Fünf Kommunikationstrends für 2023

Communications Trend Radar

Für Unternehmen und deren Kommunikationsabteilungen ist es notwendig, Veränderungen frühzeitig zu erkennen und deren Chancen und Risiken richtig einzuschätzen. Dazu identifiziert der Communications Trend Radar der Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung & Kommunikation seit drei Jahren systematisch Entwicklungen in den Bereichen Gesellschaft, Management und Technologie. Die übergeordnete Frage: Welche Trends werden die Rolle, die Aufgaben und Prozesse von Kommunikationsabteilungen nachhaltig verändern? Für dieses Jahr sieht die auf Englisch verfasste Studie die Trends „State Revival“, „Scarcity Management“, „Unimagination“, „Augmented Workflows“ und „Parallel Worlds“ als Treiber für Veränderungen.

„Wir wollen Kommunikationsverantwortliche dabei unterstützen, wichtige Entwicklungen – insbesondere außerhalb der eigenen Disziplin – schnell zu erkennen“, erklärt Professor Ansgar Zerfaß von der Universität Leipzig das Anliegen der Studie. Er leitet gemeinsam mit Professor Stefan Stieglitz von der Universität Potsdam die Forschungsreihe. Mehr als 100 Quellen aus Forschung und Praxis seien für die Studie analysiert worden.

Für 2023 wurden folgende fünf Trends identifiziert:

State Revival: In Public Affairs investieren

Nach Jahrzehnten, in denen in der westlichen Welt die Logik des freien Marktes dominierte, hat sich in den vergangenen Monaten das Verhältnis von Staat und Wirtschaft deutlich verändert. Regierungen, Behörden, Parteien, Politikerinnen und Politiker haben als Protagonisten und Partner für Unternehmen neue Bedeutung gewonnen. Der Staat feiert ein Comeback – ob freiwillig oder unfreiwillig. „Für Kommunikationsabteilungen heißt das: Sie müssen verstärkt in Governmental und Public Affairs investieren, um ihre Interessen zu artikulieren und durchzusetzen“, erklärt Ansgar Zerfaß, der im Communications Trend Radar die Bereiche Gesellschaft und Management abdeckt. „Gleichzeitig sind Unternehmen gefordert, in politischen Debatten Stellung zu beziehen und Haltung zu zeigen – oder gezielt zu schweigen.“ Auch intern steigen die Erwartungen an die Unternehmenskommunikation, Veränderungen im politischen Umfeld frühzeitig zu antizipieren und den Vorstand zu beraten. Dazu muss die Kommunikation genügend Ressourcen und Kompetenzen aufbauen.

Scarcity Management: Umgehen mit knappen Ressourcen

Nach Jahren des Überflusses muss sich Europa an eine neue Situation gewöhnen: Knappheit. Ob bei Rohstoffen, Energie, bei Talenten oder Produkten – der Mangel ist allgegenwärtig. Zwangsläufig mussten viele Unternehmen ihre Wertschöpfungsketten und Prozesse anpassen. „Scarcity Management heißt, dass Unternehmen vorausschauend und verantwortungsvoll mit Knappheit und Engpässen umgehen müssen, um ihre Unternehmensziele dauerhaft sicherzustellen“, erklärt Zerfaß. Auch in Kommunikationsabteilungen sind knappe Ressourcen spürbar, allen voran beim Personal, aber auch bei Dienstleistungen, Materialien, Budgets und Zeit. Gleichzeitig ist die Kommunikation gefragt, Lieferengpässe zu kommunizieren und Kundenerwartungen zu managen. Doch Knappheit ist nicht nur eine Bedrohung für Unternehmen. Sie kann auch eine Chance sein, wenn es gelingt, die Nachfrage für Produkte oder Dienstleistungen zu steigern oder neue, effizientere Lösungen zu entwickeln.

