Dass Linkedin ein Netzwerk ist, das zu einem großen Teil der Selbstvermarktung dient, ist regelmäßigen Nutzer*innen längst aufgefallen. Influencerinnen und Influencer aus der Geschäftswelt, die die Plattform für bezahlte und gekennzeichnete Werbung nutzen, spielen dagegen bisher eine untergeordnete Rolle. Das könnte sich bald ändern.
Das „Manager Magazin“ veröffentlichte kürzlich einen Artikel darüber, wie Linkedin „für die Selbstdarsteller der Wirtschaft zur Goldquelle“ wird. Mit Selbstdarsteller gemeint sind vor allem Personen aus der Start-up-Welt: Investor und TV-Juror Frank Thelen, Lea-Sophie Cramer, die mal einen Erotikversand gegründet hat, und Johannes Kliesch, Gründer von Snocks. Hierbei handelt es sich um ein E-Commerce-Unternehmen, das Socken, Boxershorts und Unterhemden vertreibt. Kliesch hat mehr als 63.000 Follower auf Linkedin. Sein Account dient eindeutig Marketingzwecken.
Bei ihm finden sich einige Postings, die mit „Anzeige“ versehen sind. Diese rechtliche Vorgabe, bezahlte Influencer-Werbung kenntlich zu machen, gilt natürlich nicht nur für Instagram, sondern für alle Plattformen. Beispielsweise beklatscht Kliesch das Finanzunternehmen Moss und wirbt für eine Weiterbildung der OMR Academy. Diese fällt unter die Dachmarke OMR Education und veranstaltet Online-Weiterbildungen zu Themen rund ums Marketing. Bekannt ist OMR vor allem aufgrund des Festivals in Hamburg.
Rolf Hermann, Head of OMR Education, erklärt auf KOM-Anfrage, dass Kliesch „in Form von Ad Rolls in seinem Podcast und Linkedin-Posts über einen längeren Zeitraum für OMR Education“ werbe. Ein Post im Monat setze Kliesch ab. „Unser Deal ist eine klassische Influencer-Kooperation, die vergütet wird. Es wird nichts gebartert beziehungsweise mit anderen Leistungen verrechnet“, betont Hermann.
Für OMR ist der Einsatz von Influencern auf Linkedin etwas Neues. „Die Zusammenarbeit mit Johannes ist für uns ein Pilotprojekt, um das Thema Influencer Marketing via Linkedin zu testen“, so Hermann. Man wolle von den Erfahrungen profitieren, um sie in den eigenen Education-Produkten zu nutzen. Langfristig sieht OMR Education viel Potenzial in dieser Art von Werbung.
Dass bezahlte Influencer-B2B-Kooperationen mehr werden, ist eine logische Entwicklung. Linkedin ist längst kein reines Kontaktnetzwerk mehr, sondern eine Werbeplattform für den eigenen Arbeitgeber, andere Personen und am meisten für einen selbst. Allein 59 Millionen Unternehmen sind Linkedin zufolge auf der Plattform registriert. Dazu kommen weltweit 850 Millionen User. Ein spezieller Faktor ist die Netzwerkstruktur. Viele Personen kooperieren beruflich miteinander, kennen sich zusätzlich noch privat und adressieren ähnliche Zielgruppen. Sich gegenseitig für Werbeaktivitäten zu verpflichten, würde deshalb Sinn machen und ist einfach umzusetzen. Genauso wie Barter-Deals. Man verrechnet dann zum Beispiel Vorträge mit Postings oder wirbt gegenseitig für Produkte und Unternehmen.
Kennzeichnung als “Anzeige“
Gegen die Nutzerrichtlinien von Linkedin verstoßen bezahlte Posts nicht, solange die Absender die gesetzlichen Kennzeichnungspflichten beachten. Im Normalfall heißt das, am Anfang eines Beitrags muss „Anzeige“ stehen. So handhabt es Johannes Kliesch. Oder auch Frank Thelen, der mit dem Lichtspezialisten Heavn kooperierte und für diesen postete. Finanziell ist die Werbung offenbar lukrativ. Pro Beitrag soll Kliesch inzwischen bis zu 15.000 Euro erhalten, schreibt das „Manager Magazin“. Seine Presseverantwortliche weist auf Nachfrage darauf hin, dass sich dieses Honorar auch auf andere Kommunikationskanäle als Linkedin beziehe. Die Preise dürften sich wie bei anderen Plattformen aus Kriterien wie Reichweite, Engagement und Interaktivität ergeben. Linkedin bietet den Vorteil, dass dort viele qualifizierte Kontakte mit einem echten Profil angemeldet sind.
Wie steht Linkedin zu Influencer-Werbung? In den Nutzungsbedingungen gibt es eine Vorgabe, keine illegalen oder gefährlichen Waren oder Dienstleistungen zu bewerben, zu verkaufen oder zu kaufen zu versuchen. Lotterien, Wettbewerbe, Gewinnspiele oder Werbegeschenke darf man nicht anbieten. Ansonsten erwartet das Unternehmen vor allem eine klare Kennzeichnung und scheint sich über möglichst viel Aktivität zu freuen. „Es ist erfreulich zu sehen, wie unsere Mitglieder täglich über unsere Plattform Kontakte knüpfen, eine Gemeinschaft aufbauen und neue berufliche Möglichkeiten finden“, lautet die etwas kryptische Antwort auf eine Anfrage. Übersetzt bedeutet das wohl: Wenn Personen auf Linkedin mit Werbung Geld verdienen, soll uns das nur recht sein.
Warum auch nicht? Mehr plumpe Marketingbotschaften als in ihren unbezahlten Postings könnten einige Userinnen und User in ihren bezahlten Beiträgen sowieso kaum von sich geben. Vielleicht sollte man die Kennzeichnungen „Eigenwerbung“ oder „Dauerwerbesendung“ einführen.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe #Influencer. Das Heft können Sie hier bestellen.