Corporate Influencer ergänzen die klassische Unternehmenskommunikation und lösen damit ein zentrales Problem. Kommunikatoren und Recruitern fällt es zunehmend schwerer, ihre Zielgruppen zu erreichen. Wer sich dafür entscheidet, Mitarbeiter zu Firmenbotschaftern zu machen, profitiert von deren Persönlichkeit. So kann es gelingen, diese Matching-Probleme zu lösen, sagt Klaus Eck, Geschäftsführer der Content-Marketing-Agentur d. Tales, im Interview mit pressesprecher. Beim Einsatz von Corporate Influencern gilt es allerdings einiges zu beachten.
Warum sind Ihrer Meinung nach Corporate Influencer so populär?
Klaus Eck: Sie sind deshalb so populär, weil sie Teil einer Lösung sind für mehrere Probleme, die Unternehmen haben. Im Recruiting sind viele Unternehmen mit ihren herkömmlichen Maßnahmen aufgrund der demographischen Entwicklung und des damit verbundenen Fachkräftemangels derzeit häufig nicht so erfolgreich. Auf der anderen Seite kommen die Corporate-Inhalte insgesamt nicht besonders gut bei den Stakeholdern an. Das heißt, es gibt ein Matching-Problem sowohl bei HR wie auch bei der Kommunikation, weil die Inhalte nicht angenommen werden. Ich bin als Unternehmen zwar dabei, heutzutage sehr viel Content zu produzieren, aber die Inhalte werden nicht abonniert. Auch auf Social Media finden die Inhalte nicht so viel Resonanz, wie man sich das wünschen würde. Denn in der Regel ist der Corporate Content eher abstrakt und wenig persönlich.
Welche Chancen bietet Unternehmen der bewusste Einsatz von Corporate Influencern?
Wenn ich auf ein Corporate-Influencer-Programm setze, habe ich die Möglichkeit, die Inhalte sehr viel persönlicher und vielfältiger anzubieten und dadurch die jeweiligen Peergroups der ausgewählten Mitarbeiter zu erreichen. Ich kann über deren Persönlichkeit in der digitalen Öffentlichkeit punkten und habe die Chance, das Matching-Problem aufzulösen, indem ich meinen Corporate Influencern eine Rolle gebe, ihnen helfe, sich in bestimmten Themenfeldern entsprechend zu positionieren. Corporate Influencer produzieren Themen, die sehr viel näher an ihrer Arbeit orientiert sind als es bei den Corporate Kanälen sonst der Fall sein kann.
Könnte die Unternehmenskommunikation denn nicht von den Influencern lernen und selbst persönlichere Inhalte anbieten?
Das ist schwierig. Als Unternehmen muss ich sehr viele Interessen abdecken. Das muss ein einzelner Player nicht unbedingt. Als Corporate Influencer, der über ein profundes Expertenwissen verfügen sollte, habe ich die Chance, in die Nische zu gehen, sehr viel detaillierter über Themen zu schreiben und gleichzeitig auch meine Erfahrungen und Erlebnisse zu dokumentieren. Natürlich können Unternehmen davon profitieren, indem sie das auf den Corporate Channels kuratieren, was die Mitarbeiter veröffentlichen. Umgekehrt sollte man aber nicht verlangen, dass Corporate Influencer das teilen, was auf den Corporate Kanälen veröffentlicht wird. Dass aber die Corporate Kommunikation plötzlich selbst persönliche Inhalte produziert, wird nicht funktionieren. In der Regel ist die Manpower gar nicht da, und es ist viel komplizierter diese Inhalte zu erhalten als wenn dies durch eine intrinsische Motivation von Corporate Influencern passiert. Es ist viel lebendiger, aktueller und schneller, wenn der Einzelne selbst entscheidet und veröffentlicht anstatt es durch Abstimmungsprozesse laufen zu lassen.
Glauben Sie, Unternehmen, die nicht auf Corporate Influencer setzen, verschenken ein Potenzial?