Unimagination: Wenn das Unvorstellbare Wirklichkeit wird

Ein dritter Weltkrieg? Computer, die die Weltherrschaft anstreben? Ereignisse, die bislang als unvorstellbar galten, rücken plötzlich in den Bereich des Möglichen. Dies erfordert neue Strategien, um die Widerstandsfähigkeit und Flexibilität von Unternehmen zu stärken. Ziel muss es sein, selbst in Zeiten tiefgreifender Veränderungen handlungsfähig zu bleiben. Dazu ist es wichtig, die individuelle Fähigkeit bei Führungskräften und Mitarbeitenden zu stärken, Ungewissheit besser zu tolerieren. Improvisations- und Resilienztrainings können dabei helfen.

Der Kommunikationsabteilung kommt in solchen Zeiten besondere Bedeutung zu: „In Krisenzeiten müssen die Informationsbedürfnisse von internen und externen Zielgruppen möglichst schnell zu befriedigt werden“, betont Ansgar Zerfaß. „Deswegen sind Kommunikationsabteilungen prädestiniert, in schwierigen Zeiten voranzugehen“, glaubt der Forscher. Um diese Rolle auszufüllen, müssen Kommunikationsverantwortliche kontinuierlich die Unternehmensumwelt beobachten, den Umgang mit Krisen üben und dieses Wissen im Unternehmen weitergeben.

Augmented Workflows: Wie KI Kommunikation unterstützt

Künstliche Intelligenz wird in Kommunikationsabteilungen verstärkt Einzug halten – vor allem weil die dahinterliegende Technologie große Fortschritte gemacht hat. Chatbots wie ChatGPT werden massentauglich, synthetisch erstellte Texte sind kaum noch von redaktionellen Beiträgen zu unterscheiden. „Wir gehen davon aus, dass Maschinen die Arbeit von Kommunikationsprofis nicht ersetzen werden, sondern ergänzen – auf Englisch Augmentation“, erklärt Stefan Stieglitz, der mit seinem Team die Technologietrends untersucht. Wie diese Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI genau aussehen wird, wer die Führungsrolle übernimmt und wer für Entscheidungen verantwortlich ist – dies gilt es noch auszudiskutieren. Unabhängig davon sind die Erwartungen hoch: KI-gestützte Anwendungen sollen einfache Routineaufgaben übernehmen und so Freiräume für persönliche und individuelle Kommunikation schaffen. Sie sollen bei der Personalisierung von Inhalten unterstützen oder selbstständig Berichte erstellen. Auch die Auswertung von Daten für Entscheidungsprozesse kann KI-gestützt schneller und unabhängiger erfolgen und so Fehleinschätzung minimieren.

Parallel Worlds: Eintauchen in alternative Welten

Ein weltweites Metaverse, in der die reale und virtuelle Welt in einer einzigen Umgebung vereint sind und eine neue Dimension der Interkation eröffnen? „Noch ist das sehr weit entfernt. Ob und wann diese Idee Wirklichkeit wird, ist aktuell nicht absehbar und hängt von technologischen Lösungen aber auch der Akzeptanz der Nutzer ab“, betont Stieglitz. Doch schon heute verändern immersive Technologien unsere Wahrnehmung und erschaffen Parallelwelten, in denen Realität und Fiktion verschwimmen. Das macht sie für die Kommunikation so interessant. Events, Messen, Stakeholder-Dialoge oder die Zusammenarbeit im Team – sie alle können mittels 3D-Technologien wie Augmented Reality, Virtual Reality oder Hologramme immersiv gestaltet werden und versprechen eine intensivere und interaktivere Art des Erlebens. Eine weitere Anwendung: Digital Twins. Diese können eingesetzt werden, um wichtige Kommunikationsprozesse digital nachzubilden und verschiedene Szenarien zu simulieren. So lassen sich strategische Entscheidungen vorab planen.

Die Studie

Der Communications Trend Radar ist eine wissenschaftliche, interessensunabhängige Studie. Das Forschungsteam unter der Leitung der Professoren Stefan Stieglitz (Universität Potsdam) und Ansgar Zerfaß (Universität Leipzig) geht interdisziplinär vor und wertet dafür zahlreiche Publikationen und Beiträge aus Wissenschaft und Praxis aus. Die Studienreihe wird organisiert von der Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung & Kommunikation.

 

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