Künstliche Intelligenz ist das Schlagwort des vergangenen Jahres. Neue Technologien wie diese haben das Potenzial, Gesellschaften zu verändern. Gerade jetzt, da weltweit mehr als 60 Wahlen bevorstehen – darunter die Präsidentschaftswahl in den USA und die Europawahl –, spielt die Akzeptanz von Innovation eine wichtige Rolle für die Zukunft. Wie es um das Vertrauen in die Regierung, Wirtschaft, Medien und Nichtregierungsorganisationen in diesen Zeiten steht, hat die Agentur Edelman in ihrem jährlichen „Trust Barometer“ untersucht, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Der Fokus der 24. Ausgabe lag entsprechend auf Innovation.
An der Online-Umfrage, die im November 2023 in 28 Ländern durchgeführt wurde, nahmen mehr als 32.000 Menschen teil, darunter in Australien, Brasilien, China, Frankreich, Großbritannien, Indien, Japan, Südafrika und die USA. Die Ergebnisse sind repräsentativ.
Wirtschaft weiterhin mit höchstem Ansehen
Das Vertrauen in die vier großen Institutionen bleibt hierzulande auf einem niedrigen Niveau. Im Vergleich zu den anderen 27 Ländern liegt Deutschland auf dem 24. Platz. Am meisten Vertrauen in ihre Institutionen haben die Chinesen, am wenigsten die Briten.
Die Wirtschaft genießt in Deutschland nach wie vor das höchste Ansehen, ihr bringen 50 Prozent der befragten Deutschen das Vertrauen entgegen, richtig zu handeln (weltweit 63 Prozent). 46 Prozent der Befragten (weltweit 50 Prozent) vertrauen den Medien, nur jeweils 42 Prozent haben Vertrauen in Nichtregierungsorganisationen (weltweit 59 Prozent) und in die Regierung (weltweit 51 Prozent).
Letztere wird hierzulande als besonders inkompetent und unethisch handelnd wahrgenommen. Wie in der Vergangenheit wird allein die Wirtschaft als ethisch und kompetent handelnd angesehen. Fast jeder Zweite (49 Prozent) befürchtet gar, dass die Regierung wissentlich Dinge behauptet, die falsch oder grob übertrieben sind. Dasselbe denken 46 Prozent der Befragten über Wirtschaftsführer*innen sowie Medienschaffende.
Wenig Vertrauen in Innovation
Skeptisch sind die Deutschen auch im Hinblick auf neue Technologien. Künstliche Intelligenz etwa wird von 50 Prozent der Befragten abgelehnt, nur 17 Prozent begrüßen die Technologie. Ähnliches Bild bei genbasierter Medizin: 45 Prozent lehnen diese Technologie ab, 20 Prozent begrüßen sie.
Der Report zeigt, dass Menschen neuen Technologien offener gegenüberstehen, wenn sie der Meinung sind, diese würden gut gehandhabt. Das ist aktuell offenbar nicht der Fall: Mehr als dreimal so viele in Deutschland befragte Personen schätzen Innovationen als schlecht (49 Prozent) anstatt gut gemanagt ein (14 Prozent). Dieser Trend zeigt sich in Deutschland und international unabhängig von Altersgruppe, Einkommensschicht und Geschlecht.
Am ehesten trauen die Menschen der Wirtschaft (49 Prozent) zu, Innovationen in die Gesellschaft einzuführen und sicherzustellen, dass diese sicher, nützlich, zugänglich und verständlich sind. Der Regierung trauen dies nur 41 Prozent zu, NGOs 40 Prozent und den Medien lediglich 38 Prozent.
Das heißt aber nicht, dass es allein an der Wirtschaft ist, das entsprechende Verständnis für Innovation zu schaffen. 55 Prozent der in Deutschland Befragten sagen, dass sie Wirtschaftsunternehmen noch mehr Vertrauen entgegenbringen würden, technologische Innovation voranzubringen, wenn sie in Partnerschaft mit der Regierung arbeiten würden. Das ist ein Plus von 15 Punkten seit 2015.
Dialog und Aufklärung notwendig
Unternehmenslenker*innen sollen dabei nicht nur die Veränderungen in ihren Organisationen managen. Mehr als die Hälfte (59 Prozent) der Befragten in Deutschland erwarten, dass CEOs auch gesamtgesellschaftliche Auswirkungen ansprechen. So wollen 75 Prozent der Befragten in einem Angestelltenverhältnis, dass CEOs öffentlich über die beruflichen Skill-Sets der Zukunft sprechen, 66 Prozent, dass sie die aus Automation entstehenden Änderungen auf dem Job-Markt thematisieren und 63 Prozent, dass sie sich zum ethisch korrekten Nutzen von Technologie äußern.
Aus der Studie ergibt sich zudem, dass Dialog und Aufklärung notwendig sind, um die Akzeptanz neuer Technologien und Innovationen zu erhöhen. So sagen 41 Prozent der befragten Deutschen, dass Wissenschaftler nicht wissen, wie sie kommunizieren müssen. Doch gerade Forscher*innen werden als glaubwürdigste Personen wahrgenommen, insbesondere wenn es darum geht, wahrhaftig über Technologien und Innovationen zu sprechen.
Laut dem Report wird allerdings auch die wissenschaftliche Unabhängigkeit in Frage gestellt: Mehr als die Hälfte der befragten Personen in Deutschland zeigt sich besorgt darüber, dass die Wissenschaft sich politisiert habe (55 Prozent). In den USA sind es gar mehr als zwei Drittel (67 Prozent).
„Es ist essenziell, dem Vertrauen der Menschen in die Einführung und das Management von Innovation ebenso viel Aufmerksamkeit zu schenken wie der eigentlichen Forschung und Entwicklung. Und die Zahlen zeigen, dass es da auch in Deutschland noch einiges zu tun gibt. Wenn einer von zwei Menschen der Meinung ist, dass Innovationen hierzulande schlecht gemanagt werden, liegt noch ein Weg vor uns“, sagt Christiane Schulz, CEO von Edelman Deutschland.
Im Hinblick auf das Super-Wahljahr fügte Schulz hinzu: „Das Misstrauen in unser wirtschaftliches und politisches System ist groß. Die Institutionen müssen zusammenarbeiten, um dem entgegenzuwirken und den Weg für zukünftigen Fortschritt freizumachen.“
Die Studie und weitere Informationen finden Sie hier.