„Der Trend geht zu einer stärkeren Kooperation“

B2B-Kommunikation

Im Business-to-Business-Geschäft werden Kaufentscheidungen oft gefällt, bevor der Anbieter kontaktiert wird. Bei Siemens Smart Infrastructure, einer Geschäftseinheit des Münchner Technologiekonzerns, arbeiten deshalb Unternehmenskommunikation und Marketing Hand in Hand. Wie das aussieht und wie Konflikte vermieden werden, berichtet Stephan Volmer, Head of Campaigns in der Unternehmenskommunikation bei Siemens Smart Infrastructure.

Herr Volmer, Siemens Smart Infrastructure bietet intelligente Gebäudetechnik und Energielösungen an. Wer sind Ihre Zielgruppen?

Stephan Volmer: Die Daten in der Infrastruktur sicht- und nutzbar zu machen ist unser Ziel. Wir reden hier vom Internet der Dinge (IoT), Künstlicher Intelligenz et cetera. Siemens hat sich zu einem IT-Unternehmen entwickelt. Und genau das wollen wir unseren Zielgruppen vermitteln. Allen voran unseren 70.000 Mitarbeiter*innen weltweit, die den Wandel ja erst ermöglichen. Auf der Kundenseite sind das Stromerzeuger, Netzbetreiber, die fertigende Industrie, Gebäudenutzer und -betreiber und viele mehr. Auch Städte und kommunale Einrichtungen, die sich viel von intelligenter Infrastruktur versprechen. Und natürlich sind wir in einem engen Austausch mit Forschung und Politik.

Welche Kanäle nutzen Sie für die Ansprache?

Vor allem drei Kanäle möchte ich nennen. Erstens, virtuelle Veranstaltungen – in den letzten Monaten ist die Anzahl an Webinaren, Online-Produktpräsentationen et cetera explodiert. Wir nehmen an, dass hybride Veranstaltungen zum Standard werden, die die Effizienz des Virtuellen mit der Effektivität des Persönlichen verbinden. Zweitens, unser Web-Angebot, denn eine Kaufentscheidung wird im B2B-Bereich heute größtenteils gefällt, bevor überhaupt ein*e Verkäufer*in kontaktiert wird, und zwar vor allem durch Online-Recherche. Und drittens, die gute, alte E-Mail: Wir überlegen uns, welche Themen unsere Kund*innen bewegen, und erstellen dann gezielte, teils automatisierte Kampagnen, bei der jede*r nur solche Inhalte erhält, die relevant sind.

Das klingt nach einem Marketing- und Sales-getriebenen Ansatz.

Bei uns fährt die Kommunikation genauso Lead-Generation-Kampagnen wie das Marketing, nur mit unterschiedlichen, eher geschäftsübergreifenden Inhalten. Das können thematische Kampagnen sein, aber auch solche, die auf vertikale Märkte zugeschnitten sind. Aber auch dort arbeiten wir eng mit dem Marketing zusammen. Entscheidend ist der Fokus auf unsere Kund*innen. Sie erwarten eine ordentliche Unterstützung im Entscheidungsprozess. Wenn wir das schaffen, ist es nicht so wichtig, welcher Abteilungsname darüber steht.

Content Marketing ist der Schlüsselbegriff. Warum sind Sie als PR-Profi von dem Konzept überzeugt?

Weil es auf die Relevanz unseres inhaltlichen Angebots ankommt. Klingt erstmal abgedroschen. Aber wo das nächste Angebot nun mal nur einen Klick entfernt ist, landet alles, was nicht weiterhilft oder gar als manipulierend wahrgenommen wird, auf dem digitalen Müllhaufen. Klar, hübsch verpackt und einfach konsumierbar muss es auch sein. Entscheidend ist aber, ob die Information der Interessentin oder dem Interessenten im Kaufentscheidungsprozess weiterhilft.

Wie sieht das konkret aus?

Für uns heißt das: Die richtige Information an der richtigen Stelle im Entscheidungsprozess anbieten. Das beginnt mit der Marke und der Wahrnehmung unseres Angebots und geht bis zum Verkauf und zur Weiterempfehlung durch unsere Kund*innen. Letzteres ist natürlich die Kür – aber es funktioniert. Wir erleben, dass viele Kund*innen sich nach Projektabschluss freuen, in Case Studies aufzutreten, die wir zum Teil recht aufwändig produzieren. Andere sehr nachgefragte Entscheidungshilfen sind – neben produktnahen Infos – Whitepaper oder Erklärvideos. Guter Content eben, der weiterhilft und am besten auch Spaß macht.

Und wo trennen Sie die Zuständigkeiten?

Bezogen auf Content Marketing kümmert sich die Kommunikation eher um thematische Kampagnen, etwa zu Energiesicherheit oder Cybersecurity, während das Marketing näher an den technischen Bedürfnissen unserer Kund*innen und dem Produktportfolio ist. Aber hier eine immer gültige Trennlinie zu finden, ist zunehmend schwierig.

Das heißt, Kommunikation und Marketing arbeiten Hand in Hand.

Ja. Wir müssen das Online-Angebot und die Kampagnen integriert erstellen, weil der Kunde sich zuerst im Web informiert. Und wie ein Kunde das Unternehmen wahrnimmt, muss entlang der Customer Journey gedacht werden, möglichst ohne große Brüche, quer durch alle Kanäle und Kampagnen. Idealerweise ist das eine nahtlose Verbindung zwischen Marke, Awareness, dem Lösungsangebot und der Möglichkeit, online zu kaufen oder dem Vertrieb mit qualifizierten Leads Türen zu öffnen. Wir wollen damit sicherstellen, dass unser Produktangebot flankiert wird von breiteren Themen, die unsere Innovationskraft, Verlässlichkeit und andere Markenwerte transportieren. Das muss auch andersrum funktionieren. Die große Mehrheit der Menschen, die unsere Webseiten besuchen, sind interessiert an konkreten Produkten. Also bieten wir zunehmend auch dort Links zu übergeordneten Themen an. Bei all dem arbeiten Kommunikation, Marketing und Vertrieb eng zusammen.

Gibt es da nicht auch Konflikte?

Natürlich gibt es auch mal Zielkonflikte. Für den Austausch von Kommunikation und Marketing haben wir eigens Squads gebildet. Außerdem haben wir gerade eine Community quer über Kommunikation, Marketing und Sales ins Leben gerufen, die einen kontinuierlichen Austausch sicherstellt und ermöglicht, dass alle Business Units bei Smart Infrastructure untereinander Synergien finden und voneinander lernen können. Denn Kampagnenmanagement ist zunehmend komplex und benötigt oft zusätzliche Fähigkeiten und Ressourcen. Wo diese langfristig beheimatet sind, ob in Kommunikation, Marketing oder Vertrieb oder wo auch immer, wird sich erst noch finden. Die Diskussion ist nicht neu. Aber klar ist: In einer digitalen Welt geht der Trend zu einer immer stärkeren Kooperation.


Was gutes Content Marketing ausmacht, erklärt Stephan Volmer in seinem Vortrag auf dem Kommunikationskongress am 2. September 2021. Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie hier.