Win-win für alle

Fußball

Die deutschen Fußballnationalmannschaften und Adidas – das gehörte bislang immer irgendwie zusammen. Die Partnerschaft läuft seit mehr als 70 Jahren. Bei Welt- und Europameisterschaften spielten die DFB-Teams stets in Trikots der Marke mit den drei Streifen. Fußballfans kauften fleißig Shirts, Sporthosen und sonstige Accessoires und erhöhten damit die Sichtbarkeit von Adidas auf den Straßen. Das machte die Partnerschaft lange Zeit für alle Seiten lukrativ. Etwa 50 Millionen Euro pro Jahr hat sich der deutsche Sportartikelhersteller den Deal angeblich kosten lassen.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat jetzt bekanntgegeben, dass von 2027 bis 2034 das US-Unternehmen Nike die Nationalmannschaften ausrüsten wird. „Nike hat im Rahmen der transparenten und diskriminierungsfreien Ausschreibung das mit Abstand beste finanzielle Angebot abgegeben“, verkündete der Verband. Das „Handelsblatt“ berichtete von Nike-Zahlungen von mehr als 100 Millionen Euro pro Jahr, was offenbar deutlich mehr ist, als Adidas in Zukunft bereit ist auszugeben.

Dabei konnte das Unternehmen aus Herzogenaurach erst kürzlich einen kommunikativen Erfolg für sich verbuchen. An dem in den Farben Pink, Lila und Blau gestalteten Auswärtstrikot der Nationalmannschaft wurde zwar rumgemäkelt. Überwiegend kam es allerdings positiv an. Die Verkaufszahlen sollen gut sein. Aus wirtschaftlicher Sicht ist die Bedeutung des Heimtrikots, das klassisch in Schwarz-Rot-Gold gestaltet ist, sowieso deutlich größer.

Allerdings ist vor allem die Attraktivität der Nationalmannschaft der Männer in den vergangenen Jahren deutlich gesunken – und damit auch ihr Markenwert. Die TV-Einschaltquoten der Spiele liegen unter denen früherer Zeiten. Die international bekanntesten Spieler wie Toni Kroos, Thomas Müller und Manuel Neuer werden ihre Karriere bald beenden. Die jüngsten Turniere mit der verkorksten WM in Katar 2022 als Tiefpunkt verliefen sportlich desaströs. Sponsoren wie Adidas gerieten vor allem in Deutschland aufgrund ihres Engagements in die Kritik. Blickt man in die Zukunft, steht 2034 eine WM in Saudi-Arabien an. Warum sollte das dann anders laufen?

Weitere lukrative Partnerschaften

Dass ein Konzern unten diesen Bedingungen nicht bereit ist, finanziell über die eigene Schmerzgrenze hinaus Geld zu investieren, ist nachvollziehbar, zumal Adidas mit Nationalmannschaften wie Argentinien, Spanien und Italien andere interessante Partnerschaften besitzt. Im mit Blick auf die WM 2026 wichtigen Markt Südamerika sind die Herzogenauracher ebenfalls gut vertreten. Im Vereinsfußball rüstet das Unternehmen neben Bayern München unter anderem Real Madrid, Manchester United, Juventus Turin und Arsenal London aus – einige der weltweit stärksten Brands im Fußball überhaupt. Internationale Sichtbarkeit ist für die drei Streifen somit auch ohne die deutschen Nationalmannschaften gegeben. Nostalgie und der von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck geforderte „Standortpatriotismus“ sollten das Handeln eines weltweit aktiven Unternehmens sowieso nicht prägen.

Der finanziell angeschlagene DFB kann die zusätzlichen Nike-Millionen gut gebrauchen. Auch wenn die Strukturen des Verbandes und die diversen Skandale Zweifel daran entstehen lassen, dass jeder Euro sinnvoll ausgegeben werden wird, kommt erst einmal Geld ins Land. Zumindest ein Teil der Finanzmittel dürfte in den Amateursport fließen, wovon am Ende auch der Profifußball profitiert. Dass Nike als weltgrößter Sportartikelhersteller weiß, wie man Fußballprodukte gewinnbringend vermarktet, versteht sich von selbst. Kritik wäre eher an der DFB-Wahl von Tiktok als Entertainment-Partner angebracht. Wieso muss exklusiver Hintergrund-Content auf einer App laufen, die ab einem bestimmten Alter nur begrenzt genutzt wird und die aufgrund ihres Algorithmus und ihrer China-Verbindung zurecht hinterfragt wird?

Am Ende liegt das Risiko vor allem bei Nike. Der US-Konzern investiert eine beträchtliche Summe in den deutschen Fußball, ohne eine Garantie zu besitzen, dass die Nationalmannschaften der Männer und der Frauen wieder an vergangene Erfolge anknüpfen können. Von einer Fußballbegeisterung wie bei der WM 2006 ist Deutschland im Jahr 2024 trotz der Europameisterschaft im eigenen Land jedenfalls weit entfernt.

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