Einblicke ins Beraterleben

Beratung

Der Ex-Regierungssprecher

Béla Anda: „Kernaufgabe ist es, Themen zu definieren, die zur Mandantin oder zum Mandanten passen.“ © ABC Communication

Béla Anda: „Kernaufgabe ist es, Themen zu definieren, die zur Mandantin oder zum Mandanten passen.“ © ABC Communication

Eigentlich liebäugelte Béla Anda bereits nach seiner Zeit als Regierungssprecher damit, sich selbstständig zu machen. Aber dann kam ein Angebot des in der Kritik stehenden Finanzdienstleisters AWD, der einen Kommunikationschef suchte. Anda wechselte in das Unternehmen und begleitete dessen Übernahme durch Swiss Life Select. Auf diese Anstellung folgte wieder ein Angebot – diesmal ging es zurück zu seinen Wurzeln im Journalismus bei Axel Springer. Anda wurde Politik- und Wirtschaftschef sowie Mitglied der Chefredaktion von „Bild“. Dass Sprecher der Bundesregierung zurück in eine exponierte Position im Journalismus wechseln, kommt zwar vor, ist aber nicht der Regelfall. Bei „Bild TV“ konnte man Anda häufiger in einem Talkformat sehen.

2017 hat Anda sich dann doch selbstständig gemacht. Anda Bremer Communication hieß das Unternehmen, das er zunächst mit den Rechtsanwälten Henrik Bremer und Sebastian Melz startete. Wenig später wurde daraus Anda Business Communication. Die kommunikative Begleitung juristischer Auseinandersetzungen, Litigation-PR, ist bis heute eine der zentralen Leistungen, die ABC Communication anbietet. „Dieser Bereich ist immens wichtig“, sagt Anda. „Umso erstaunlicher ist es, dass das Feld der Litigation-PR in Deutschland immer noch unterentwickelt ist. Für viele scheint die Beauftragung eines Medienanwalts weiterhin der einfachste Weg zu sein, mit unliebsamer Berichterstattung umzugehen. Doch sich einzig auf einen Anwalt zu verlassen, der versucht, mit Brachialgewalt kritische Berichterstattung zu unterbinden, wird nicht funktionieren – gerade nicht in Zeiten sozialer Netzwerke.“

Litigation-PR ist nur eines von fünf Arbeitsfeldern, die ABC Communication für sich definiert hat. Auch in Sachen Krisenkommunikation beraten Anda und sein zehnköpfiges Team. Häufig gehört die Neupositionierung von CEOs oder Gründer*innen dazu. Nachdem Carsten Maschmeyer beim AWD-Nachfolger Swiss Life ausgeschieden ist, hat Anda beispielsweise dessen Auftreten rund um die Vox-Sendung „Die Höhle der Löwen“ eng begleitet. In Sachen Social Media konzentrieren sich Anda und seine Kolleg*innen bisher auf Linkedin. „Kernaufgabe ist es, Themen zu definieren, die zur Mandantin oder zum Mandanten passen“, sagt er. „Der Auftritt bei Linkedin muss authentisch und glaubwürdig sein. Dabei ist auch wichtig, Unternehmensziele in einer ansprechenden Form zu transportieren.“ Branchensüffisanz begegnete Anda kürzlich, als er auf Linkedin aus dem Nichts verkündete, dass seine Firma nicht die Krisenkommunikation für Rammstein mache. Vorher hätte es Anda zufolge zahlreiche Anfragen dazu gegeben.

Public Affairs bietet ABC Communication ebenfalls an. „Die Wirtschaft ist ja immer politischer geworden, weil sich die Politik, gerade im Zusammenhang mit dem fortschreitenden Klimawandel, stärker als Akteur einbringt und die Regulierung intensiviert“, so Anda. „Das braucht politische Expertise und Experten, die die Funktionsweise des politischen Apparates und die handelnden Personen kennen, die auch wissen, wie die Abläufe intern sind.“ Anda plant, noch in diesem Jahr ein Büro in Berlin zu eröffnen. Sitz seines Beratungsunternehmens ist bisher Gut Möschenfeld in der Nähe von München. In der Ständehausstraße in Hannover hat er ebenfalls ein Büro. Seine Angestellten sitzen in Hamburg, Bonn, Stuttgart, Leipzig und Berlin.

