PR trägt zur Krisenbewältigung bei

Berufsfeldstudie

In der Coronakrise stand das Berufsfeld PR vor diversen Herausforderungen. Mit den Ergebnissen der vom BdKom und von der Quadriga Hochschule durchgeführten PR-Berufsfeldstudie unter mehr als 1.500 PR-Fachleuten gibt es nun erstmals einen validen Überblick, wie die Branche performt hat, wie tragfähig Modelle waren und immer noch sind. Außerdem wissen wir, wie sich die PR verändert hat und verändern wird: Wie sehen die Realitäten der Nach-Corona-Zeit für die Branche aus?

Krisen sind immer auch kritische Kommunikationssituationen. Der Kommunikationsbedarf aller Betroffenen steigt exponentiell und damit auch der Bedarf an professionellem Kommunikationsmanagement. Krisen können die Chance bieten, Kompetenzen unter Beweis zu stellen und Herausforderungen sicher zu managen. 57 Prozent der deutschen Kommunikationsmanager sehen in der Corona-Situation für ihr Arbeitsfeld eher Chancen. Bei lediglich neun Prozent überwiegen die Risiken.

Organisationen und Führung beweisen Krisenfestigkeit

Dabei haben sich auch die strukturellen Rahmenbedingungen im Kommunikationsmanagement als erstaunlich stabil erwiesen. Als besonders standfest zeigten sich dabei die Organisation und die Führung der PR-Einheiten – und zwar in 74 Prozent beziehungsweise 68 Prozent der Fälle. Auch unter Pandemiebedingungen mit einem hohen Anteil von Homeoffice konnte die Kommunikationsfunktion zusätzliche Anforderungen bewältigen. In nur jedem zehnten Fall musste nachgesteuert werden, etwa durch Veränderungen im Team, durch andere Prozesse oder geänderte Führungsstrukturen. Sogar die technische Infrastruktur zeigte sich überwiegend als tragfähig. Nur bei der personellen Ausstattung waren viele Kommunikationseinheiten nicht ausreichend auf die anstehenden Herausforderungen vorbereitet.

Frage: „Wie tragfähig hat sich Ihre PR/Kom-Einheit in der Pandemie erwiesen?“ Klicken Sie auf die Grafik, um sie vergrößert darzustellen.

Vor diesem Hintergrund hat die Studie auch erfasst, welchen Beitrag die PR für die Bewältigung der Krise geleistet hat. Mehr als drei Viertel der Befragten beziffern diesen als hoch oder sehr hoch. Besonders auf PR in Großunternehmen trifft das zu. Dort hatten sich Strukturen und Prozesse auch am handlungsfähigsten gezeigt. Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass Kommunikationseinheiten in Deutschland in zwei Drittel der Fälle in ihrer Organisation an Bedeutung gewonnen haben. Einen Bedeutungsverlust sehen lediglich drei Prozent, keine Veränderung 30 Prozent.

Dieser Aufschwung wird maßgeblich durch die interne Kommunikation getragen. Lange Zeit stiefmütterlich behandelt, hat sie in Zeiten hoher Unsicherheit von Organisation und Belegschaft sowie einer Verminderung direkter Kontakte fast überall gewonnen. Auch andere Felder – vor allem Marketingkommunikation und klassische Presse- und Medienarbeit – konnten zulegen, aber bei weitem nicht in diesem Maße.

Frage: „Inwieweit hat es in Ihrer Organisation Veränderungen in der Bedeutung der verschiedenen Aufgabenfelder von PR/Kom gegeben?“ Klicken Sie auf die Grafik, um sie vergrößert darzustellen.

Erfreulich für das Berufsfeld ist auch, dass dieser Bedeutungsgewinn offensichtlich nachhaltig ist. 55 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass ihre PR-Einheit nach Ende der Coronakrise eine höhere Bedeutung haben wird als zuvor. 43 Prozent erwarten keine Veränderung.

Überwiegend positive Performance-Bilanz

Der durch die Corona-Pandemie verursachte Wandel der Arbeitsstrukturen – allem voran die Digitalisierung von Abläufen und die Verlagerung vieler Tätigkeiten in das Homeoffice – wirkt sich zwangsläufig auf die Zusammenarbeit in und die Führung von PR-Einheiten aus. Die meisten Befragten betonen jedoch, dass in der Pandemie eigenverantwortliches Arbeiten auf Vertrauensbasis gestärkt wurde. 43 Prozent schätzen, dass dies besser funktioniert. Nur neun Prozent sagen, dass sich die Performance in dieser Hinsicht verschlechtert habe. Auch bei anderen Performancekriterien überwiegen die positiven Beispiele deutlich, insbesondere bei der Effektivität der Abteilung, der Qualität der Zusammenarbeit und sogar beim Zusammenhalt zwischen den Kolleginnen und Kollegen.

