Hunderte Fragen aus aller Welt

Global Town Hall

Frau Nicholson, seit wann richtet SAP globale ­Mitarbeitertreffen aus?

Mindestens so lange, wie ich bei SAP bin. Das sind jetzt 27 Jahre. Aber ursprünglich waren sie sehr auf Deutschland fokussiert, insbesondere auf den Hauptsitz Walldorf. Das hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Wenn man ein globales Publikum hat, muss man darauf achten, dass man Themen anspricht, die weltweit relevant sind. Das ist auch für unsere Teilnehmerzahlen ausschlaggebend. Als ich vor sieben Jahren Head of Global Employee Communications wurde, waren rund 6.000 Mitarbeiter bei diesen Veranstaltungen dabei. Jetzt nehmen durchschnittlich 25.000 bis 30.000 Personen aus der weltweiten Belegschaft teil – überwiegend online.

Inwiefern sind die Inhalte internationaler ­geworden?

Das beginnt schon damit, dass wir heute einen sehr vielfältigen Vorstand haben, der über mehrere Kontinente verteilt ist. Und natürlich gibt es jetzt die technischen Möglichkeiten, Sprecher aus weit entfernten Ländern dazuzuschalten. Auch sprachlich hat sich einiges verändert: Früher waren die Meetings auf Deutsch, jetzt finden sie auf Englisch statt. Außerdem stehen heute weniger die Quartalsergebnisse im Fokus. Dafür gibt es eine andere Veranstaltung. Unser Global Employee Meeting machen wir ein paar Wochen nach dem Quartalsmeeting, dort geht es dann eher um die Sicht unserer Kunden und Schwerpunktthemen wie Innovation und neue globale Initiativen.

Welche Inhalte sind noch wichtig?

Wir befinden uns seit einigen Jahren in einer Transformation. Da gehen wir jetzt in die zweite Phase und möchten den Blick nach vorne richten. Was kommt? Wohin wollen wir? Wir möchten uns darüber auseinandersetzen, was diese Transformation für die Belegschaft und ihr Tagesgeschäft bedeutet. Dabei versuchen wir, die Fragen der Mitarbeiter mit den Themen des Vorstands zusammenzubringen.

Wie gehen Sie die Planung der Meetings an?

Thematisch stimmen wir uns zunächst mit den Vorständen ab. Damit fangen wir meistens acht Wochen vor der Veranstaltung an. Die konkrete Planung beginnt dann ungefähr sechs Wochen vorher. Allgemein gilt: Das Meeting sollte nicht an einem Freitag stattfinden. Dann ist die Zuschauerschaft erfahrungsgemäß viel kleiner, weil das Wochenende in einigen Regionen ja den Freitag einschließt. Und auch durch Teilzeit haben viele freitags frei. Was die verschiedenen Zeitzonen betrifft, versuchen wir abzuwechseln und auch für die Teams in Asien eine inklusive Zeit zu finden. Aber häufig geht es doch Richtung Europa und USA. Da haben wir die meisten Mitarbeiter, und auch unsere Vorstände sind vorwiegend in diesen Zeitzonen.

Welche Technik nutzen Sie?

Wir haben eine eigene Broadcast-Plattform. Da gibt es einmal die Full Experience, bei der man wirklich alles mitkriegt: Gebärdendolmetscher, Untertitel, Kommentare, Fragen und so weiter. Und wir haben eine Light-Version, die auch bei schlechtem Internetempfang flüssig läuft.

Finden die Meetings immer ­hybrid statt?

Ja. Wir haben in Walldorf eine sehr große Kantine. Dort sitzen die Vorstände mit Publikum im Raum. Genauso ist es, wenn wir zum Beispiel in New York sind. Bei unserem Meeting im November hatten wir zum ersten Mal ein Set-up im SAP-eigenen TV-Studio, weil alle Vorstände unterwegs waren. So war die Veranstaltung zum ersten Mal komplett virtuell. Wir haben aus sechs verschiedenen Locations gesendet. Unsere Vorstände haben es aber eigentlich lieber, wenn sie vor Publikum sprechen können. Die Nähe zu den Mitarbeitern animiert noch einmal ganz anders. Man merkt dann viel stärker, ob der Funke überspringt.

