Fünf Trends für PR-Verantwortliche

„Communications Trend Radar“

Mit welchen Entwicklungen sollten sich Kommunikationsverantwortliche befassen? Auflistungen und Prognosen zu Trends gibt es viele. Ein Forschungsteam der Universitäten Potsdam und Leipzig nähert sich der Frage aus wissenschaftlicher Sicht. Für die jährlich erscheinende Studie „Communications Trend Radar“, die von der Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung und Kommunikation herausgegeben wird, analysieren die Forschenden eigenen Angaben zufolge Hunderte von wissenschaftlichen Artikeln, Konferenzbeiträgen, Reports und Online-Publikationen. Anschließend arbeiten sie relevante Trends für die Unternehmenskommunikation aus den Bereichen Gesellschaft, Management und Technologie heraus. Für dieses Jahr identifiziert die kürzlich erschienene vierte Ausgabe der Studie fünf Trends.

1. „Information Inflation“: Informationen sind weniger wert

Inhalte in Echtzeit und zu geringeren Kosten zu generieren und zu verbreiten, ist immer einfacher möglich. Die Folge: Eine Flut an Content. „Paradoxerweise sinkt dadurch der Wert von Informationen: Es wird zunehmend anspruchsvoller, aus der Vielzahl von Quellen, Plattformen und Datenströmen relevante Informationen zu filtern“, erklärt Ansgar Zerfaß, Professor für Strategische Kommunikation an der Universität Leipzig. Das Überangebot erfordere für alle Beteiligten einen höheren Aufwand. Die Herausforderung: sich hervorzuheben und wertvolle Inhalte an die Öffentlichkeit zu bringen. Auch wird es laut den Studienautor*innen immer schwieriger, vertrauenswürdige Daten und echte Meinungen von Stakeholdern zu identifizieren. Denn auch Monitoring- und Umfrage-Dienstleister würden immer mehr Daten anbieten.

Das sollten Kommunikationsverantwortliche tun:
In digitale Technologien und Strategien zu investieren, könnte den entscheidenden Unterschied zu Wettbewerbern ausmachen.

2. „AI Literacy“: KI-Kompetenzen aufbauen

Verschiedene kognitive, affektive und soziokulturelle Fähigkeiten sind den Forschenden zufolge notwendig, um effektiv und verantwortungsvoll mit KI-basierten Technologien zusammenzuarbeiten, sowohl im Alltag als auch bei der Kommunikationsarbeit. Dazu gehörten etwa Wissen über maschinelles Lernen, die Befähigung zum selbstsicheren Umgang in der digitalen Welt sowie ein Bewusstsein für ethische Fragestellungen. „Im Gegensatz zu vielen anderen Technologien verfügen KI-basierte Systeme über ein höheres Maß an Autonomie und basieren auf verschiedensten Datenquellen. Das eröffnet neue technologische Möglichkeiten“, erklärt Stefan Stieglitz, Professor für Wirtschaftsinformatik und Digitale Transformation an der Universität Potsdam. Es werde aber auch schwieriger zu verstehen, wie KI funktioniere und wie Ergebnisse zu interpretieren seien. So werden neue Kompetenzen auf allen Ebenen und für alle Rollen benötigt, die an den Kommunikationsprozessen beteiligt sind.

Das sollten Kommunikationsverantwortliche tun:
Kommunikationsverantwortliche sollten sich über die eigenen KI-Kompetenzen als auch den Fähigkeiten des Teams, weiterer Unternehmensmitglieder inklusive des Top-Managements und ihrer Zielgruppen klar werden und diese strategisch weiterentwickeln. Auch sollten sie aktiv auf Fragen, Bedürfnisse und Bedenken interner und externer Stakeholder in Bezug auf KI-gesteuerte Kommunikationspraktiken eingehen.

3. „Workforce Shift“: Die Belegschaft ändert sich

Arbeitskräftemangel, Migration und Automatisierung stehen beispielhaft für soziale, technologische und wirtschaftliche Veränderungen, die sich signifikant auf die Belegschaft auswirken. Auch der demografische Wandel und die steigenden Ansprüche an Arbeitsumgebungen, wie zum Beispiel Work-Life-Balance, Diversität, Inklusion und zweckorientierte Arbeit, zählen dazu. Solche Veränderungen haben Auswirkungen darauf, wie zusammengearbeitet wird und welche Qualifikationen, Kompetenzen und Wissen im Team vorliegen.

