Olaf Scholz startet Tiktok-Kanal

Social-Media-Kommunikation

Unter dem Namen @teambundeskanzler hat das Bundespresseamt am Montag einen eigenen Tiktok-Kanal gestartet. Der Kanal soll laut Pressemitteilung „über die Arbeit des Bundeskanzlers und der Bundesregierung informieren und einen Blick hinter die Kulissen des Regierungsalltags gewähren“. Das erste Video, mit jazzig-spielerischen Klängen untermalt, zeigt die Sneaker einer Person, die sich entschlossen fortbewegt. Sie erblickt die Aktentasche des Kanzlers, der nächste Blick fällt auf Olaf Scholz. Nach zwei Tagen zählt das 13-sekündige Video bereits 1,5 Millionen Ansichten. Auch beim dritten und dem fünften Video liegt der Fokus auf der Aktentasche. Sie sei der „treue Freund” des Bundeskanzlers, begleite ihn schon seit vielen Jahrzehnten in seinem Berufsalltag, sagt er in die Kamera. Persönliche Einsichten im Scholz-Stil. Viel Neues erfährt man bislang nicht.

Haltung zu Tiktok geändert

Die Entscheidung des Bundeskanzlers, jetzt doch auf der datenschutzrechtlich umstrittenen Plattform Tiktok des chinesischen Anbieters Bytedance präsent zu sein, kam überraschend. Begründet wurde sie mit der wachsenden Sorge vor Einflussnahme und Manipulationen durch Populisten. Und die ist nicht unbegründet. Die AfD erreichte auf Tiktok – nach einer Erhebung des Politikberaters Johannes Hillje – im Zeitraum von Januar 2022 bis Dezember 2023 im Schnitt 430.000 Impressionen pro Video und damit die höchste Reichweite aller Parteien in Deutschland. Die Dominanz der AfD auf Tiktok wird noch deutlicher, wenn man ihre Impressionen mit denen der FDP vergleicht, die den zweiten Platz belegt: 53.000. Doch auch Tiktok setzt Grenzen, wenn die eigenen Richtlinien verletzt werden. So geschehen im Fall des AfD-Politikers Maximilian Krah, dessen Reichweite stark eingeschränkt wurde – wegen wiederholter Verstöße gegen die TikTok-Richtlinien.

Die Sicherheitsbedenken der Bundesregierung wurden mit einer pragmatischen Lösung erstmal aus dem Weg geräumt: „So werden dafür separate Endgeräte genutzt, um zu gewährleisten, dass die TikTok-App keinerlei Zugriff auf behördeninterne Daten erhält“, schreibt die Berliner Morgenpost mit Verweis auf Kreise der Bundesregierung. Beschäftigte der Bundesregierung dürfen, genauso wie Angestellte der EU-Kommission und des EU-Parlaments, Tiktok auf ihren Dienstgeräten weder installieren noch nutzen. Auch in den USA gibt es viele Vorbehalte. Erst vor einem Monat stimmte das Repräsentantenhaus mit großer Mehrheit für ein Gesetz, das Bytedance zwingen soll, die Tochterfirma Tiktok zu verkaufen. Sollte dies nicht passieren, könnte die App in den USA verboten werden.

Laut Tiktok nutzen 20,9 Millionen Menschen in Deutschland jeden Monat die Plattform. Mit weltweit über 1,56 Milliarden monatlich aktiven Nutzer*innen belegt Tiktok den fünften Platz der größten Social Networks und Messenger weltweit.

Wie nutzen andere Politiker Tiktok?

Auch US-Präsident Joe Biden, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola unterhalten eigene Tiktok-Kanäle. Die Kanäle verfolgen dabei jeweils einen anderen Ansatz.

Macron nutzt seinen Kanal @emmanuelmacron bereits seit 2020 vornehmlich für direkte Ansprachen an die Bevölkerung in gewohnter Macron-Manier. Mit über vier Millionen Followern ist er einer der erfolgreichsten Politiker auf der Plattform. Biden und sein Wahlkampfteam betreiben den im Februar gestarteten Kanal @bidenhq, um junge Wähler*innen für die Präsidentschaftswahl am 5. November zu mobilisieren, aber vor allem auch um aufzuzeigen, wofür Donald Trump steht. Das Team setzt dabei auf Witz, direkte Vergleiche und Bashing gegen den Ex-Präsidenten. Der Account hat über 290.000 Follower. Metsola hat ihren Kanal @metsola.roberta ebenfalls in diesem Jahr gestartet. Sie nutzt ihn, um jungen Wähler*innen zur Teilnahme an der Europawahl zu animieren. Dafür setzt sie verschiedene Social-Media-Trends ein, gewährt persönliche Einblicke und spricht auch mal direkt in die Kamera – über 2.000 Personen folgen ihr dabei.

Tiktok ist „ein Türöffner”

Für Hillje ist Tiktok „ein Türöffner für die Politik zu jungen Menschen“. Politiker sollten dabei auf Emotionen setzen, auf wertebasierte Kommunikation. „Das Gespräch kann da anfangen, sollte da aber nicht aufhören“, sagt er.

Drei Wochen vor Olaf Scholz startete Gesundheitsminister Karl Lauterbach als erstes Regierungsmitglied seinen Tiktok-Kanal. Er ließ es sich nicht nehmen, Scholz‘ Einstieg mit einem Augenzwinkern zu kommentieren: „Jetzt auch noch Konkurrenz vom Chef #TikTok, einem Kommunikationsgenie. Der Job auf dem Kanal wird immer härter…“

 

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