Digital ist nicht klimaneutral

Onlinekommunikation

Digital bedeutet nicht CO₂-frei. Der Ökostromanbieter Lichtblick aus Hamburg hat eine seiner Markenkampagnen hinsichtlich ihres CO₂-Fußabdrucks untersuchen lassen und herausgefunden, an welcher Stelle der digitalen Kampagne – von der Produktion bis hin zur Ausspielung – die meisten Emissionen anfallen.

Dazu arbeitete die Tochter des niederländischen Energieversorgers Eneco mit der Nachhaltigkeitsberatung Corsus und ihrem Partner Cozero, einer Software für CO₂-Tracking, zusammen. Gemeinsam analysierten sie die Emissionen digitaler Werbeassets, digitaler Außenwerbung über Bildschirme im öffentlichen Raum (sogenannter Digital Out-Of-Homes, DOOHs), digitaler TV-Clips sowie Plakate und Postkarten. Ergebnis: Die Kampagne kam auf einen CO₂-Fußabdruck von knapp 18 Tonnen CO₂. Der größte Teil davon entfiel auf Digital-Out-Of-Homes (rund 6,7 Tonnen CO₂).

Stromverbrauch treibt Emissionen in die Höhe

Vor allem der Energieverbrauch bestimmt bei digitalen Kampagnen die entstehenden Treibhausgasemissionen. Entscheidend ist daher die Herkunft des Stroms, ob es sich also um Strom aus regenerativen Quellen handelt. Darüber hinaus ist die Datenübertragung ein wichtiger Faktor. Der Stromverbrauch unterschiedlicher Übertragungstechnologien unterscheidet sich erheblich – je nachdem, ob ein LTE- oder ein effizienterer Glasfaseranschluss zugrunde liegt.

Auch die Art des privaten Endgeräts – ob Smartphone, Tablet, Desktop-PC, Smart-TV – ist laut der Untersuchung ein Faktor beim Co₂-Fußabdruck. Der Ressourcenverbrauch schnellt in die Höhe, wenn digitale Werbetafel eingebunden werden. Die Screens, auf denen DOOHs ausgespielt werden, benötigen laut dem Stromversorger mehr als das 500-Fache an Energie im Vergleich zu Smartphones und im Schnitt sechsmal so viel Energie wie Smart-TVs. Damit verursachen sie auch entsprechend höhere Treibhausgasemissionen.

Hinzu kommen Cloud-Dienste – hier hängen die Emissionen von der Art der Nutzung ab. Das reicht von der Bereitstellung der Infrastruktur (Rechenleistung, Datenspeicher) über ganze Plattformen (zum Beispiel virtueller Desktop) bis hin zur komplett cloudbasierten Nutzung von Software (zum Beispiel Videostreaming).

CO-Bilanz von Werbemaßnahmen besser abbilden

Der Werbemarkt in Deutschland ist nach Daten des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft rund 23 Milliarden Euro schwer. Der digitale Werbemarkt hat mittlerweile einen Anteil von 40 Prozent. „Die Nettoumsätze mit digitaler Werbung in Deutschland haben sich in den letzten acht Jahren mehr als verdreifacht. Marketing- und Kommunikationsexpert*innen sind jetzt gefragt, um die durch ihre Maßnahmen verursachten Treibhausgasemissionen zu verringern“, sagt Anja Fricke, Kommunikationsmanagerin bei Lichtblick.

Ein wichtiger Schritt könnte die CO₂-Bilanzierung von digitalen Werbemaßnahmen sein. Denn häufig werde nach analogen Kampagnenelementen wie Druckarten, Papiermengen sowie Qualität und Entsorgung gefragt. Dabei wird in der Kampagnenplanung inzwischen meist auf digitale Kanäle gesetzt. „Vielleicht führt unsere Untersuchung ja dazu, dass CO₂ pro Impression der KPI der Zukunft wird“, sagt Fricke.

Einen Vorstoß in diese Richtung unternahm bereits die Werbeindustrie im März dieses Jahres: Die Serviceplan-Tochter Mediaplus Group rief in Kooperation mit dem Klimaschutz-Spezialisten Climatepartner und neun großen Medienunternehmen – darunter die Funke-Mediengruppe, Hubert Burda Media und Ströer – eine Initiative ins Leben, die sich für klimaneutrale Werbekampagnen einsetzt. Dazu etablierte sie ein eigenes Berechnungsmodell, das Auskunft gibt über den CO₂-Fußabdruck einer Kampagne.

Ähnliches haben nun auch Lichtblick und ihr Partner Cozero entwickelt, um die CO₂-Bilanz digitaler Kampagnen künftig transparent zu machen. Den ermittelten und nicht vermeidbaren CO₂-Fußabdruck der Kampagne will das Unternehmen nun über Klimazertifikate aus dem europäischen Emissionshandel (ETS) ausgleichen.