So kommunizieren weibliche Vorstände auf Linkedin

Studie

Der LinkedIndex, mit dem Palmer Hargreaves jährlich die Kommunikation von CEOs auf Linkedin bewertet, wurde in diesem Jahr um eine Female Board Edition ergänzt. Der Anlass für den Themenschwerpunkt ist das neue Mindestbeteiligungsgebot für Vorstände mit mehr als drei Mitgliedern. Der Frauenanteil muss hier mindestens 30 Prozent betragen, was konkret bedeutet, dass diese Unternehmen bei einer Neubesetzung mindestens eine Frau in den Vorstand berufen müssen.

Palmer Hargreaves hat anhand der Postings und Accounts bei Linkedin untersucht, ob die Vorstandsfrauen anders kommunizieren als ihre männlichen Kollegen. Dafür wurden die Profile von 88 Frauen, die in den größten Unternehmen an der Deutschen Börse eine entscheidende Rolle spielen, analysiert. Sieben objektiv messbare Faktoren bilden die Grundlage der Studie: die Zahl der Follower, Beiträge, Artikel, Owner Interactions, Community Management, die Audience Activity und die Engagement Rate. Rund 600 Beiträge, 12.400 Eigeninteraktionen und 184.000 Publikumsreaktionen aus dem zweiten Quartal 2022 flossen in die Auswertung ein. Die Top 20 der Studie zeigen die kommunikationsstärksten Frauen aus den Dax-Vorständen. Ganz vorne landete Audi-Vorständin Hildegard Wortmann.

Das Fazit der Studie: Vorstandsfrauen haben zwar im Vergleich zu den überwiegend männlichen CEOs weniger Follower und eine in absoluten Zahlen kleinere Audience Activity. Sie nutzen das Business-Netzwerk aber intensiver und umfassender. Dazu gehört auch, dass sie verstärkt mit ihren Follower*innen interagieren. Das Community Management ist dadurch besser als bei der klassischen CEO-Kommunikation, auch die Engagement Rate ist höher.

Auch thematisch unterscheidet sich die Kommunikation von Frauen aus Dax-Vorständen von der CEO-Kommunikation: Die Tendenz zu menschlichen Themen wie Personal und Kulturwandel ist erkennbar. Die Studie bescheinigt den Topmanagerinnen außerdem eine in der Kommunikation enthaltende Empathie, die bei männlichen Führungskräften oft vernachlässigt wird, sowie eine natürlichere Sprache. Die Reaktionen der Community auf Postings sind folgerichtig gefühlsbetonter (Reaktionen wie Celebrate, Support, Love) als bei männlichen CEO-Profilen.

Gleichstellungsthemen oder Beiträge zur Frauenförderung finden auf den Profilen der Topmanagerinnen nur sporadisch statt. Lediglich drei Frauen (Sarena Lin von Bayer, Maria Ferraro von Siemens Energy und Melissa Di Donato von SUSE) posteten im untersuchten Zeitraum zu diesen Themen.

Reichweite ist nicht alles

In der Gesamtwertung, die aus der Auswertung der sieben Ranking-Faktoren hervorgeht, landet Hildegard Wortmann auf Platz 1. Wortmann gehörte zum Erhebungszeitraum noch zum Vorstand von Volkswagen. Inzwischen ist sie Vorständin für Vertrieb und Marketing bei der Konzerntochter Audi und Mitglied der erweiterten Konzernleitung bei Volkswagen. Sie ist dem Ranking zufolge die stärkste Kommunikatorin unter Deutschlands Vorständinnen auf Linkedin. Ihr Linkedin-Erfolg basiert auf Souveränität und Intensität. Mit rund 100.000 Follower*innen hat Wortmann die größte Community der analysierten Profile und setzt inhaltlich auf hochwertigen Markencontent und Einblicke in die Führungsphilosophie.

Top 20 Ranking LinkedIndex © Palmer Hargreaves
<sup>Top 20 Ranking LinkedIndex © Palmer Hargreaves<sup>

Sarena Lin von Bayer landet im Gesamtergebnis auf Platz 2 der kommunikationsstärksten Vorstandsfrauen. Ihr Themenschwerpunkt Personal und Strategie zeigt sich auch in den Inhalten bei Linkedin. In unterschiedlichen Formaten von Statements bis Videos bietet sie Einblick in ihren Arbeitsalltag und positioniert sich zu Themen wie New Work, Vielfalt und Leadership. Auf Platz 3 folgt Ariane Reinhart, die als Personalchefin von Continental vor allem menschliche Themen bespielt, intensiv auf Inhalte und Profile ihrer Community verlinkt und immer wieder Mitarbeitende in den Mittelpunkt ihres Contents stellt.

Neben der Gesamtwertung enthält die Studie von Palmer Hargreaves die untersuchten Faktoren auch als einzelne Rankings. So gibt es beispielsweise beim Faktor Engagement Rate Überraschungen. Die wichtige Kennzahl, die die Wirksamkeit der geposteten Inhalte wiedergibt, zeigt, dass auch Profile mit vergleichsweise wenig Followern eine hohe Interaktion auslösen können. So erzielt Chief Transformation Officer Rebecca Short von der Deutschen Bank, die auf knapp 1.300 Follower*innen kommt, mit ihren Postings eine Engagement Rate von 48,20 Prozent. Sie liegt damit bei diesem Rankingfaktor vorne. Angela Wörl, die Arbeitsdirektorin von Wacker Chemie, liegt auf Platz 3 des Einzelrankings: Fast die Hälfte (45 Prozent) ihrer lediglich rund 300 Follower*innen reagiert auf ihre Inhalte.

Überraschende Ergebnisse beim Ranking-Faktor Engagement Rate. © Palmer Hargreaves
<sup>Überraschende Ergebnisse beim Ranking Faktor Engagement Rate © Palmer Hargreaves<sup>

Bei der Auswertung zur Audience Activity landet Gesamtsiegerin Wortmann ebenfalls auf Platz 1. Überraschend auf Platz 2 landet Sabine Klauke, die Technologiechefin von Airbus. Ihre Luftfahrt-Postings stoßen auf breites Interesse und führen zu überdurchschnittlich vielen Reaktionen. Gleich zwei ihrer Postings gehören zu den drei erfolgreichsten Beiträgen im Erhebungszeitraum.

Die Studie zeigt außerdem, dass man auch mit klarer Haltung zu sensiblen Themen punkten kann: Christiana Riley, Platz 12 der kommunikationsstärksten Vorstandsfrauen im Gesamtranking und bei der Deutschen Bank für den Bereich Amerika zuständig, äußert sich regelmäßig zu sensiblen Themen wie dem Ukraine-Krieg oder der US-amerikanischen Sklaverei. Julia White (Platz 15), Chief Marketing & Solutions Officer von SAP, setzt sich vehement für Vielfalt und Gleichstellung ein. Ihr Post zur paritätischen Besetzung des SAP-Aufsichtsrats gehört zu den erfolgreichsten Beiträgen im Sample.

Über die Ergebnisse der Studie sagt Dr. Iris Heilmann, Geschäftsführerin und Inhaberin von Palmer Hargreaves: „Immer mehr Frauen wollen nicht nur Entscheiderinnen sein, sondern auch mit einem starken Profil in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Sie wollen Themen setzen, Leadership zeigen und ihre Kompetenzen ausspielen.“ Einigen gelingt das sehr gut.

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