Es ist bekannt, dass Redakteure wenig Zeit haben. Sie müssen deshalb gewünschte Informationen schnell und gezielt finden können. Wie gut ihnen dabei die Online-Presseseiten von Unternehmen helfen, hat die Unternehmensberatung Net Federation im aktuellen „MR Benchmark“ untersucht, der an diesem Dienstag veröffentlicht wird.
Dazu prüfte sie im dritten Quartal 2017 die deutschsprachigen Presseseiten von 75 Konzernen auf insgesamt 143 Kriterien. Im Kern ging es um die Fragen, welche Informationen das jeweilige Unternehmen in welcher Form bereitstellt, welche Kontaktmöglichkeiten es einsetzt und welche technischen Services es anbietet. Wurde eine gewünschte Information nach 30 Sekunden nicht gefunden, galt sie als nicht vorhanden – das Vorgehen glich also einer Suche, wie sie auch ein Journalist durchführen würde.
Das Ergebnis ist auf den ersten Blick erschreckend: Nur fünf Unternehmen erreichten gerade etwas mehr als die Hälfte der 1.000 zu erreichenden Punkte. Dazu zählen Bayer mit 531 Punkten, Audi mit 527, die Deutsche Post mit 520, Henkel mit 505 und Otto mit 503 Punkten (das vollständige Ranking finden Sie am Ende des Beitrags). Zwar haben alle untersuchten Presseseiten einen speziellen News-Bereich, in dem Medienvertreter sich über aktuelle Themen informieren können. Doch im Detail gibt es erhebliches Ausbaupotenzial. Hier sind die wichtigsten Erkenntnisse.
1. Pressemitteilungen sind oft das einzige angebotene Format
Häufig sind Pressemitteilungen das einzige Informationsangebot zu einem Thema. Weiterführende oder anknüpfende Informationen in Mitteilungen fanden die Analysten nur auf jeder zweiten Presseseite. Immerhin 66 Prozent stellen umfassendere Dossiers oder Studien zur Verfügung. Eine thematische Filterfunktion etwa mittels Tags, die eine intensivere Beschäftigung mit einem Thema erlaubt, oder auch eine Funktion, Pressemitteilungen zeitlich zu sortieren, boten laut Studie nur 42 der 75 untersuchten Presseseiten.
Auch bei O-Tönen und Bildern gibt es offenbar Nachbesserungsbedarf. Zitate in Form von verschriftlichten Interviews oder Reden stellen laut Studie gerade einmal 15 Prozent der untersuchten Seiten zur Verfügung. Bildmaterial gibt es häufiger, allerdings vergleichsweise selten mit den erforderlichen Hinweisen zur Nutzung.
2. Möglichkeiten des Social Web werden nicht ausgeschöpft
Es ist im Jahr 2018 fast nicht vorstellbar: Ansprechpartner mit Kontaktdaten lassen sich nach wie vor nicht in jedem Pressebereich finden. Auch Social Media ist für viele Pressestellen offenbar (noch) kein Thema – so sind zum Beispiel lediglich 15 der untersuchten Unternehmen mit einem eigenen Presse-Account auf Twitter aktiv. Direct- und Instant-Messaging-Dienste wie Skype, Whatsapp oder Facebook Messenger, die eine schnelle und transparente Kommunikation ermöglichen, sind zum Zeitpunkt der Untersuchung auf keiner Presseseite zu finden gewesen.
Immerhin: 14 Unternehmen bieten Medienvertretern ein Newsletter-Abonnement an. Bei sechs Unternehmen ist es darüber hinaus möglich, sich für einen Login-Bereich im Presseportal anzumelden: Wer sich registriert, hat beispielsweise Zugriff auf umfassendes Bildmaterial, auch mit besonderen Verwendungsfreigaben, oder kann sich einen Newsletter nach eigenem Bedarf zusammenstellen.
3. Veranstaltungen sind nur wenig präsent
Ein Fazit der Studie könnte auch lauten: Unternehmen wollen nicht, dass Journalisten über Hauptversammlungen, Messen oder Standorteröffnungen berichten. Denn nur so lässt sich erklären, dass die Autoren der Studie bei gerade einmal 43 Unternehmen überhaupt wichtige Pressetermine im Pressebereich gefunden haben. Lediglich zwei Unternehmen ermöglichen darüber hinaus auch eine direkte Anmeldung für Veranstaltungen.
4. Tools wie Warenkorb-Funktion gibt es selten
Die alte PDF-Denke ist offensichtlich überholt – Pressemitteilungen sind heute fast überall im Volltext in HTML verfügbar. Doch andere digitale Lösungen wie Tags oder Newsletter-Tools sind nur vereinzelt in der Landschaft deutscher Unternehmenskommunikation anzutreffen. Als echte technische Vorreiter können 14 Unternehmen gelten, die eine Warenkorb-Funktion anbieten. Damit ist es möglich, Dokumente und Dateien mit einem Klick zu markieren und in eine Ablage zu übertragen. Am Ende der Recherche lassen sich die so gesammelten Informationen downloaden oder per E-Mail zusenden.
5. Mobile Ladezeiten sind zu lang
Und auch das hat die Benchmark-Studie untersucht: die Auffindbarkeit der Presseseiten bei Google, der meistgenutzten Suchmaschine in Deutschland. Immerhin 88 Prozent ließen sich darüber schnell finden; in fast allen Fällen lag das Ergebnis nach Angaben der Studie auf Platz eins der Treffer. Stark ausbaufähig ist allerdings die Ladezeit bei der mobilen Suche. Bei 92 Prozent aller untersuchten Presseseiten waren im Untersuchungszeitraum die mobilen Ladezeiten noch nicht zufriedenstellend optimiert.
