Wie Merz, Röttgen & Laschet digital kommunizieren

CDU-Vorsitzender der Daumen

politik&kommunikation-Redakteurin Judit Cech und pressesprecher-Redakteur Toni Spangenberg haben die Social-Media-Profile der Bewerber für den CDU-Parteivorsitz angeschaut und den „CDU-Social-Media-Vorsitzenden“ der Daumen gekürt.

Am 25. April wählt die CDU einen neuen Vorsitzenden. Die Bewerber sind NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Friedrich Merz, bis vor Kurzem noch Aufsichtsrat von Blackrock, und Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag und Ex-Bundesumweltminister. Der Gewinner dieser Abstimmung kann sich zusätzlich zum Sieg große Chancen auf die Kanzlerkandidatur ausrechnen. Wir haben die Facebook-, Twitter- und Instagram-Kanäle der drei Herren unter die Lupe genommen und in den Kategorien “Anzahl der Follower:innen”, “Frequenz der Beiträge”, “Qualität der Profile” und “Inhalte und Strategie” bewertet. Dem Gewinner wird von uns der Titel „CDU-Social-Media-Vorsitzender der Daumen“ verliehen.

Runde 1: Anzahl der Follower:innen

In der Kategorie „Anzahl der Follower:innen“ hat Merz ganz klar die Nase vorn. Auf seinen drei wichtigsten Social-Media-Kanälen versammelt er 136.764 Gefolgsleute (Twitter: 70.091, Facebook: 33.973, Instagram: 32.700). Weit hinter ihm folgt Laschet mit 76. 438 Follower:innen (Twitter: 42.455, Facebook: 16.383, Instagram: 17.600). Ganz abgeschlagen liegt Röttgen. Er konnte bisher nur 30.603 Fans (Twitter: 17.707, Facebook: 11.922, Instagram: 974) von sich überzeugen.

Runde 1

Runde 2: Frequenz der Beiträge

In Runde zwei haben wir unser Augenmerk auf die Beitragsfrequenz gelegt. Wer setzt durchschnittlich die meistens Tweets pro Monat ab? Facebook und Instagram bleiben in dieser Runde außen vor. Facebook, weil es die Gesamtbeitragszahl nicht anzeigt. Instagram, weil Röttgen dort noch nicht lange aktiv ist. In vier Tagen hat er es auf zwölf Posts gebracht – zweifelhaft, ob er diese Frequenz halten kann. 

Auch in dieser Runde gibt es einen klaren Favoriten. In seinen 86 Monaten auf Twitter hat Laschet 15.004 Tweets abgesetzt. Das sind im Schnitt 175 Tweets pro Monat. Röttgen schafft es noch auf durchschnittlich 57 Tweets pro Monat. Dafür hat er in seinen 18 Monaten auf der Plattform 1.030 Mal getwittert. Auf dem letzten Platz liegt Merz mit 27 Tweets pro Monat. In den 16 Monaten seit seiner Anmeldung setzte er nur magere 438 Tweets ab. 

Runde 2

Runde 3: Qualität der Profile

Für die Kategorie „Qualität der Profile“ haben wir uns die Profil- und Titelbilder sowie die Profilbeschreibungen angeschaut. Merz verwendet auf seinen drei Profilen dasselbe Profilbild. Das ist zwar professionell gemacht, sieht aber durch seine Kopfhaltung etwas von „oben herab“ aus. Immerhin schafft er es darauf sein sonst oft gezeigtes, arrogant wirkendes Lächeln etwas zu verstecken. 

Mit dem auf Facebook und Twitter identischen Titelbild „#Aufbruch“ wirbt Merz für seine Kandidatur. Wenn man damit allerdings nichts anfangen kann, gestaltet es sich schwierig zu erfahren, dass er CDU-Vorsitzender werden will. Diese Information fehlt in allen seinen Profilbeschreibungen. Daraus erfahren wir nur, dass er Vize des CDU-Wirtschaftsrats, Sauerländer und Europäer ist. Und, dass er sich bereits ein eigenes Team für seine Social-Media-Aktivitäten leistet. Das bereits erwähnte Titelbild ist auch nicht besonders vielsagend. Der Schriftzug „#Aufbruch“ prangert in Versalien etwas verloren und nichtssagend auf weiß-rot-gelbem Hintergrund.

Röttgen schaut auf seinem Profilbild, ebenfalls auf allen drei Kanälen gleich, staatsmännisch in die Ferne. Dem Mann kauft man den professionellen Politiker ab, allerdings wirkt sein Gesichtsausdruck auch kühl und distanziert. Auch Röttgen wirbt mit seinem Titelbild für seine Kandidatur. Sein Slogan lautet “Jetzt voran!” Aus seinen Profiltexten erfährt man als erstes, dass er sich für den CDU-Vorsitz bewirbt und  seine Anschlussverwendung nach dem Ministeramt, den Vorsitz des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. 

Bei Laschet könnten die Profile kaum unterschiedlicher sein. Für jedes Netzwerk hat er ein eigenes Profilbild. Die Fotos sind weniger professionell als bei den anderen beiden. Er zeigt sich eher in „Aktion“ und weniger Business-like. Er hat immer ein Lächeln auf den Lippen und sieht aus wie der nette Kerl von nebenan. Auch die Beschreibungen der Kanäle weichen voneinander ab. Während er auf Twitter nur “Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen” in seiner Biografie angibt, ist er auf Instagram auch als “Christdemokrat. Europäer.” aktiv. Auf Facebook verzichtet er gleich ganz auf die Beschreibung seiner politischen Funktion und teilt stattdessen seine Lieblingsbücher, -musik, -filme, -fernsehsendungen und -zitate. 

