Kommunizieren Vorstandsfrauen mehr als männliche CEOs?

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Die Frauenquote verändert gerade nicht nur die CDU, sondern auch die deutsche Wirtschaft. Und unseren LinkedIndex, die jährliche Studie von Palmer Hargreaves zur Vorstandskommunikation auf LinkedIn. Den gibt es nämlich zum Kommunikationskongress in einer Female Board Edition. Denn seit im August 2022 das neue Mindestbeteiligungsgebot in Kraft getreten ist, kommt Bewegung in die DAX-Familie: Bei mehr als drei Vorstandsmitgliedern muss im Falle der Neubesetzung künftig mindestens eine Frau berufen werden. Der öffentliche Druck nimmt zu, regelmäßig berichten Studien wie der Women on Board Index der Initiative FidAR oder das Managerinnen-Barometer des DIW Berlin über den Status quo in deutschen Unternehmen. Und natürlich drängen auch ganz unabhängig von gesetzlichen Quotenregelungen immer mehr hoch qualifizierte Frauen in Führungspositionen, die früher allein von Männern gehalten wurden.

In den sozialen Business-Medien hat sich das Thema etabliert, auf allen Hierarchiestufen wird darüber geschrieben. Kaum eine Führungskraft, die sich nicht für mehr Vielfalt und Weiblichkeit einsetzt – zumindest rhetorisch. Denn dass die Realität den kuratierten Beiträgen immer noch hinterherläuft, das zeigen die Untersuchungen ebenfalls. Gerade in großen Organisationen stellt sich Veränderung nur langsam ein. Der beste Weg: mit gutem Beispiel voran. Bereits 2012 konnte eine norwegische Studie nachweisen, dass Vorstände mit Frauenanteil die Berufung von weiteren Frauen in Führungspositionen begünstigt. Weibliche CEOs sorgen außerdem für eine steigende Qualifikation dieser Vorstandsfrauen.

Was hat das nun mit dem LinkedIndex zu tun? Tatsächlich eine Menge. Wir untersuchen für diese Studienreihe nämlich die Kommunikation von Führungskräften mit Blick auf die sogenannte Performanz-These: Dass nämlich Arbeit im 21. Jahrhundert auch immer das Präsentieren von Arbeit bedeutet. Und selbst CEOs nicht umhinkommen, ihren verschiedenen Stakeholdern von ihren Leistungen zu erzählen. Indem sie beispielsweise auf unterhaltsame Art ihre Quartalsergebnisse präsentieren, strategische Entscheidungen verständlich erläutern oder sich ganz allgemein als nahbar, vertrauensvoll und sympathisch empfehlen. Es geht um Impression Management und darum, in einem zunehmend kompetitiven Arbeitsumfeld vorteilhafte Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln.

Bei der Female Board Edition haben wir diesen Ansatz mit einer weiteren soziologischen Erkenntnis zusammengebracht: Dass nämlich Frauen in Führungspositionen deutlich mehr leisten müssen, um mit ihren männlichen Kollegen gleichzuziehen. Nirgendwo zeigt sich das deutlicher als am Gehalt, paradoxerweise am stärksten in Führungspositionen. Je besser diese Frauen nämlich in den Arbeitsmarkt eingebunden sind, je erfolgreicher sich ihre Karriere entwickelt, desto größer fällt der Verdienstabstand gegenüber Männern in vergleichbaren Positionen aus. Auch sehr erfolgreiche Frauen müssen für die gleiche Gegenleistung deutlich mehr Aufwand betreiben.

Abseits vom Geld wollten wir nun untersuchen, ob sich dieser Effekt auch in der Kommunikation zeigt. Auf die Performanz-These übertragen heißt das: Ob Frauen in exponierten Führungspositionen stärker auf Impression Management setzen müssen und mehr kommunikativen Aufwand betreiben, um ihre Arbeit vor Stakeholdern zu präsentieren. Gleichzeitig wollten wir wissen, ob diese Frauen möglicherweise eine Female Leadership Agenda vertreten. Ob sie also den zunehmend lauter werdenden Ruf nach einer diversen, und damit auch weiblicheren Unternehmenskultur aus ihrer systemkritischen Position kommunikativ vorantreiben.

Insgesamt haben wir dazu 101 börsennotierte Unternehmen untersucht. In diesen Unternehmen haben zum Stichtag 529 Personen in Vorständen oder vorstandsähnlichen Gremien gearbeitet, CEOs eingeschlossen. 88 davon waren Frauen: ein Anteil von 17 Prozent. 76 hatten ein LinkedIn-Profil, die wir qualitativ und quantitativ ausgewertet haben. Technisch unterstützt hat uns dabei Exofarer, eine Ausgründung von Palmer Hargreaves. Exofarer entwickelt datengetriebene Kommunikation und stellt für das Projekt Dashboards und ein Data Warehouse zur Verfügung, um die erhobenen Daten zu konsolidieren.

Die CEOs des LinkedIndex waren für uns dabei eine Art obere Benchmark: Wie schlagen sich Vorstandsfrauen im Vergleich mit der prominenten Spitze eines Unternehmens, für die eine solche Kommunikation mittlerweile faktisch zur Jobbeschreibung gehört? Uns ging es dabei zwar in erster Linie um einen Vergleich der unterschiedlichen Rollen – die überwiegend männlich besetzte CEO-Landschaft in Deutschland hat daraus aber auch einen Vergleich der Geschlechter gemacht.

Tatsächlich sind einige interessante Erkenntnisse dabei herausgekommen. Auch ein Ranking von 20 Vorstandsfrauen, die ihren Job auf LinkedIn besonders gut machen – zum Teil mit Namen, die auch wir selbst überhaupt nicht auf dem Schirm hatten. Ganz allgemein wurde deutlich, dass Vorstandsfrauen ihr LinkedIn-Netzwerk intensiver nutzen als CEOs – wenn auch bei deutlich weniger Followern und einer in absoluten Zahlen kleineren Audience Activity. Grund dafür ist der Promi-Faktor eines CEOs, der als Galionsfigur in einem helleren Rampenlicht steht als ein Vorstandsmitglied. Trotzdem scheint sich die Performanz-These beim Mehraufwand zu bestätigen: Vorstandsfrauen interagieren stärker mit ihrem Netzwerk und erleben umgekehrt ein höheres Engagement auf ihre Beiträge. Genaue Zahlen zu diesen Verhältnismäßigkeiten erheben wir durch ein gemeinsames Sample in der zweiten Jahreshälfte 2022.

Weitere Ergebnisse stellen wir am 22. September auf dem Berliner Kommunikationskongress vor. Diese Female Board Edition ist dann gewissermaßen ein Zwischenstopp auf dem Weg zur nächsten Ausgabe des LinkedIndex. Dort wollen wir die CEOs und Vorstandsfrauen direkt miteinander vergleichen. Und außerdem analysieren, welche Themenschwerpunkte sie jeweils setzen und ob wir die sich andeutenden Verhältnismäßigkeiten mit konkreten Zahlen unterfüttern können. Es bleibt also spannend, auch in den Vorstandsetagen.

Zu hören sind Dr. Iris Heilmann und Daniel Jungblut, Palmer Hargreaves, am 22. September 2022 von 14:05 – 15:15 Uhr im Raum A06 mit ihrem Vortrag “Sichtbare Transformation: Wie Vorständinnen auf LinkedIn den Wandel der Wirtschaft kommunizieren”. 

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