Rechtliche Grenzen vergleichender Werbung

Recht

Wie ist vergleichende Werbung ­definiert?
Vergleichende Werbung nach § 6 Abs.1 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) setzt voraus, dass ein Mitbewerber unmittelbar oder mittelbar erkennbar gemacht wird oder diese Kenntlichmachung für die Produkte (Waren, Dienstleistungen) des Mitbewerbers erfolgt. Dabei reicht das Erkennbar-Machen allein nicht aus, vielmehr ist zwingend erforderlich, dass der erkennbar gemachte Mitbewerber oder dessen Produkte mit dem eigenen Produkt verglichen werden. Dies geschieht in der Regel, indem auf die Unterschiede beider Produkte oder Anbieter eingegangen wird und die Vorteile des eigenen Produkts hervorgehoben werden.

War vergleichende Werbung in Deutschland nicht verboten?
In den vergangenen Jahren (vor allem seit 2000) wird das Thema der vergleichenden Werbung nicht nur bezüglich internationaler Großkonzerne und deren werbetechnischer Auseinandersetzungen („Cola-Krieg“), sondern auch für deutsche Unternehmen immer relevanter. Denn am 1. September 2000 wurde die Richtlinie 97/55/EG in deutsches Recht umgesetzt (namentlich im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, heute in § 6 UWG), wodurch die vorher in Deutschland verbotene vergleichende Werbung in gewissen Grenzen zulässig wurde. 

Welche Risiken birgt die ­vergleichende Werbung?
Die rechtlichen Grenzen der zulässigen vergleichenden Werbung sind sehr genau gefasst, dennoch kann es leicht zu ihrem Überschreiten kommen, sodass rechtliche Auseinandersetzungen sehr häufig sind. Dies gilt nicht zuletzt deshalb, weil viele betroffene Unternehmen einen Wettbewerbsnachteil durch vergleichende Werbung fürchten und daher rechtliche Schritte gegen Konkurrenten einleiten. In manchen Fällen nehmen werbende Unternehmen, die sich vergleichender Werbung bedienen, dieses Risiko sogar bewusst in Kauf, um gerade durch den Prozess und dessen Veröffentlichung (etwa von Preisen, die in der vergleichenden Werbung mit denen eines teureren Konkurrenten gegenübergestellt werden) weitere Werbeeffekte zu erlangen. 

Wann ist vergleichende Werbung verboten?
Nach § 6 Abs. 2 gilt:
2) Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich
1. sich nicht auf Waren oder Dienst­leistungen für den gleichen Bedarf oder ­dieselbe Zweckbestimmung bezieht. 

Dieselbe Zweckbestimmung
Zwar müssen die beiden miteinander verglichenen Produkte nicht zweckidentisch sein, allerdings sollten sie in der Regel dasselbe Kundeninteresse bedienen. So würde ein Vergleich eines Smartphones mit einem nicht internettauglichen Mobiltelefon eines Konkurrenten unlauter sein, denn der Käufer eines normalen Mobiltelefons erwartet nur die Telefon- und Nachrichtenfunktion, während das Smartphone vor allem durch Internetzugang und die Nutzung von Apps ins Gewicht fällt.

Nachprüfbarkeit wesentlicher Eigenschaften
Unlauter ist nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 auch ein Vergleich, der nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist. Eine Eigenschaft muss zwingend ein Merkmal des Produkts selbst sein, unzulässig wäre daher der Verweis auf die Herstellungskosten des Konkurrenzprodukts. Die Eigenschaft muss „wesentlich“ und „relevant“ sein, das heißt, der Durchschnittskunde würde seine Kaufentscheidung zumindest auch auf ­diese Eigenschaft stützen. 

Die Nachprüfbarkeit setzt voraus, dass es sich nicht um Angaben handelt, die im Verborgenen gehalten werden oder nicht in standardisierten Maßeinheiten angegeben werden. Wichtig ist zudem, dass die Aussage einen so genannten Tatsachenkern enthält, da Werturteile („Das Getränk schmeckt schlecht“) nicht nachprüfbar sind. 

Verwechslungsgefahr
Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 UWG darf ein Vergleich nicht zu einer Verwechslungsgefahr der beiden Produkte führen. In der Praxis ist die Verwechslungsgefahr durch Benutzung von Adjektiven wie „ähnlich“, „nicht gleich“ et ­cetera relativ leicht auszuschließen. 

Ausnutzen des Rufs eines ­Mitbewerbers
Zudem darf die vergleichende Werbung nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG keinesfalls den Ruf oder ein Kennzeichen eines Mitbewerbers unlauter ausnutzen. Der Werbende soll nicht den (unter Umständen jahrelang aufgebauten) Geschäftserfolg und daraus folgenden guten Ruf des Konkurrenten ausnutzen dürfen, um sein Produkt zu bewerben. Hier ist immer im Einzelfall zu entscheiden, wobei die rechtliche Bewertung mitunter äußerst schwierig sein kann.

Verbot der Rufbeeinträchtigung
§ 6 Abs. 2 Nr. 5 verbietet die Rufbeeinträchtigung im Rahmen der vergleichenden Werbung. Dazu muss der Ruf des Mitbewerbers verunglimpft, das heißt negativ beeinflusst, werden. Es genügt nicht, dass die Unterscheidungskraft eines vom Mitbewerber verwendeten Produkts verwässert wird, solange keine Verwechslungsgefahr besteht. 

Imitationen und Nachahmungen
§ 6 Abs. 2 Nr. 6 verbietet schließlich, das eigene Produkt derart vergleichend zu bewerben, dass es als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung erscheint. Hier geht es darum, dass der Werbende wiederum nicht den Ruf des Mitbewerbers ausnutzt, indem er direkt oder indirekt in einer vergleichenden Werbung erklärt, dass sein Produkt eine Imitation oder Nachahmung des Produkts des Mitbewerbers ist.

Merkzettel für Unternehmen:
• Grundsätzlich muss man die vergleichende Werbeaussage nachprüfen können, sie muss wahr sein und darf den Empfänger nicht in die Irre führen. Dann ist es völlig legitim und zulässig, die Vorteile des eigenen Produkts im Vergleich zum Konkurrenzprodukt ­vergleichend hervorzuheben.

• Ebenso zulässig ist es, innerhalb dieser Grenzen die Marke oder den Namen des Konkurrenzprodukts ausdrücklich zu nennen, dies stellt sogar das Musterbeispiel der „unmittelbaren“ Kenntlichmachung des Vergleichsprodukts dar. Die Zeiten, in denen in Deutschland im Falle vergleichender Werbung die Konkurrenzmarke unkenntlich gemacht werden musste, sind somit vorbei.

• Mittelständischen Unternehmen ist wegen des großen Abmahn- und Prozessrisikos vergleichender Werbung zu äußers­ter Vorsicht bei ihrem Einsatz zu raten.

• Die Werbeeffekte, die ein Prozess möglicherweise nach sich ziehen kann, können für mittelständische Unternehmen kaum als Argument für den Einsatz vergleichender Werbung sprechen, zumal die mit einem Abmahn- und ggf. gerichtlichen Verfahren verbundenen Kosten erheblich sein können.

• Grundsätzlich sollte vergleichende Werbung vor ihrer Veröffentlichung rechtlich geprüft werden, wobei sich der Umfang der Prüfung nach der Bedeutung und dem Ausmaß der geplanten Werbung richten sollte.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Streit. Das Heft können Sie hier bestellen.

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