Der einzige Bereich von ABC Communication, den Anda nicht selbst leitet, ist Podcast und Audio. Dieses Geschäftsfeld ist 2020 hinzugekommen und wird von seiner Ehefrau Ina Tenz verantwortet, die lange Programmdirektorin bei Radio FFN und zuletzt bei Antenne Bayern war. Zu den bisher von ABC Communication produzierten Podcasts zählt zum Beispiel „Tönnies und Tönnies“, in dem der Geschäftsführer des immer wieder in der Kritik stehenden fleischverarbeitenden Unternehmens, Clemens Tönnies, und sein Sohn Maximilian Einblicke in ihre Familiengeschichte geben. Oder ein Podcast zu Mental Health der Florian Holsboer Foundation. Für interne Zwecke produziert ABC Communication ebenfalls Unternehmenspodcasts. Für Anda sind sie ein wirkungsvolles Medium: „Auch ein Podcast mit geringer Reichweite kann eine große Wirkung in der Zielgruppe haben“, so der Berater. Den anfangs erfolgreichen Podcast mit Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder hat ABC Communications nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine eingestellt.

Die global Vernetzte

Biancastella de Angelis: „Das, was wir machen, ist am Ende ein Teamsport.“ © Sigrun Strangmann

Biancastella de Angelis: „Das, was wir machen, ist am Ende ein Teamsport.“ © Sigrun Strangmann

Als Biancastella de Angelis als Beraterin anfing, gab es das Brüsseler Büro noch gar nicht, in dem sie heute arbeitet. Auch die Beratungsfirma, bei der sie nun Partnerin ist, existierte so noch nicht. De Angelis fing 2011 bei Hering Schuppener an. Da hatte sie auf ihren MBA und erste Berufserfahrungen bei Hewlett Packard gerade noch einen Master in European Politics and Administration folgen lassen. Zunächst hat sie bei Hering Schuppener in Frankfurt gearbeitet, allerdings schon mit der Perspektive, ihre Arbeit Richtung Brüssel zu verlagern. Zwei Jahre zuvor war das Büro in Berlin eingerichtet worden, das Büro in der belgischen Hauptstadt folgte 2013.

Heute heißt ihr Arbeitgeber FGS Global. Hering Schuppener war Anfang 2021 mit den Beratungsunternehmen Finsbury aus Großbritannien und The Glover Park Group aus den USA zu Finsbury Glover Hering fusioniert. Noch im selben Jahr folgte der Merger mit Sard Verbinnen & Co ebenfalls aus den USA. Seitdem heißt das Unternehmen FGS Global und hat insgesamt 25 Büros – von San Francisco bis Tokio, von Dublin bis Riad. Hauptsitz ist New York. FGS Global gehört zur britischen WPP Group. Neben Publicis aus Frankreich und Omnicom aus den USA ist es eines der größten internationalen Agenturnetzwerke.

„Was für mich seit Tag eins die Essenz der Firma ausmacht, ist, dass wir bereichsübergreifend und integriert arbeiten“, sagt de Angelis. „Wir überlegen anhand der Fragestellung, welche Teamkonstellation und Practice-Expertisen wir brauchen, die zusammenkommen müssen, um dem Kunden den besten Rat zu geben.“ Für jeden Kunden wird ein neues Team zusammengezogen, wobei natürlich Standort und Erfahrung der Berater*innen eine Rolle spielen. Manchmal kommt auch noch eine bestimmte Sektor-Expertise hinzu. Die meisten verfolgen einen generalistischen Ansatz. FGS Global hat sein Angebot in vier Tätigkeitsbereiche unterteilt: Krisenkommunikation, Government Affairs, Strategie und Reputation sowie Kapitalmarkttransaktionen.

Zahlreiche Mandate sind international besetzt. Die Teams arbeiten grenzüberschreitend und mehrsprachig. Das inzwischen 25-köpfige Brüsseler Büro steht vor allem mit den anderen europäischen Büros in regelmäßigem Austausch. Je nach Mandat hat de Angelis beispielsweise auch mit Washington D.C. regelmäßig zu tun. Nach der Umfirmierung gab es ein Treffen aller Partner am Hauptsitz in New York. Die Partner bilden zusammen mit den Directors das Senior-Team der Agentur, das sich stärker mit der Neugeschäfts- und Mitarbeiterentwicklung beschäftigt. Es gibt zwar auch Quereinsteiger*innen bei FGS Global, aber viele beginnen als Associate oder Senior Associate.

