Recherche: Das Erfolgsrezept für gute Texte

Journalismus

In meinem Kolumnenbeitrag über die Wahl der richtigen Werkzeuge für eine erfolgreiche PR (Sie erinnern sich an das Brotmesser und den Polsterstoff?) hatte ich angekündigt, dass ich das Thema anständige Recherche nochmals vertiefen möchte. Denn wie geschrieben steckt der Löwenanteil des Zeitaufwands bei fast allen PR-Maßnahmen in der Vorbereitung, und dazu gehört nun einmal die Recherche.

Auf das Thema wurde ich selbst wieder aufmerksam, als ich neulich etwas über die Entstehung des preisgekrönten Zeit-Beitrags „Gruß aus der Küche“ gelesen habe. Die beiden Autorinnen Maria Christoph und Nora Voit hatten über den harten Umgang in der Spitzengastronomie berichtet und dafür – so schreibt das Fachmagazin journalist – anderthalb Jahre recherchiert.

Anderthalb Jahre Recherche? Was für ein Aufwand und zugleich finanzielles Risiko. Doch das Ergebnis war vielbeachtet und wie gesagt preisgekrönt: Axel-Springer-Preis, Helmut-Schmidt-Journalistenpreis, deutscher Journalistenpreis, Nominierung für den Theodor-Wolff-Preis etc. Die Mühe hat sich gelohnt (auch finanziell, denn der Aufwand musste ja refinanziert werden) und zeigt vor allem eins: Recherche ist und bleibt wichtig!

Wie groß ist der Aufwand für die Recherche?

Wie viel Aufwand ist nötig für einen Zeitungsbeitrag, einen Blog-Beitrag, eine Pressemitteilung, Rede oder den Text für eine Website? Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Es hängt von der Textgattung und logischerweise von der Textlänge ab, mitunter auch vom Abstimmungsbedarf mit dem Auftraggeber oder dem Redner bzw. der Rednerin, für die ich schreibe. Ganz grundsätzlich darf aber gelten: der Rechercheaufwand sollte nie zu gering angesetzt und vor allem nicht zu gering geschätzt werden.

Denn ohne eine gute Recherche bleiben Textbeiträge an der Oberfläche. Mitunter fehlt der entscheidende Trigger-Punkt, um die Leserschaft oder ein Publikum anzusprechen. Oder es passieren inhaltliche Fehler, zum Beispiel wenn eine nicht als Fake erkannte Behauptung oder ein Zitat rasch übernommen wird statt es zu überprüfen.

Recherche macht einen Text schmackhaft und belastbar

Die Recherche liefert das Futter für den Text und die Rezipienten; die Zutaten für das gesamte Menü. Fehlt eine Zutat, wird das Ergebnis fad oder erhält einen seltsamen Beigeschmack. Oder er bekommt einem gar nicht. Dann nämlich, wenn die verwendeten Inhalte schlichtweg falsch sind oder keine Relevanz zu den Lesern haben. Daraus ergibt sich: Jede Recherche hat drei Aufgaben:

  • Mit Hilfe von Fragen (ich benutze gerne die journalistischen W-Fragen) Informationen sammeln
  • Das, was ich später schreibe, überprüfen und belastbar machen
  • Herausfinden, was die Empfänger anspricht und für sie wichtig ist

Recherche als erster Teil des Texte-Schreibens ist also wichtig, hilfreich für die weitere Arbeit und entscheidend für die Vermittlung der eigentlichen Botschaft, das kann man nicht einfach wegkürzen. Trotzdem höre ich immer wieder von Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Seminaren und Schulungen, dass zum Beispiel in der Unternehmenskommunikation oder Verbandskommunikation der Aufwand für eine qualifizierte Recherche nicht gern gesehen werde. Das sei ja quasi nur Vor-sich-hin-wurschteln ohne sichtbares oder fassbares Ergebnis. Welch ein Irrtum! Das Ergebnis ist die fertige Mahlzeit. Und die wird nix, wenn ich nicht die Zutaten sorgfältig auswähle.

Recherche ist das Fundament

Anders gesagt: Ja, ich kann natürlich auf die Recherche verzichten – es ergibt aber keinen Sinn. Denn was ich an Zeit bei der Recherche spare, brauche ich später umso mehr, um aus meinem ersten Textfragment einen wirklich brauchbaren, informativen und gut lesbaren Text zu machen, der einem nicht beim ersten Gegencheck mangels Qualität auf die Füße fällt oder um die Ohren gehauen wird.

Recherche ist das Fundament journalistischer Arbeit oder überhaupt jeder ernst gemeinten Kommunikation (dazu zählt auch die Kommentierung!). Erst die Recherche liefert qualifizierte Inhalte und Wissen und damit die Basis für Wertschätzung und Ansehen – und manchmal auch für tolle Auszeichnungen.

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