Am vergangenen Dienstag, 7. Juli, kündigten die Republik Österreich und das Land Bayern die Beilegung des erbitterten Milliarden Streits um das Erbe der Hypo Alpe Adria Bank an. Die Alpenrepublik will 1,23 Milliarden Euro nach München überweisen, was etwa der Hälfte der ausstehenden Forderungen entspricht. Im Gegenzug sollen alle anhängigen Gerichtsverfahren zwischen Österreich und der Bayerischen Landesbank eingestellt werden. Damit kommt ein erbitterter wirtschaftspolitischer Streit zu einem Ende, der das Verhältnis der beiden Länder lange belastet hat. Das ist ein Sieg der politischen Vernunft – und nicht zuletzt das Ergebnis konsequenter Kommunikationsarbeit.
Lange Zeit erschien ein Kompromiss allerdings unmöglich. Die BayernLB, die mehrheitlich dem Freistaat gehört, hatte die Hypo Alpe Adria 2007 gekauft und die marode Bank zweieinhalb Jahre später in einer Notaktion an den österreichischen Staat zurückgegeben. Seitdem überziehen sich beide Seiten mit Klagen über die Lastenverteilung für das Debakel. Der Flurschaden, den der Finanzskandal angerichtet hat, ist gewaltig. Die BayernLB verlor allein in dieser Sache mindestens 3,7 Milliarden Euro. Sowohl der Freistaat als auch das Land Kärnten drohten, aufgrund der Kredite und Milliardenbürgschaften, in finanzielle Schieflage zu kommen. Das Bankmanagement wurde ausgetauscht und auch Teile des CSU Establishments mussten 2010 gehen. Auf das Thema Hypo Alpe Adria war man in Bayern schlecht zu sprechen.
“I want my money back”
Als im Dezember 2012 die Hypo Alpe Adria ankündigte, weitere Kreditrückzahlungen in Höhe von 2,6 Milliarden Euro nicht mehr leisten zu können, standen die Zeichen zwischen den beiden Ländern auf Sturm. Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) ließ sich martialisch mit Margaret Thatchers Ausspruch “I want my money back” zitieren, drohte gar mit Verzug und Pfändung. Prompt kam es auch in Österreich zu verbalen Entgleisungen. „Shut up, Mister Söder!”, schimpfte Stefan Petzner, damaliger Landesparteichef der rechtspopulistischen Partei Bündnis Zukunft Österreich, zurück, „Warum sollen wir kriminellen Bayern, die eine Bank durch milliardenschweren Kapitalentzug bewusst in die Pleite geschickt haben, noch Geld zahlen?“
Während das Klima in der Politik zunehmend eisig wurde, gingen die Bankinstitute eher besonnen mit der Krise um. Ganze Stäbe waren inzwischen mit der forensischen Analyse und Bewertung der Vergangenheit beschäftigt. Als sich in der Folge die Gerichte in Wien, Klagenfurt und München mit dem Fall zu befassen begannen, drohte der Streit für die Öffentlichkeit vollends unverständlich zu werden. Das neue Management auf beiden Seiten durfte zwar keine juristischen Optionen verspielen, sorgte aber für Transparenz. Die Kommunikationsabteilungen überließen die Kommunikation nicht den Juristen und stiegen konsequent in den Dialog mit Medien und Politik ein. Jeder Prozesstag wurde zur Aufklärung genutzt. Zahllose One-on-Ones und Hintergrundgespräche mit Politik und Medien brachten mühsam Licht in die äußerst komplexen juristischen und bilanziellen Fragestellungen. Schritt für Schritt gelang es auf dem Weg, die Berichterstattung zu objektivieren und die Emotionen aus der öffentlichen Diskussion zu nehmen. Die Öffentlichkeit begann zu verstehen, dass es eine einfache Antwort auf die Schuldfrage kaum geben wird. Der Ton wurde spürbar entspannter.
Litigation-PR schafft ein Klima für Kompromisse
Das ebnete schließlich den Weg für einen politischen Kompromiss. Inzwischen zieht man einen milliardenschweren Kompromiss vor, statt auf das Ergebnis jahrelanger Gerichtsprozesse zu hoffen. „Die Zeit ist reif für einen Vergleich“, sagte der bayerische Finanzminister Markus Söder nun am Dienstag bei einer Pressekonferenz in München. Zwar wird er weitere Verluste abschreiben müssen. Für die Bayern endet damit aber auch ein Dauerstreit, der eine Wiederwahl gefährden könnte und der für die Neuausrichtung der BayernLB schon längst zum Klotz am Bein geworden ist. Auch Österreich profitiert, denn der Schaden fällt geringer aus, als erwartet, zumal die Republik wohl noch auf Jahre hinaus mit den Folgen beschäftigt sein wird.
Das Beispiel zeigt eines: Komplexe Wirtschaftsprozesse erfordern eine konsequente Begleitung durch die Unternehmenskommunikation – gerade wenn sie auch die Politik betreffen. Die regelmäßigen Prozesstage sorgen über Jahre hinweg für eine kontinuierliche Berichterstattung und hohe Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, denn die Journalisten verfolgen das Geschehen vor Gericht genau. Wer sie mit Juristen allein lässt, nimmt erhebliche Verständnisrisiken und Verzerrungen in der Berichterstattung in Kauf. Die komplexen Themen erfordern eine kontinuierliche Erläuterung und Einordnung, denn eine ständige, negative Prozessberichterstattung kann ein Unternehmen zermürben und sich verheerend auf Reputation und Geschäft auswirken. Litigation-PR-Spezialisten verfügen über Erfahrung und Instrumente um hier gegenzusteuern. Gelingt das, so können Reputationsrisiken verringert werden. Der Rechtsstreit BayernLB gegen Hypo zeigt, dass gelungene Kommunikation ein Klima schaffen kann, in dem Kompromisse erst möglich werden, die für beide Seiten Vorteile bringen. Gerichte sind mit einer derartigen Form der Mediation sicher überfordert.