Wie TUI Corporate Influencer ausbildet

Corporate Influencer

Herr Siemon, wie hat alles angefangen: Was hat Sie zu der Idee angeregt, Mitarbeitende zu Corporate Influencern auszubilden? Was waren die ersten Schritte, die Sie unternommen haben? 

Stefan Siemon: 2018 haben wir unsere bis dato bestehenden 65 LinkedIn-Kanäle zu einem globalen TUI-Kanal zusammengefügt. Das war ebenfalls der Startschuss für unser Corporate-Influencer-Programm. Neben unseren Corporate Posts wollten wir ebenfalls Sichtbarkeit durch unsere Kolleginnen und Kollegen erhalten und sie gleichzeitig fördern. Also haben wir uns gesagt: „Lasst unsere Mitarbeitenden doch einen authentischen Einblick in unsere Arbeitswelten geben.“ Wir geben ihnen Leitplanken vor und vertrauen ihnen. Eine Kontrollinstanz gab es von Anfang an nicht, wir unterstützen sie bei jeglichen Fragen und in der konkreten Umsetzung. Dazu passt auch unser Hashtag #LetsTUIit.

Können Sie kurz zusammenfassen, was die Ausbildung alles beinhaltet, welche Plattformen im Fokus stehen und wie viel Zeit die Mitarbeitenden dafür im Durchschnitt investieren? 

Die wichtigste Grundlage ist die eigene Motivation und eine gewisse Neugier. Ganz ohne geht es nicht. Als nächsten Schritt laden wir zu unserer eigens entwickelten Linkedin-Masterclass ein. Das ist ein praktischer Anwendungsworkshop, in dem die Grundlagen von Social Media und die Basisprofileinstellungen besprochen werden. Am Ende der drei Stunden geht der (erste) eigene Post online, ein toller und wichtiger Moment. Die Masterclass vermittelt Grundwissen und gibt Leitplanken für die zukünftigen Posts und für die weitere Tätigkeit in unserem Ambassador-Programm. Die Zeitinvestition ist dabei ganz individuell: Von zehn Minuten bis mehrere Stunden pro Woche. 

Gibt es Schulungen zu Updates, beispielsweise wenn Linkedin neue Funktionen einführt, oder wird vorausgesetzt, dass sich die bereits ausgebildeten Corporate Influencer selbst informieren und das erworbene Wissen umsetzen? 

Wir geben in unserer Masterclass für Fortgeschrittene einen Einblick in neue und bestehende Funktionen von Linkedin und wenden diese auch direkt an. Zum Beispiel heben wir neue Postfunktionen oder neue Tools auf Linkedin hervor, damit unsere Corporate Influencer diese direkt testen können. Denn wir stellen fest: Je früher neue Funktionen genutzt werden, desto mehr Reichweite erzielen sie. Wir bleiben nach den Schulungen in einer Teams-Gruppe im Austausch und weisen in unserem Format „TipTuesday“ auf Updates hin.

Kümmern sich die internen Corporate Influencer auch um das Monitoring und die Analyse der eigenen Posts oder gibt es hierfür ausgewählte Teams? 

Teil unserer Masterclass ist auch die Analyse der eigenen Posts, um sich stetig verbessern zu können. So rechnen wir zum Beispiel die eigene Engagement Rate aus. Bei Fragen helfen wir als Support Team jederzeit gerne.  

Welche Art von Content erreicht aus Ihrer Beobachtung heraus die größte Reichweite und die höchsten Engagement Rates? 

Wie oben schon angedeutet, lohnt es sich, neue Postfunktionen direkt auszuprobieren. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit Umfragen auf Linkedin gemacht. Und wir stellen fest: Auch ein guter, einfacher Fotopost oder sogar text-only kann sehr hohe Reichweiten erzielen. 

Durch die Posts erfahren nicht nur Externe, sondern auch alle Angestellten des Unternehmens von Erlebnissen und Erfolgen der Mitarbeitenden. Wie hat sich die interne Kommunikation und die Arbeitskultur bei TUI durch diese Initiative verändert? 

Das ist richtig – durch die 28.000 TUI Kolleginnen und Kollegen, die auf Linkedin angemeldet sind, ist unser globaler Linkedin-Account im Grunde ein eigener Kanal für interne Kommunikation geworden. Das klingt zunächst vielleicht merkwürdig, ist aber letztendlich das logische Ergebnis unserer intensiven Arbeit seit 2018. Über Linkedin erfahren unsere Kolleginnen und Kollegen jeden Tag News von TUI – auch am Wochenende. Und ganz nebenbei sehen sie auch, was unser CEO gerade macht. 

Hat das Vertrauen, das den Angestellten durch die selbstständige Erstellung und Veröffentlichung von Posts entgegengebracht wird, Auswirkung auf das Führungsverhalten der CEOs? 

Vertrauen ist neben Freiwilligkeit eines unserer zentralen Fundamente, auf dem das Corporate-Influencer-Programm beruht. Interessanterweise hat die Initiative flachere Hierarchien ermöglicht: Es kommt nicht selten vor, dass unser CEO mit Posts von Kolleginnen und Kollegen interagiert. Was für eine Wertschätzung! Und umgekehrt zeigt es den Mitarbeitenden auch: Wir haben Vertrauen in euch. Regel Nummer Eins unserer Social-Media-Guideline lautet: „Feel free to share the TUI spirit”. Das wird von unseren Führungskräften vorgelebt. 

Würden Sie auch anderen Unternehmen raten, dieses Modell umzusetzen? Oder gibt es aus Ihrer Sicht Einschränkungen bezüglich Branchen und Themen? 

Aus meiner Sicht ist es eine klare Win-Win-Situation. Zuallererst profitiert der Mitarbeitende: Von mehr Sichtbarkeit, wertvollen Business-Kontakten und vielleicht dem nächsten Karriere-Schritt. Das Unternehmen TUI profitiert auch: Von authentischen Einblicken ins Unternehmen und deutlich mehr Reichweite als von reinen Corporate-Kanälen. Ein weiterer Aspekt, der nicht unterschätzt werden sollte: Durch die Befähigung als Corporate Influencer sind die Kolleginnen und Kollegen allgemein zufriedener und fühlen sich wertgeschätzt – und das zahlt wiederum auf eine gelungene Unternehmenskultur ein. 

Zwang, Kontrolle oder Misstrauen würden das Programm stark einschränken – egal, welche Branche es ist. Gehen Sie offen an die Sache heran und machen Ihren CEO zum „obersten” Corporate Influencer, dann sind Sie auf einem sehr guten Weg.