtig ist. Für 60 Prozent ist sie entscheidend. Ein ausreichendes Maß an Freizeit und die Möglichkeit von Homeoffice spielen nicht etwa bei den Müttern und Vätern die größte Rolle. Kinderlosen ist beides noch wichtiger. Bei den Befragten mit Kindern erreicht allein die Vereinbarkeit von Familie und Beruf höhere Zustimmungswerte. Die Bedeutung des Gehaltes ist in beiden Gruppen hingegen gleich.
Forderungen an die Branche
Generationenspezifische Einstellungen richten sich nicht nur auf die individuellen beruflichen Rahmenbedingungen. Im zweiten Schritt fragten wir danach, welche Ziele die „Next Leadership Generation“ durch PR verwirklicht sehen will. Wir hatten schon festgestellt, dass der Wunsch nach gesellschaftlicher Verantwortung unter den jüngeren Generationen stärker ausgeprägt ist. Nach Ansicht der PR Young Professionals sollte sich daher eine „ideale“ Kommunikationspolitik auf die Information der Öffentlichkeit (Platz 1), die Herstellung öffentlichen Vertrauens (Platz 2) und die Herstellung von Transparenz (Platz 3) konzentrieren. Erst danach folgen organisationsbezogene Ziele, angeführt davon, Reputation und Vertrauen in die eigene Organisation zu sichern und auszubauen.
Doch wie erlebt das der PR-Nachwuchs im Berufsalltag? Dem ging eine zweite Frage nach, bei der die Teilnehmenden die Ziele von Public Relations ausgehend von den eigenen Praxiserfahrungen beurteilen sollten. Das sind naturgemäß stärker solche, die auf den Erfolg der Organisation einzahlen. Besonders weit liegen bei den Befragten Ideal und Realität bei der Herstellung von Transparenz auseinander.
PR-Herausforderungen
Im dritten Teil der Studie ging es um Herausforderungen der Branche, ihre Entwicklung und ihre künftigen Schwerpunkte. Dem ist auch die Quadriga Hochschule bereits in vergangenen internationalen Studien nachgegangen. In unserer Zukunftsstudie „PR 2025“ waren sich die PR-Praktiker einig, dass der technologische und digitale Wandel für die nahe Zukunft von Bedeutung ist und dass digitale Kompetenzen und die damit verbundene Ethik als Lernschwerpunkt für die Zukunft wichtiger sind als spezifische Plattformen. Die aktuelle Studie knüpft an die Tradition der Vorstudie an. Die von uns so bezeichnete PR-VUCA (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) ist in den deutschen PR-Einheiten längst Realität. Das empfindet auch der Nachwuchs so. Die zunehmende Geschwindigkeit, mit der sich öffentliche Kommunikation verändert, wird auch von der jungen Generation als wichtigste Herausforderung betrachtet. Die daraus resultierende Komplexität aus verschiedensten Stakeholdern, Anliegen und Kommunikation macht Entwicklungen in der Öffentlichkeit noch weniger vorhersagbar, Kommunikation noch weniger steuerbar. Auch die Wirkung einzelner Kommunikationsmaßnahmen wird schlechter berechenbar. Als großes Problem wird inzwischen gesehen, dass die Komplexität öffentlicher Kommunikation auch die Stakeholder selbst zunehmend verunsichert. Zur PR-VUCA gesellen sich also auch massive Effekte bei den Stakeholdern selbst und in der Beziehung zu den relevanten Stakeholdern, die wir als „BANI“ abkürzen (brittle, anxious, non-linear, and incomprehensible). Das hat auch der PR-Nachwuchs klar erkannt.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe #Influencer. Das Heft können Sie hier bestellen.