Mit ChatGPT die Pressemitteilung pitchen

Künstliche Intelligenz

Hand aufs Herz: Läuft auch bei Ihnen die Medienarbeit – zumindest manchmal – noch nach dem Prinzip „Hauptsache großer Verteiler, irgendwer wird sich schon dafür interessieren“? Da sind Sie nicht allein. Im aktuellen „State of the Media Report“ von Cision sagen 82 Prozent der befragten Journalist:innen, dass lediglich 0 bis 25 Prozent der erhaltenen Themenvorschläge für sie relevant sind.

Nun ist das mit der Relevanz so eine Sache. Es gibt objektive Nachrichtenfaktoren, aber oft ist es auch eine ganz subjektive Einschätzung, ob ein Themenvorschlag in das individuelle Interessensspektrum eines Journalisten passt. Wer den eigenen Verteiler dahingehend überprüfen wollte, kam bisher um eine aufwändige manuelle Recherche nicht herum. Meist mit dem Ergebnis, dass nicht nur zahlreiche Pressevertreter:innen eine Meldung erhalten, die sie gar nicht interessiert, sondern umgekehrt auch viele, die sich eigentlich brennend für das spezielle Thema interessieren würden, einfach nicht im Verteiler gelandet sind.

Generative KI in Kombination mit einer leistungsstarken KI-gestützten Mediendatenbank bietet hier genau die Lösung: Sie macht es möglich, Journalist:innen zu finden, die sich für einen bestimmten übergeordneten Themenkomplex interessieren. Mehr noch: Künstliche Intelligenz kann auch dazu genutzt werden, einen Themenvorschlag individuell auf die Interessen eines Journalisten zuzuschneiden.

Schritt eins: Relevante Journalisten identifizieren

Wir haben den Test gemacht und eine Pressemitteilung verschickt, zum einen über einen konventionellen Verteiler, zum anderen über einen KI-basierten Verteiler mit individueller Ansprache.

Dafür haben wir zwei Tools verwendet. Zum einen ChatGPT – auch die kostenlose Version mit dem Sprachmodell GPT-3.5 lieferte schon brauchbare Ergebnisse. Und zum anderen die Recherchefunktion „pressbase Media Intelligence“ des Softwareanbieters Convento. In Letzterer sind rund 46 Millionen Artikel gespeichert und indexiert. Mit einer Schlagwortsuche lassen sich so Artikel und die zugehörigen Journalist:innen recherchieren.

Im ersten Schritt ging es darum, einen Weg zu finden, aus der Pressemitteilung übergeordnete Themen zu extrahieren, die vielleicht gar nicht als Schlagwort im Text auftauchen, und daraus eine passende Suchanfrage für die Schlagwortsuche zu erstellen.

Hierfür sind große Sprachmodelle und KI-Tools wie ChatGPT hervorragend geeignet, denn ihre Stärke ist es, aus einem Text den relevanten Kontext zu erkennen, um daraus sinnvolle Inhalte zu generieren.

Mit folgenden Prompts haben wir ChatGPT auf die Aufgabe vorbereitet:

Zuerst: Welche Fähigkeiten benötigst du, um möglichst präzise, komplexe Suchanfragen mit Booleschen Operatoren zu entwickeln?

Boolesche Operatoren wie UND, ODER und NICHT ermöglichen eine Einengung oder Erweiterung einer Suche.

Als Nächstes: Ich gebe dir gleich einen Text. Ich möchte in einer Datenbank weitere Texte finden, deren thematischer Kontext dazu passt. Es muss sich aber nicht um das gleiche Thema handeln. Es kann auch sein, dass in den gesuchten Texten ganz andere Begriffe vorkommen. Lass dir Zeit und denke Schritt für Schritt: Welche Schritte sind notwendig, um auf der Grundlage des Textes, den ich dir gebe, eine möglichst gute Stichwortsuche mit Booleschen Operatoren zu entwickeln?

Mit diesen beiden Prompts und dem schrittweisen Vorgehen haben wir ChatGPT optimal auf die Aufgabe vorbereitet. Nun gaben wir ChatGPT mit folgendem Prompt den Text zur Analyse:

Nun gebe ich dir den Text: [“““Pressemitteilung einfügen“““] Führe nun Textextraktion und -analyse durch: Extrahiere Schlüsselbegriffe und Phrasen aus dem gegebenen Text. Identifiziere zentrale Themen und übergeordnete Konzepte, die für eine thematische Suche wichtig sind.

Im nächsten Schritt suchten wir noch nach zugehörigen Schlüsselwörtern, die nicht im Text vorkommen:

Führe jetzt die Begriffserweiterung und Synonymfindung durch: Erstelle eine Liste von Synonymen und ähnlichen Ausdrücken für die extrahierten Schlüsselwörter. Berücksichtige unterschiedliche Schreibweisen und Abkürzungen.

Anschließend ließen wir auf dieser Basis die Suchanfrage erstellen, die wir in Convento übernehmen konnten:

Baue nun eine passende Suchanfrage mit Booleschen Operatoren auf. Achte darauf, dass diese nicht zu detailliert wird, um Treffer zu ermöglichen.