Wie gute digitale Pressearbeit aussehen kann, zeigen die folgenden Beispiele. Klicken Sie auf das Bild, um die Bildergalerie zu starten:
Weitere Informationen zum Thema: Henkel verweist am Ende der Presseinformation auf einen internen Link, unter dem Medienvertreter mehr erfahren. Klicken Sie auf das Bild, um die Bildergalerie zu starten. (c) Screenshot/Quadriga Media Berlin
Hier sehen Sie das gesamte Ranking:
Platz
Unternehmen
Branche
Punkte
1
Bayer AG
Chemie
531
2
Audi AG
Automotive
527
3
Deutsche Post AG
Logistik
520
4
Henkel AG & Co. KGaA
Konsumgüter
505
5
Otto GmbH & Co KG
Handel
503
6
BASF SE
Chemie
475
7
Robert Bosch GmbH
Technik
447
8
Siemens AG
Technik
446
9
Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG
Versicherung
422
10
Lanxess AG
Chemie
413
11
Porsche AG
Automotive
412
12
Deutsche Bank AG
Finanzen
406
13
Deutsche Telekom AG
Telekommunikation
402
14
Leoni AG
Automotive
392
15
Bertelsmann SE & Co. KGaA
Medien
389
16
Allianz SE
Versicherung
389
17
Ergo Versicherungsgruppe AG
Versicherung
384
18
Fresenius SE & Co. KGaA
Pharma
383
19
Schaeffler AG
Automotive
380
20
Deutsche Bahn AG
Logistik
379
21
Kion Group AG
Maschinenbau
377
22
Rewe Group
Lebensmittel
374
23
Continental AG
Automotive
373
24
Miele & Cie. KG
Elektrogeräte
365
25
Deutsche Börse AG
Finanzen
363
26
Edeka Zentrale AG & Co. KG
Handel
361
27
ZF Friedrichshafen AG
Automotive
360
28
Talanx AG
Finanzen
358
29
MAN SE
Automotive/ Maschinenbau
350
30
DZ Bank AG
Finanzen
348
31
TÜV Rheinland AG
Dienstleistung
346
32
Innogy SE
Energie
346
33
BMW AG
Automotive
344
34
Commerzbank AG
Finanzen
341
35
Deutsche Lufthansa AG
Luft- und Raumfahrt
340
36
Infineon Technologies AG
Technik
340
37
K+S AG
Chemie und Rohstoffe
335
38
Thyssenkrupp AG
Technik
335
39
Volkswagen AG
Automotive
333
40
Freudenberg SE
Technik
330
41
Baywa AG
Handel
329
42
Daimler AG
Automotive
327
43
Beiersdorf AG
Konsumgüter
326
44
TUI AG
Tourismus
324
45
Symrise AG
Chemie
322
46
Voith AG
Maschinenbau
321
47
Bilfinger SE
Dienstleistung
315
48
ABB Group
Technik
315
49
Evonik Industries AG
Chemie
311
50
Vonovia SE
Immobilien
307
51
Linde AG
Chemie
306
52
Adolf Würth GmbH & Co. KG
Handel
304
53
Hornbach Holding AG
Handel
304
54
Salzgitter AG
Eisen-/ Stahlindustrie
304
55
Generali Deutschland Holding AG
Versicherung
302
56
SAP SE
Software
301
57
Eon SE
Energie
300
58
Adidas AG
Konsumgüter
299
59
Fresenius Medical Care AG & Co. KGaA
Medizintechnik
299
60
Zalando SE
Handel
296
61
The Coca-Cola Company
Konsumgüter
293
62
RWE AG
Energie
292
63
Merck KGaA
Pharma
292
64
Heidelberg-Cement AG
Baustoffe
284
65
Puma SE
Konsumgüter
276
66
Dekra SE
Dienstleistung
269
67
McDonald´s Deutschland Inc.
Konsumgüter
268
68
Metro AG
Handel
244
69
Boehringer Ingelheim
Pharma
238
70
Real SB-Warenhaus GmbH
Handel
228
71
Telefónica Germany GmbH & Co. OHG
Telekommunikation
222
72
Hugo Boss AG
Konsumgüter
205
73
General Electric Deutschland Holding
Mischkonzern
199
74
Vodafone GmbH
Telekommunikation
191
75
Brenntag GmbH
Handel
166
Über die Studie
Mit dem „MR Benchmark“ untersucht die Unternehmensberatung Net Federation den Status quo digitaler Presse- und Medienarbeit. Die Studie erscheint, mit Ausnahme des vergangenen Jahres, stets angepasst an aktuelle Fragestellungen jährlich. Für die jüngste Auflage wurden im dritten Quartal 2017 75 Presse-Webseiten von 75 ausgewählten großen Unternehmen mit Konzernstruktur analysiert. Grundlage bildeten 143 Kriterien, die nach „sehr wichtig“ (drei Punkte), „wichtig „(zwei Punkte) und „weniger wichtig“ (ein Punkt) gewertet und den drei Kategorien „Inhalt und Design“, „Dialog und Interaktion“ sowie „Technik und Service“ zugeordnet waren. Eine Webseite konnte maximal 1.000 Punkte erreichen. Mehr über die Untersuchung erfahren Sie hier.