Online ist genauso Öffentlichkeit wie offline

Für alle, die nicht an Multipler Persönlichkeitsstörung leiden, gibt es heutzu­tage meiner Meinung nach eigentlich keine annehmbare Ausrede mehr für den Social-Media-Maskentanz. Trotzdem gilt gerade auf deutschen Konferenzen immer noch Vorsicht, wenn man sich vernetzen will. „Nutzen Sie Facebook auch beruflich?“, muss man da fragen. Und oft bekommt man ein „Nein“ zu hören – Berufliches bitte nur über XING. Oder noch schlimmer: „Ich habe ein berufliches und ein privates Facebook-Profil.“ Für jemanden wie mich ist das unverständlich. Gerade als Kommunikationsprofi gibt man sich mit solch einer Aussage die Blöße. Warum?

Als Digital Native habe ich verstanden, dass Online genauso Öffentlichkeit ist wie Offline. Und auch wenn ich in Jeans statt Kostüm in den Supermarkt gehe, bin ich ein und dieselbe Person, wenn mir ein Kunde über den Weg läuft. Richtig privat ist Online schon lange nicht mehr.

Und weil Online öffentlich ist, muss ich doch gerade als Kommunikationsprofi damit umgehen können. Wer heute noch immer nicht verstanden hat, wie Facebook-Listen funktionieren, wer sinnfreie Essens-Updates im Minutentakt auf Twitter postet oder wer XING fürs Anbaggern nutzt, der zeigt, dass er die Spielregeln der Plattformen noch nicht verstanden hat und ihm die nötige Medienkompetenz fehlt. Wenig vertrauenserweckend für die Kunden.

Zu guter Letzt: Einen beruflichen und einen privaten Account zu haben, ist unhöflich und vor allem Grund für Misstrauen bei denjenigen, die zum privaten keinen Zugriff bekommen. Social Media ist social. Wer sich abschirmt und mir nur die glattgestriegelte Business-Seite zeigt, mit dem will ich eigentlich auch gar nicht verbunden sein.
 

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