„Das, was wir machen, ist am Ende ein Teamsport“, sagt de Angelis. „Am meisten Mehrwert generieren wir, wenn wir den besten Weg finden, unsere Perspektiven zu kombinieren, und das in einen Rat übersetzen, der dem Kunden oder der Kundin wirklich hilft.“ Ihre persönliche Expertise liegt vor allem in der Beratung auf europäischer Ebene mit Blick auf EU-Gesetzgebung und Kampagnen. Die Kunden auf EU-Ebene kommen hauptsächlich aus der Wirtschaft. Auch NGOs, Stiftungen und Verbände sind dabei. „Dieses Zusammenspiel von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ist ein spannender Mix“, findet de Angelis. „Man bekommt konstant Input und lernt links und rechts. Gerade die internationalen Fragestellungen sind enorm motivierend.“

Die ehemaligen Journalisten

Stephan Dörner: „Wir wollen überzeugt sein von dem, was der Kunde macht. Dann sind wir mit Leidenschaft dabei.“ © Friederike Kalz

Stephan Dörner: „Wir wollen überzeugt sein von dem, was der Kunde macht. Dann sind wir mit Leidenschaft dabei.“ © Friederike Kalz

Für wen wollen wir eigentlich arbeiten? Diese Frage stand im Fokus, als Stephan Dörner und Stefan Mauer im vergangenen Jahr die fph Gesellschaft für Strategie- und Kommunikationsberatung gegründet haben. Fph steht dabei für Stefan mit f und Stephan mit ph. „Inzwischen ist es tatsächlich so, dass wir zu 100 Prozent für Impact-Unternehmen arbeiten, wie wir das nennen“, sagt Dörner. Sie meinen damit solche Unternehmen, die einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft haben. Zu den Kunden von fph zählen zum Beispiel die Konsumgütermarke Share, die einen Teil ihres Umsatzes für soziale Projekte spendet, der World Fund, ein Wagniskapitalgeber für Klima-Start-ups, und der Kältetechnikanbieter Efficient Energy, der ausschließlich Wasser als Kältemittel nutzt.

Die beiden Gründer schränken das Feld ihrer potenziellen Auftraggeber bewusst ein. „Wir sind inzwischen noch fokussierter als am Anfang“, sagt Dörner. „Wir wollen überzeugt sein von dem, was der Kunde macht. Dann sind wir mit Leidenschaft dabei.“ Auch beim Recruiting sei das „ein riesengroßes Plus“. Inzwischen arbeiten eine Beraterin und drei Werkstudentinnen bei fph in Berlin Prenzlauer Berg.

Zuvor hatte Dörner als Associate Director beim Beratungsriesen FGS Global gearbeitet. Eigentlich kommt er wie Mauer aus dem Journalismus: Er hat unter anderem als Technologie-Reporter für Dow Jones und „Welt“ berichtet und war Online-Chef des Digitalwirtschaft-Magazins „t3n“, wodurch er in der Digital-Community sehr bekannt ist. Mauer wiederum war Asienkorrespondent für das „Handelsblatt“ und dpa und zuletzt Hauptstadtkorrespondent bei Xing. Beide betonen, dass ihre journalistische Erfahrung ihnen hilft, Themen zu erkennen, die in Redaktionen auf Interesse stoßen. „Im Redaktionsalltag ist man ja auch mit vielen eigenen Themenvorschlägen durchgekommen oder eben nicht“, so Mauer. „Ein bisschen übernehmen wir jetzt den Redaktionspart bei den Unternehmen und sagen: So kann das Thema funktionieren.“

Dörner und Mauer beraten ihre Kunden nicht nur, sie setzen auch anschließend ihre Empfehlungen um – Implementierung. „End-to-end“-Beratung nennen sie das. „Wir verbinden sozusagen Theorie und Praxis“, sagt Dörner. „Wir schreiben am Ende die E-Mail an den Journalisten oder die Journalistin. Wir begleiten das Interview und machen das Medientraining.“ Auch dabei hilft es den beiden, dass sie das journalistische Handwerkszeug kennen und wissen, was einen guten Beitrag ausmacht.

Neben dem Fokus auf den gesellschaftlichen Impact haben Dörner und Mauer eine Vorliebe für komplexe Themen. Aus ihrer Zeit als Journalisten für Wirtschafts-, Finanz- und Technologiethemen kennen sie verschiedene Wirtschaftszweige und Zusammenhänge. Um die Themen zu durchdringen, arbeiten sie meistens nicht nur mit den Kommunikationsabteilungen ihrer Kunden zusammen, sondern auch mit deren Expert*innen, die sie zum Teil gezielt anfragen. Die finden die Zusammenarbeit meist ebenfalls spannend, berichtet Mauer: „In einem Fall kam es vor, dass ich eine Stunde lang mit einer Expertin an drei oder vier Formulierungen gefeilt habe. Das hat richtig Spaß gemacht, und ich hatte den Eindruck, dass ihr das auch Spaß gemacht hat.“ Das sei ein Mehrwert, den sie bieten: „Als Journalisten war es immer unser Job, komplexe Themen möglichst verständlich zu vermitteln. Diese Erfahrung hilft uns jetzt auch bei der Arbeit mit den Kunden.“

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe #Beratung. Das Heft können Sie hier bestellen.