ChatGPT entwickelte dazu eine Code-Zeile, die wir per Copy-Paste in die Suchmaske von Convento übertragen haben. Bei unseren Tests war die Suchanfrage meist recht lang und lieferte nur eine Handvoll Treffer. Allerdings waren wir überrascht, dass wir damit bereits eine Reihe von Journalist:innen identifizieren konnten, die wir bislang nicht auf dem Radar hatten, obwohl sie (meist als Freie) für relevante Medien arbeiten.

Um noch mehr relevante Treffer zu erhalten, vereinfachten wir die Suchanfrage in Convento Schritt für Schritt, indem wir einschränkende Begriffe löschten. Die Trefferliste haben wir jedes Mal auf Neue überprüft. Auf diese Weise erstellten wir in wenigen Minuten einen themenbezogenen Verteiler, der ausschließlich Journalist:innen enthält, die sich für unser Thema interessieren.

Schritt zwei: Individuelle Ansprache generieren

Jetzt sind wir noch einen Schritt weitergegangen, indem wir ChatGPT dazu nutzten, einen individuellen Themenpitch zu erstellen.

Dazu sind wir wieder auf Convento gegangen und ließen uns die zur Suche passenden Artikel eines Journalisten anzeigen. Diese lassen sich nach Aktualität sowie nach Relevanz sortieren, wodurch es uns leichtfiel, einen Artikel herauszupicken, der möglichst beide Kriterien erfüllt: also aktuell und passend zu unserem Thema. Diesen Artikel haben wir geöffnet und den Text in die Zwischenablage kopiert. Dann zurück zu ChatGPT und dort mit folgenden Prompts eine neue Konversation gestartet:

Du bist erfahrener PR-Experte und sollst mich dabei unterstützen, Themenvorschläge an Journalist:innen zu verfassen, die von diesen als sehr relevant eingestuft und deswegen aufgegriffen werden. Ich gebe dir dazu die Pressemitteilung, die angeboten werden soll, sowie einen thematisch passenden Text, den die Person bereits veröffentlicht hat. Sage mir zunächst, welche Fähigkeiten du benötigst.

Als Nächstes: Überlege zunächst Schritt für Schritt, wie du vorgehen möchtest. Lass dir Zeit.

Im nächsten Schritt gaben wir ChatGPT sowohl unsere Pressemitteilung als auch den Artikel, den wir gefunden haben:

Ich gebe dir nun die Pressemitteilung und den thematisch passenden Text des Journalisten: PRESSEMITTEILUNG: [“““Pressemitteilung einfügen“““] THEMATISCH PASSENDER TEXT: [“““Artikel einfügen“““] Lese dir beide Texte genau durch und analysiere diese gründlich. Entwickle ein tiefes Verständnis für die Inhalte, die Relevanz für den Journalisten haben könnten.

Darauf folgte der finale Schritt – ChatGPT erhielt die Anweisung, einen individuellen Themenpitch zu erstellen:

Bitte entwerfe nun einen geeigneten Themenvorschlag in Form einer E-Mail. Achte darauf, dass diese nicht zu lang ist und dass sofort klar wird, warum die Geschichte für den Journalisten relevant ist. Vermeide dabei sprachliche Übertreibungen und Superlative.

Nun noch den Text mit Hilfe von ChatGPT anpassen, et voilà: Fertig.

Wesentliche Kritikpunkte

Sie stellen nun möglicherweise zwei berechtigte Fragen:

  • Dauert das nicht viel zu lange?

Im Test haben wir auf diese Weise deutlich schneller einen vor allem qualitativ deutlich besseren Verteiler erhalten als mit der üblichen Vorgehensweise über die bekannten Verteiler-Tools. Die Konversationen können in ChatGPT auch gespeichert und wiederverwendet werden, man muss also nicht jedes Mal die einleitenden Prompts neu eingeben. Oder Sie machen es wie wir und erstellen zwei benutzerdefinierte GPTs, in die Sie nur noch die Texte eingeben bzw. hochladen müssen. Den Rest erledigt ChatGPT für Sie.

  • Funktioniert es wirklich und bringt es bessere Ergebnisse?

Diese Frage lässt sich mit einer kleinen Anekdote beantworten: Bei der Presseaussendung in den zwei Gruppen (KI-Testgruppe und Kontrollgruppe mit konventionellem Verteiler) meldete sich ein Journalist aus der KI-Gruppe drei (!) Minuten, nachdem er die Mail von uns erhalten hatte, mit folgender Nachricht: „So ein Zufall, ich arbeite gerade an einer Serie zu genau dem gleichen Thema“.

Eine weitere Zahl ist ebenfalls bemerkenswert: Binnen einer Woche haben sich 30 Prozent der angeschriebenen Journalist:innen auf unsere Aussendung hin gemeldet – sie haben sich aktiv mit uns in Verbindung gesetzt. In der Kontrollgruppe war dies nicht der Fall.

Also Zufall? Wohl eher nicht. Sondern das Ergebnis des intelligenten Einsatzes von KI – und ein Win-Win, denn für die betreffenden Journalisten war unser Hinweis sehr wertvoll und kam genau zum richtigen Zeitpunkt.


Dieser Beitrag ist Teil der Themenreihe „How-to GenAI“, die sich mit dem Einsatz von generativer künstlicher Intelligenz in der Unternehmenskommunikation beschäftigt. Regelmäßig erscheinen an dieser Stelle Beiträge wechselnder Autor*innen zu theoretischen und praktischen Aspekten.

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