Häufig diskutiert wird auch, dass die höhere Notwendigkeit von Vertrauensarbeit und die teilweise erzwungene Agilität mehr Arbeit auf Augenhöhe zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften gefördert haben. Ein Beispiel ist die Abwesenheit physischer Kontrollelemente, aber auch von Statussymbolen in Meetings oder Bürosituationen. In der PR registrieren 26 Prozent der Befragten eine Zunahme von Arbeiten auf Augenhöhe. 13 Prozent sehen das nicht so. Überwiegend kritisch wird hingegen die Veränderung der Team-Zufriedenheit bewertet: Nur 17 Prozent stellen eine Verbesserung fest, 44 Prozent keine Veränderungen. Dem stehen jedoch 38 Prozent der Fälle mit verringerter Zufriedenheit gegenüber.

Bei der Bewertung dieser Performance gilt grundsätzlich: In der Wirtschaft kommen die PR-Einheiten besser zurecht als im staatlich-institutionellen Sektor.

Nachhaltige Veränderungen der PR-Arbeitswelt

Im Zuge der Coronakrise haben sich berufliche Realitäten verschoben. Die Studie zeigt, dass der Wechsel ins Homeoffice auch in der PR bestehende Arbeitsmodelle nicht nur übergangsweise, sondern nachhaltig verändert hat.

So wie in den meisten Schreibtischberufen auch können sich die meisten Beschäftigten eine vollständige Rückkehr ins Büro nicht vorstellen. Am wahrscheinlichsten sind Modelle, in denen Bürozeiten vor allem für kreativen Austausch und sozialen Kontakt unter Kollegen genutzt werden, während etwa die Hälfte der Wochenarbeitstage im Remote-Modus geleistet werden. Der Videochat etabliert sich also für Standardabstimmungen im Team. Die Virtual Press Conference ist mittlerweile eine ernstzunehmende Alternative zur klassischen analogen Pressekonferenz geworden.

Im besonderen Maße zeigt sich die Akzeptanz digitaler Arbeitsstrukturen mit Blick auf die abteilungsinterne Zusammenarbeit. So gehen 84 Prozent der Befragten davon aus, dass der Umfang der physischen Kontakte nicht mehr das Vorkrisenniveau erreichen und in Größenordnungen durch digitale Kontakte ersetzt werden wird. Ganz ähnlich fällt die Erwartung hinsichtlich der Zusammenarbeit mit externen Stakeholdern aus. 77 Prozent der Befragten prognostizieren, dass die digitale Kontaktpflege mit journalistischen Medien, Kunden, Anlegern und der politischen Ebene auch nach Corona einen größeren Teil der physischen Kontakte ersetzen wird.

Die PR-Branche hat sich dort, wo digitale Tools noch nicht zum Standard gehörten, praktisch über Nacht zwangsdigitalisieren müssen, wenn sie nicht scheitern wollte. Es ist klar, dass dieser einmal erreichte Stand kaum wieder zurückgefahren wird. 74 Prozent erwarten im Vergleich zum Vorkrisenniveau eine häufigere Nutzung digitaler Kollaborationstools und 60 Prozent eine nachhaltig stärkere Verbreitung von Social Media und Messenger-Diensten bei der Kommunikation.

Aber auch in anderen Bereichen bahnt sich ein dauerhafter Wandel der Arbeitskultur an. So erwarten viele PR-Manager*innen in Deutschland einen deutlichen Schub in der Qualität der Zusammenarbeit im Team. 37 Prozent glauben, dass die Herausforderungen der Corona-Zeit die Kolleg*innen in dieser Hinsicht zusammengeschweißt haben. Selbst wenn eine Mehrheit von 60 Prozent keine Veränderung oder gar eine Rückkehr zum Status quo ante erwartet, sind die positiven Impulse von digitalem und agilem Arbeiten – beides erwies sich in der Krise als Notwendigkeit – nicht von der Hand zu weisen.

Was die „Augenhöhe“ zwischen verschiedenen Hierarchieebenen und Bereichen anbelangt, rechnen zwar 70 Prozent damit, dass der Vorkrisenstand unverändert bleibt oder wieder eintritt. Immerhin jeder vierte Befragte geht aber davon aus, dass die aktuellen (positiven) Errungenschaften fortbestehen.

Die PR-Abteilungen bewiesen in vielen Fällen Krisenfestigkeit und konnten ihre Bedeutung innerhalb der Organisation ausbauen. Ähnlich wie in anderen Berufsfeldern werden viele Errungenschaften von Dauer sein.

Über die Studie

Die Studienreihe Kommunikationsmanagement entsteht in Kooperation von Bundesverband deutscher Kommunikatoren (BdKom) und der Quadriga Hochschule Berlin. Seit 2005 werden regelmäßig die Strukturen des Berufsfeldes in Deutschland, Karrierewege, Positionen, Gehälter und Einstellungen der PR-Praktiker*innen per Online-Befragung erhoben. Professor René Seidenglanz leitet die Durchführung der Studie.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe #Nachhaltigkeit. Das Heft können Sie hier bestellen.

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