Das sollten Kommunikationsverantwortliche tun:
Die Forschenden raten, dass Kommunikationsabteilungen den Wandel in ihren eigenen Teams frühzeitig begleiten. Dazu gehöre, die bestehenden Arbeitsrollen, Praktiken, die Teamkultur und die Kompetenzen zu analysieren sowie das Wissensmanagement an die neuen Anforderungen anzupassen. Ebenso sollten die Verfügbarkeit und Qualität von Agenturen, Dienstleistern sowie kompetenter Kontakte bei Massenmedien und anderen Stakeholdern auf den Prüfstand gestellt werden. Denn auch diese werden sich verändern.

4. „Content Integrity“: Echte Daten erkennen und schützen

Entwicklungen im Bereich synthetischer Medien und insbesondere KI erhöhen die Anzahl manipulierter Inhalte, die mitunter sehr real wirken. Dies macht es immer schwieriger, wenn nicht sogar unmöglich, die Echtheit von Medien und deren Quellen zu verifizieren. Manipulierte Inhalte können das Vertrauen in ein Unternehmen maßgeblich beeinträchtigen. Laut Studienautor*innen kann Medienforensik ein Teil der Lösung sein, um Änderungen, Deepfakes oder Manipulationen aufzudecken, aber auch um Content des eigenen Unternehmens zu schützen. So könnten beispielsweise digitale Wasserzeichen genutzt werden, um Inhalte zu authentifizieren.

Das sollten Kommunikationsverantwortliche tun:
Unternehmen sollten Sicherheitsvorkehrungen treffen – einerseits verwendete Informationen genau prüfen und andererseits die eigenen Daten und Inhalte authentifizieren. Zudem ist es laut Forscherteam wichtig, sich auf verschiedene Bedrohungsszenarien vorzubereiten. Dazu gehöre auch, die Bedenken und Erwartungen von Stakeholdern ernst zu nehmen, die sich aufgrund der zunehmenden Menge an gefälschten Daten und Inhalten ergeben.

5. „Decoding Humans“: Die Entschlüsselung des Menschen

Zu den Entwicklungen, die laut Studie derzeit intensiv vorangetrieben werden, gehören Neurotechnologien: Technologien, die eine direkte Verbindung zum menschlichen Nervensystem ermöglichen. Durch Brain-Computer-Interfaces sei es bereits jetzt möglich, mit den eigenen Gedanken Computer oder andere Geräte zu steuern. Dazu dienten biometrische Wearables, beispielsweise mit Sensoren ausgestattete Kopfhörer, die physiologische Daten wie Gehirnströme in Echtzeit erfassen und mit künstlicher Intelligenz interpretieren. Ansgar Zerfaß erläutert: „Diese Technologien können Einblicke in menschliche Gedanken und Gefühle geben. Sie können kognitive und emotionale Zustände aufzeichnen, sie interpretieren, darauf reagieren und diese sogar verändern.“

Sinkende Kosten und verbesserte Genauigkeit sorgen laut Studie für ein schnelles Wachstum kommerzieller Lösungen bei Verbraucher- und Freizeitanwendungen. Dies eröffne Möglichkeiten für die Unternehmenskommunikation: Denkbare Anwendungen könnten die Erfolgsmessung von Messaging-Aktivitäten oder die Bereitstellung personalisierter Inhalte in Echtzeit sein.

Das sollten Kommunikationsverantwortliche tun:
Im strategischen Management und im Marketing bereits diskutiert, sollten Kommunikationsverantwortliche die Innovationen aufmerksam verfolgen und potenzielle Anwendungsfälle untersuchen. Gleichzeitig sei es wichtig, die Auswirkungen dieser Technologien auf die Reputation sowie die rechtlichen und ethischen Implikationen zu bedenken.

Über die Studie

Der „Communications Trend Radar“ wird jährlich von den Universitäten Potsdam und Leipzig erarbeitet. Das Forschungsteam geht interdisziplinär vor und wertet dafür Publikationen und Beiträge aus Wissenschaft und Praxis aus. Die Studienreihe wird organisiert von der Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung und Kommunikation, einem Think-Tank für strategische Kommunikation mit Sitz in Leipzig. Die Initiative verfolgt eigenen Angaben zufolge das Ziel, die Arbeit von Kommunikationsabteilungen durch unabhängige, wissenschaftlich fundierte Studien zu unterstützen und einen engen Erfahrungsaustausch zwischen Forschung und Praxis aufzubauen.

Weitere Artikel