Eine knappe ­Vereinbarung mit ­Influencern reicht im Zweifel nicht

Influencer Relations

„Influencer Relations“ ist ein Begriff, der momentan auf keiner PR-Konferenz fehlen darf. Gemeint ist damit, dass digitale Meinungsmacher, wie erfolgreiche Youtuber oder Blogger, von Unternehmen zu eigenen Kommunikationszwecken eingesetzt werden. Dies geschieht, indem Blogger über ihre Erfahrung mit einer Dienstleistung schreiben oder Youtuber ein bestimmtes Produkt hervorheben.

Dabei sollten alle Protagonisten – also Influencer, Unternehmen und Agenturen – wissen, dass Influencer-Beiträge Werbung sind. Schließlich schreibt kein in der Zielgruppe einflussreicher Blogger einen Artikel mit vorgegebenen Inhalten aus Freude am Gotteslohn, sondern erhält dafür eine Gegenleistung. In Deutschland herrscht quer über alle Medien der Trennungsgrundsatz: Das bedeutet, Beiträge, die auf Grundlage einer Gegenleistung erstellt werden, müssen als Werbung gekennzeichnet werden. Mit der damit verbundenen Frage, wie diese Beiträge ordnungsgemäß zu kennzeichnen wären, könnte dieser Artikel in Gänze gefüllt werden. Doch hier soll es vor allem um die Beziehung zwischen Influencern und ihren Auftraggebern gehen. Auf der sicheren Seite stehen Sie in jedem Fall, wenn der Beitrag mit dem Begriff „Werbung“ oder „Anzeige“ versehen ist. Obwohl sich die Branche zunehmend professionalisiert und die Etats für diese Werbeform stetig erhöht werden, herrscht bezüglich der Vereinbarungen zwischen den Beteilig­ten die Maxime Laisser-faire. Schnell werden ein paar Eckpunkte der Zusammenarbeit per E-Mail ausgetauscht, man kennt sich schließlich von den einschlägigen Konferenzen. Was soll also schiefgehen?

Influencer-Auftraggeber-Beziehung

Nehmen wir hierzu einmal folgendes Szenario: Ein Unternehmen hat beschlossen, Video Blogger Relations im Rahmen der Produktkommunikation einzuführen, wofür ein Budget bereitgestellt wird. Die hierfür vom Unternehmen engagierte Agentur beauftragt fünf Video-Blogger mit der passenden Zielgruppe und legt für die Zusammenarbeit die Rahmenbedingungen fest: Jeder Blogger erhält 500 Euro für die Produktion eines Beitrags, verabredet sind jeweils zehn Beiträge für das kommende Jahr. Das Budget pro Blogger beträgt also 5.000 Euro und ist damit überschaubar.  

Es dauert jedoch nicht lang und es kommt zu Schwierigkeiten. Die Videos eines Bloggers entsprechen beispielsweise nicht dem Anspruch des Unternehmens. Außerdem werden die eigenen Social-Media-Kanäle des Bloggers nicht ausreichend eingesetzt, um die Beiträge zu verbreiten. Als die Agentur beide Probleme beim Blogger anspricht, bestreitet dieser Ersteres und moniert, dass Letzteres nicht Bestandteil der Vereinbarung gewesen sei. Der Ton zwischen den Beteilig­ten wird rau. Gleichzeitig erreicht das Unternehmen die wettbewerbsrechtliche Abmahnung eines Mitbewerbers wegen des Verstoßes gegen die Kennzeichnungspflicht. Das Video war nämlich nur im Subtext auf Youtube mit den Worten „sponsored by“ versehen. Das Unternehmen knallt dem Agenturchef die Abmahnung mit einer Kostennote von 1.000 Euro auf den Tisch. Der wiederum schreibt eine bitterböse E-Mail an den Youtuber, welcher daraufhin erklärt, dass sie doch gemeinsam vor dem ersten Rollout telefonisch entschieden hätten, den Spot mit „Sponsored by“ zu kennzeichnen. Als der Agenturchef dies von sich weist und die Übernahme der Abmahnkosten verlangt, verweigert der Youtuber dies nicht nur, sondern macht auch noch weitere Lizenzgebühren geltend. Schließlich sei nur der Upload der Videos auf der Firmenwebseite, nicht aber auf den Social-Media-Kanälen des Unternehmens gestattet gewesen. Nun sind die Videos aber auch dort hochgeladen worden.

Von der fröhlich-lockeren Stimmung zu Beginn der Zusammenarbeit ist also schon nach wenigen Monaten nichts mehr übrig. Vielmehr streiten Blogger und Agentur nun vor Gericht um die Übernahme der Abmahnkosten und die Zahlung der Lizenzgebühren. Die Agentur hat dem Unternehmen übrigens die Abmahnkosten schon überwiesen – denn davon abgesehen, dass die Zusammenarbeit keinen weiteren Schaden nehmen soll, war dieser Fall in dem Rahmenvertrag zwischen Agentur und Unternehmen geregelt. Die Agentur hätte sich um die rechtssichere Bezeichnung kümmern müssen und muss daher für den Schaden aufkommen.

