„Netzwerk Recherche“ zeichnete am Samstag Volker Wissing (FDP) und das Bundesministerium für Verkehr und Digitales (BMDV) mit dem Negativpreis „Verschlossene Auster“ aus. Die Auszeichnung bezieht sich auf den Umgang des Ministeriums mit den Recherchen des „Handelsblatt“-Reporters Daniel Delhaes zu möglichen Interessenkonflikten.
Hintergründe zum Fall
Delhaes hatte im letzten Sommer die persönliche Beziehung des für Wasserstoff-Förderungen zuständigen Abteilungsleiter im Verkehrsministerium, Klaus Bonhoff, und dem mit einer Millionenförderung bedachten Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellenverbandes, Werner Diwald, öffentlich gemacht. Volker Wissing und sein Ministerium hätten laut „Netzwerk Recherche“ im Anschluss an den Bericht nicht nur Aufklärung vermissen lassen, sondern seien auch gegen den Reporter vorgegangen und hätten die Missstände geleugnet. Das „Handelsblatt“ hat sich dann außergerichtlich mit Bonhoff, der als Privatperson gegen die Berichterstattung des „Handelsblattes“ vorgegangen war, geeinigt und eine Korrektur dazu veröffentlicht. Laut „Business Insider“ sei dem Reporter außerdem die Zuständigkeit für das Verkehrsministerium entzogen worden.
„Das Vorgehen von Volker Wissing und seinen Mitarbeiter*innen hat gezeigt, dass der Minister die eigenen Interessen und die seines Ministeriums über die Interessen der Bevölkerung und einer freien Presse stellt.“ Der Vorsitzende von „Netzwerk Recherche“, Daniel Drepper, betonte außerdem die Wichtigkeit von Hartnäckigkeit im investigativem Journalismus.
Der „Spiegel“ setzte Recherchearbeit fort
Im Februar dieses Jahres setzte der „Spiegel“ die Recherchearbeit zum Fall fort, forderte auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes interne E-Mails des Verkehrsministeriums ein und bestätigte damit die Recherchen von Delhaes. Bei einer Anfrage des „Spiegel“ blieb das Bundesverkehrsministerium bei seiner ursprünglichen Haltung, es sei nichts zu beanstanden.
Die Preisverleihung fand auf der zweitägigen Jahreskonferenz von Netzwerk Recherche am 20. Juli beim NDR in Hamburg statt. Die Laudatio auf der Jahreskonferenz von Netzwerk Recherche hielt der Spiegel-Reporter Serafin Reiber.
Im letzten Jahr ging der Negativ-Preis an Holger Friedrich, dem Verleger der „Berliner Zeitung“. „Netzwerk Recherche“ vergibt den Preis seit 2002.
Anmerkung: Das Bundesverkehrsministerium betonte in einer nachträglichen Einordung, es habe frühzeitig eine umfassende interne Aufklärung vorangetrieben, ab dem Zeitpunkt als erstmals Compliance-Vorwürfe im Raum standen (d.h. noch bevor ein erster Artikel im Handelsblatt am 27. Juli 2023 dazu erschienen ist). Laut der Sprecherin des BMDV sind die Untersuchungen der internen Revision noch nicht abgeschlossen, es werden sehr große Datenmengen ausgewertet, aus einem Zeitraum, der teils über drei Jahre zurückliegt.
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