Runde 3

Runde 4: Inhalt/Strategie

Daneben offenbaren die Social-Media-Kanäle auch politisch und inhaltlich große Unterschiede zwischen den Kandidaten um den CDU-Vorsitz. Norbert Röttgen besinnt sich inhaltlich auf seine Stärke, die Außenpolitik. Er präsentiert sich als Staatsmann, der weiß, worauf es ankommt, und versucht so bei der Bevölkerung zu punkten. Er besetzt Themen wie das Verhältnis der EU zu China, den Dialog mit Frankreichs Präsidenten Emanuel Macron und das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei. In der Flüchtlingsfrage grenzt sich Röttgen inhaltlich von seinem Mitbewerber Merz ab. Merz sagte mit Blick auf die Situation an der griechisch-türkischen Grenze, es habe “keinen Sinn nach Deutschland zu kommen”. Röttgen kritisierte seinen Kontrahenten prompt. “Diese Aussage ist doppelt falsch, im Ton und in der Sache”, sagte er dem Handelsblatt. Er verwies auf das Grundrecht auf Asyl und die Genfer Flüchtlingskonvention.

Röttgen findet auf alle drängenden außenpolitischen Themen eine Antwort. Und die teilt er nicht nur mit der deutschsprachigen Community. Röttgen twittert auch auf Englisch und retweeted englischsprachige Inhalte. Durch den Fokus auf sein Steckenpferd verliert er jedoch drängende innenpolitische Themen aus dem Blick. Es wirkt, als wolle er sich um das Amt des Außenministers bewerben und nicht um das höchste Parteiamt der CDU. Das rächt sich. Laut Umfragen landet er bei der Frage, wen sich die Menschen als CDU-Vorsitzenden wünschen, deutlich abgeschlagen hinter seinen Kontrahenten. 

Auch Armin Laschet äußert sich zu Themen der Außenpolitik, wie zuletzt im „Bericht aus Berlin“ unter anderem zur Flüchtlingspolitik in Europa. Dennoch überwiegt inhaltlich seine Arbeit als Ministerpräsident. Laschet präsentiert sich als Landesvater, dem die Sorgen und Nöte der Bürger:innen wichtig sind. Vereinzelt teilt er auch private Einblicke, zeigt sich auf Instagram beispielsweise in Lederjacke neben Peter Maffay. Er vermittelt so einen bodenständigen Eindruck, wirkt teilweise aber etwas provinziell. Seit der Bekanntgabe seiner Kandidatur um den CDU-Vorsitz gibt er auch seinem Unterstützter Jens Spahn Raum auf seinen Social-Media-Kanälen. Laschet drängt sich nicht in den Vordergrund. Fotos zeigen selten ihn allein. Das wirkt zurückhaltend.

Anders Friedrich Merz. Auf seinen Social-Media-Kanälen läuft die Merz-Show in Dauerschleife. Fotos zeigen vor allem eines: Nahaufnahmen seiner selbst. Die Tiefenschärfe ist perfekt auf ihn abgestimmt. Personen in seiner Umgebung verschwimmen so zu unwichtigen Nebendarstellern. Das zeugt von mehr als großem Selbstvertrauen und grenzt in seiner Wirkung an Selbstüberschätzung und Arroganz. Ein genauerer Blick auf die Inhalte lässt das Bild jedoch bröckeln. 

Er steht wegen kontroverser Entscheidungen der Vergangenheit in der Kritik und erschöpft sich in Rechtfertigungen, wie in der Frage, ob Vergewaltigungen in der Ehe als eigener Straftatbestand ins Strafgesetzbuch aufgenommen werden sollten. 1997 votierte der Bundestag dafür. Friedrich Merz war dagegen. Er begründete dies mit der sogenannten Widerspruchsklausel, die CDU/CSU forderten, die es aber nicht ins Gesetz schaffte. Mit einer solchen Klausel wäre dem Opfer die Möglichkeit eingeräumt worden, ein Strafverfahren gegen den verheirateten Täter zu stoppen. Merz stehe zu seiner damaligen Entscheidung, auch, wenn er laut eigener Aussage heute anders votieren würde. Bei so viel Vergangenheitsbewältigung bekommen wichtige Zukunftsfragen wenig Raum. 

Abschrecken dürfte auch Merz’ Umgang mit kritischen Medien. Der Politiker verbreitet seine Inhalte lieber selbst. Sein Pressesprecher Armin Peter kritisierte zuletzt den Welt-Journalist Deniz Yücel, weil dieser einen Artikel der TAZ von 2018 zum verlorenen Merz-Notebook, das ein Obdachloser fand, auf Twitter geteilt hat, ohne den Politiker um ein Statement zu dem Vorfall gebeten zu haben. Merz habe sich nicht zur Causa „Notebook“ äußern wollen, schrieb die Zeitung damals. Mittlerweile war er dem Spiegel gegenüber jedoch auskunftsfreudiger. Aufbruch und Erneuerung verkörpert Merz mit dieser Strategie nicht. Im Gegenteil, der Politiker scheint sich nach der Vergangenheit zurückzusehnen.

Runde 4


Den Titel “CDU-Vorsitzender der Daumen” sichert sich entsprechend der Gesamtwertung Armin Laschet, gefolgt von Norbert Röttgen. Friedrich Merz landet auf dem dritten Platz.

Vorsitzender der Daumen