Hohe Lizenzgebühren

Aber dem Agenturchef steht auch aus einem anderen Grund der Schweiß auf der Stirn. Der Video-Blogger fordert nachträglich Lizenzgebühren für das Hochladen der Videos in die Social-Media-Kanäle des Unternehmens in Höhe von insgesamt 10.000 Euro. Da die Agentur dem Unternehmen alle Rechte an dem Video-Material verkauft hatte, konnte das Unternehmen davon ausgehen, die Materialien in den eigenen Social-Media-Kanälen posten zu dürfen. Das Problem ist jedoch, dass sich die Übertragung der Rechte zur Verwendung in den unternehmenseigenen Social-Media-Kanälen nicht eindeutig aus der knappen Vereinbarung zwischen dem Video-Blogger und der Agentur herauslesen lässt. Und wenn die Agentur diese Rechte in diesem Umfang nie erhalten hat, hätte sie diese auch nicht dem Unternehmen verkaufen dürfen. Es gibt keinen gutgläubigen Erwerb von immateriellen Rechten. Die Agentur hat also ein Problem und muss Rückstellungen bilden. Und zwar nicht nur für die gegebenenfalls zu zahlenden Lizenzgebühren in Höhe von 10.000 Euro, sondern auch für die Prozesskosten in Höhe von knapp 5.000 Euro, summa summarum: 15.000 Euro. Dazu kommt all die Zeit, die für Gespräche und Abstimmungen in dieser Angelegenheit intern wie extern aufgewendet werden musste.

Konflikte lassen sich vermeiden

Ist das nicht etwas überzeichnet? Nein, das ist es nicht. Natürlich sind hier verschiedene Fälle aus der Praxis zusammengefasst, zugleich abstrahiert und gekürzt worden. Aber hinsichtlich der Höhe der möglichen Kosten und Forderungen wird in der Praxis auch schnell noch um ganz andere Summen gestritten. So zum Beispiel bei einem Jahresbudget von ursprünglich 7.500 Euro um insgesamt 55.000 Euro. Und natürlich verhält es sich nicht so, dass derartige Fehler nur Agenturen bei der Vertragsgestaltung unterlaufen würden. Gleiches passiert, wenn Unternehmen direkt Vereinbarungen mit Influencern treffen. Solche Konfliktsituationen lassen sich vermeiden, indem sich die Parteien – wie in allen anderen professionellen Arbeitsbeziehungen – vor Beginn der Zusammenarbeit konkret über die Leistungsinhalte auseinandersetzen. Die Beteiligten müssen im ­Vorwege beispiels­weise klären:

• Was ist unter der „Erstellung eines ­Beitrags“ (Art, Umfang) zu verstehen?
• Sind Nebenleistungen wie das Teilen über die eigenen Social-Media-­Kanäle des Influencers inbegriffen?
• Wen trifft die Kostentragungspflicht im Falle einer Abmahnung etwa ­wegen des – absprachegemäß – verwendeten ­Begriffs „sponsored by“?
• Welche Nutzungsrechte umfasst die Zahlung der Vergütung?

Natürlich gibt es noch zahlreiche weitere bedenkenswerte Punkte. Sollten Sie einen Influencer-Vertrag allerdings mehrfach verwenden wollen, muss dieser auch den Anforderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechen.

Professionelle Zusammenarbeit

Oft haben Unternehmen Bedenken, solch einen Aufwand zu betreiben, da sie befürchten, dass Verträge auf Influencer abschreckend wirken. Doch sie schließen ohnehin einen Vertrag mit dem Influencer ab, indem sie mit ihm eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit treffen. Die Frage ist bloß, wie hilfreich eine mündliche Vereinbarung ist, wenn – wie skizziert – später Streit über die nicht definierten Inhalte entsteht. Daher lohnt sich der investierte Aufwand in einen schriftlich festgehaltenen Vertrag. Und abschreckend sollte ­solch ein Dokument ohnehin nie sein. Verträge sind kein Misstrauensvotum, sondern Zeichen einer seriösen Zusammenarbeit.

Die richtige Kennzeichnung von Werbung

Nach den Landesmedienanstalten, die für Youtuber und Blogger die Aufsichtsbehörde ­stellen, genügen Kennzeichnungen wie „sponsored by“ oder „ad“ (Informationsbroschüre zum Download). Doch die Kennzeichnungspflicht hat auch eine wettbewerbsrechtliche Komponente. Das bedeutet, dass Mitbewerber, also andere Blogger oder Unternehmen, unzureichende Kennzeichnungen mit einer Abmahnung nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) angreifen können. Unglücklicher­weise erklärte das Landgericht München I 2015 die Bezeichnung „sponsored by“ für unzulässig. ­Dabei handelt es sich zwar nur um die Entscheidung eines von 115 Landgerichten in Deutschland und damit nicht um eine gefestigte Rechtsprechung. Jedoch bleibt ­damit ein ­Restrisiko für Abmahnungen von Bezeichnungen jenseits der Begriffe „Werbung“ oder „Anzeige“ offen. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Streit vor anderen ­Landgerichten mit anderen Ergebnissen austragen mag.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe KREATIVITÄT. Das Heft können Sie hier bestellen.

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