Natürlich hat man auch bei mittelständischen Unternehmen Multiplikatoren, die im Unternehmen arbeiten. Die haben in der Regel als Geschäftsführer ohnehin die Rolle, das Unternehmen in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Ob sie das auch auf Social Media machen, ist eine andere Frage. Aber es gibt viele Beispiele aus dem Mittelstand, wo das sehr gut von den Geschäftsführern gemacht wird und von einzelnen Mitarbeitern. In der Regel gibt es dort nicht die nötigen Strukturen für Corporate Influencer. Wir sprechen bei Corporate Influencern nicht von irgendwelchen Digitalverrückten, die vorher vielleicht Social-Media-Manager waren, sondern von Menschen, die in ihrer jeweiligen Profession sehr gut sind und denen man über ein Corporate-Influencer-Programm mehr Sichtbarkeit gibt. Das ist eine Riesenchance für das Unternehmen, weil ich Beispiele schaffe, die zeigen wie das Unternehmen arbeitet. Damit zahlt es direkt aufs Employer Branding ein. Wenn ich fünf bis zehn Personen haben, die über verschiedene Felder der Firma berichten, ist das eine wunderbare Ergänzung zu dem, was die Unternehmenskommunikation ansonsten macht und unterstützt zudem die Recruitingmaßnahmen.
Das heißt, es ist eher ein Thema für Konzerne, und kleinere, mittlere Firmen haben das noch nicht für sich entdeckt.
Wenn ich von Unternehmen ausgehe, die bis zu 50 Mitarbeiter haben, dann würde ich von ein bis drei Personen sprechen, die Corporate Influencer sein könnten. Wenn sie Social Media beherrschen und ihr Fachwissen nach draußen tragen, schafft man Transparenz und zeigt, wie die Firma arbeitet. Das ist für Bewerber sehr wichtig. Daher ist es auch bei kleineren Unternehmen ratsam, ausgewählte Mitarbeiter zu haben, die darüber berichten. Es kann sogar sinnvoller sein, diese Mitarbeiter aufzubauen als weiterhin einen Facebook-Kanal zu betreiben, denn dort erzielt man mit immer mehr Aufwand immer weniger Ergebnisse, gerade wenn die Marke nicht ganz so bekannt ist. Es ist eine Frage des Budgets, und wie viel Zeit ich dafür opfern kann. Wir empfehlen eine halbe bis ganze Stunde pro Tag pro Corporate Influencer. Das ist schon viel, wenn man ein kleines Unternehmen ist und Mitarbeiter fünf Stunden die Woche freistellt. Es ist aber ein wertvolles und lohnenswertes Investment in Marketing, Kommunikation und HR. Wichtig ist vor allem, den eigenen Mitarbeitern zu vertrauen, ihnen aber klare Regeln in Form einer Guideline an die Hand zu geben. Das vermittelt eine Sicherheit. Jeder muss wissen, woran er ist, wenn er in Social Media aktiv ist. Und es muss auch klar sein, dass es von der Geschäftsführung gewollt ist.
Wie gelingt es Unternehmen, geeignete Mitarbeiter zu finden? Kann jeder ein Corporate Influencer werden?
Nein, auf keinen Fall sollte es jeder werden. Ich würde eher Voraussetzungen definieren als Unternehmen und sagen, was mir wichtig ist. Das ist natürlich abhängig von der Unternehmensgröße und den Themen, die ein Unternehmen hat. Grundsätzlich würde ich immer eine Auswahl treffen. Die kann ich aber nur unter denen treffen, die auch ein Interesse daran haben, an einem Programm teilzunehmen. Das heißt, ich muss am Anfang für ein solches Programm werben, indem ich klar mache, was der einzelne Mitarbeiter davon hat. Vor allen Dingen kann der Corporate Influencer sein Netzwerk ausbauen, sich sehr gut in der Öffentlichkeit mit seiner Expertise positionieren und so sein Know-How viel besser verbreiten, so besser in seinem Job werden und gleichzeitig mehr Anerkennung erfahren. Das wichtigste, das ein Unternehmen intern und extern dem Corporate Influencer bieten kann, ist Anerkennung, Sicherheit und Wertschätzung.
Inwieweit spielt das Unternehmensklima eine Rolle beim Gelingen eines Corporate-Influencer-Programms?
Die Unternehmenskultur ist eine sehr wichtige Voraussetzung für ein solches Programm. Wenn die Kultur nicht auf Vertrauen basiert, ist es schwierig ein Programm umzusetzen. Ich muss natürlich auch von ganz oben, der Geschäftsführung, unterstützt werden. Man muss auch den Mitarbeitern, die nicht am Programm teilnehmen, erklären, was dort geschieht, damit alle so ein Vorgehen nachvollziehen können und sogar unterstützen. Das setzt eine sehr offene Kultur voraus.
Gibt es Abteilungen im Unternehmen, in denen es sinnvoller ist, jemanden zu Corporate Influencer zu machen, als in anderen?
Wenn man sich die Erfahrungen von Unternehmen wie Daimler anschaut, ist es so, dass die Corporate Influencer aus der Produktion sehr viel besser funktionieren als die aus dem Marketing oder der Kommunikation. Denn die, die sehr nah an der Produktion sind, haben viele Geschichten zu erzählen, die nicht so austauschbar sind. Insgesamt kann man sagen, je konkreter und technischer es ist, desto besser funktioniert es oftmals. Je abstrakter es wird, desto schwieriger ist es, sich von anderen zu unterscheiden. Und das ist naturgemäß bei Marketing und Kommunikation der Fall.
Wie sollten Firmen Corporate Influencer fördern?
In der Regel sollte man den eigenen Mitarbeitern erst einmal erklären, was man vorhat, welche Strategie man damit verfolgt. Idealerweise fangen Unternehmen mit einer Auftaktveranstaltung an. Dort erklärt man, was überhaupt diese Corporate Influencer sind, worin die Rolle des internen Markenbotschafters besteht und was er überhaupt leisten muss. Das Unternehmen sollte klar kommunizieren, was es erwartet und den Mitarbeitern dafür gibt. Die Erwartungen liegen auch darin, dass die Mitarbeiter bereit sind, sich schulen zu lassen. Sie bekommen Fortbildungen. Ich gebe ihnen also die Möglichkeit, sich besser als Person zu positionieren und damit auch ein Stück weit Karriere zu machen – im Unternehmen selbst und auch darüber hinaus. Indem sie Mitarbeiter Incentives geben, sie als zum Beispiel auf Veranstaltungen schicken und ihnen die Möglichkeit geben, dort auch Fachvorträge zu halten, binden sie sie stark an die Firma. So fördere und fordere ich Mitarbeiter.
Gibt es bestimmte Förderprogramme?
Ja. Meist werde ich in verschiedenen Bereichen geschult. Das können die verschiedenen Social-Media-Plattformen sein, ergänzt um Präsentationstechniken. Videotrainings sind auch möglich. Das kommt ganz auf die Möglichkeiten der einzelnen Mitarbeiter an, und ob sie Erfahrung und Interesse daran haben. Aber grundsätzlich gilt, dass sie Unterstützung erhalten, um die Plattformen besser zu verstehen, um dort so besser aktiv sein zu können und damit auch erfolgreicher. Dazu muss man die Grundregeln einer Plattform wie beispielsweise Linkedin einfach verstehen und wissen, worauf es ankommt, wenn ich dort etwas veröffentliche.
Was sind Risiken, die der Einsatz von Corporate Influencern birgt?
Wenn ich kein Programm habe und Mitarbeiter so Social Media nutzen, ist das Risiko wesentlich größer als wenn ich mit meinen Corporate Influencern im Dialog bin. So habe ich sehr viel mehr Kontrolle darüber, was da passiert, weil ich mich im direkten Austausch befinde. Das größte Risiko bei einem Corporate Influencer besteht eigentlich darin, dass ich mich zu wenig um ihn kümmere und das Programm dadurch sehr schnell wieder einschläft. Das schlimmste, was passieren kann, ist dass kein Drive reinkommt. Das geschieht, wenn ich mich nicht regelmäßig mit den Corporate Influencern auseinandersetze, ihnen neue Dinge anbiete. Ich muss ein solches Programm ständig weiterentwickeln und transparent nach innen kommunizieren. Eine Wertschätzung besteht auch darin, die Erfolge einzelner Mitarbeiter gemeinsam zu feiern.
Was sind positive Beispiele deutscher Firmen, wenn es um den Einsatz von Corporate Influencern geht?
Otto ist mit dem Job-Botschafter-Programm natürlich einer der Vorreiter. Die haben vor etwa zwei Jahren damit angefangen und legen viel Wert auf das Thema Recruiting und Employer-Branding. Sie sind damit sicher eine der Best Practices, die es lohnt, sich anzuschauen.
Letztlich kann man sagen, die Unternehmen, die das gestartet haben und über die man redet, sind auch die, die das erfolgreich machen, weil sie viel Sichtbarkeit erhalten haben. Da gehören sicherlich auch Microsoft, die LV 1871 und die Deutsche Telekom dazu.
Am 28. August findet im Quadriga Forum der Corporate Influencer Day statt. Mehr Informationen dazu gibt es hier.