Die Zentrale von SAP befindet sich in Walldorf. Die Angestellten arbeiten in mehr als 150 Ländern. © Stephan Daub

Die Zentrale von SAP befindet sich in Walldorf. Die Angestellten arbeiten in mehr als 150 Ländern. © Stephan Daub

Wie stellt man bei einer rein virtuellen Veranstaltung ein Gemeinschaftsgefühl her?

Schon wenn wir zwei Wochen vorher die Einladungen versenden, können die Mitarbeiter online erste Fragen stellen. Und während der Veranstaltung können sie ebenfalls Fragen stellen und kommentieren. Wir haben ein Expert-Panel, das aus unseren Senior Executives unterhalb des Vorstands besteht. Das ist sehr wichtig, weil wir sehr viele Mitarbeiterfragen zu allen möglichen Themen bekommen. Wenn Fragen gestellt werden, die wir nicht auf der Bühne ansprechen, werden sie vom Expert-Panel beantwortet und live gepostet. Wir bekommen mehrere Hundert Fragen in einer Stunde. Viele davon sind sehr speziell.

Welche interaktiven Elemente gibt es noch?

Zum Beispiel Produktdemos. Uns ist es sehr wichtig, dass die Leute, die hinter der Software stecken, auch einen Moment to Shine haben. Wir haben Auftaktvideos, um Stimmung zu kreieren, und Videos für das Outro, in die wir Mitarbeiterstimmen einbringen. Und wenn wir Live-Publikum haben, versuchen wir, einzelne Teams hervorzuheben, die aus dem Publikum heraus berichten, woran sie gerade arbeiten.

Wie gestalten Sie die Veranstaltung möglichst barrierefrei?

Da arbeiten wir sehr stark mit dem Diversity-and-Inclusion-Team zusammen sowie mit unserer Mitarbeitergruppe für Menschen mit Hörbehinderung. Wir haben Simultandolmetscher, Gebärdendolmetscher und Live-Untertitel. Vor Ort gibt es große Bildschirme, Hörverstärker und spezielle Plätze für Menschen mit Behinderung, damit sie einen besseren Blick haben. Darüber hinaus haben wir ein Sounding Board aus Mitarbeitern anderer Länder, das unsere Key Visuals prüft. Bei über 110.000 Menschen weltweit mit diversen sozialen und kulturellen Hintergründen kann schnell etwas schiefgehen, wenn man ein ungeeignetes Bild wählt. Da müssen wir sehr sensibel sein, schon bei der Formulierung der Einladung. Wir fragen uns dabei auch immer, wie wir uns neu erfinden können. Ich glaube, das ist die „Secret Sauce“. Das weckt die Neugier.

Wie werten Sie die Meetings im Nachhinein aus?

Am Ende der Meetings werden innerhalb der Broadcasting-Plattform Umfragen durchgeführt, so dass wir eine direkte Reaktion des Publikums bekommen. Nach der Veranstaltung machen wir eine Stimmungsanalyse und erheben die Zuschauerzahlen pro Region. Außerdem gibt es eine Aufzeichnung. Als Follow-up zu dieser großen Veranstaltung organisieren wir sogenannte Coffee Corner Sessions. Das sind kleinere Dialogformate, bei denen unsere Senior Leaders mit Teammitgliedern über die wichtigsten Themen sprechen. Wir stellen in jedem Quartal auch eine Präsentation zusammen, die Führungskräften hilft, mit ihren Teams die wichtigsten Themen fundiert aufzugreifen. Das Global Employee Meeting steht also jeweils am Anfang einer recht umfangreichen Kommunikationskaskade, die sich in lokalen Formaten fortsetzt.


Fünf Tipps:
  • Keinen Freitag nehmen.
    In vielen Ländern beginnt dann schon das Wochenende. Außerdem haben einige Mitarbeitende freitags frei, weil sie in Teilzeit arbeiten.
  • Alle einschließen.
    Rebecca Nicholson und ihr Team arbeiten eng mit der Diversity-and-Inclusion-Abteilung zusammen. Es gibt Gebärdendolmetscher und Live-Untertitelung. Außerdem prüft ein Sounding Board aus Kommunikationsfachleuten und Mitarbeitern anderer Länder die Bilder und das Wording der Einladung, so dass sie in verschiedenen sozialen und kulturellen Kontexten passend ist.
  • Mitarbeiterfragen sortieren.
    Auf der Bühne möglichst nur solche Fragen aufgreifen, die für alle Personen aus dem Publikum relevant sind.
  • Im Hintergrund auf Fragen eingehen.
    Bei SAP gibt es ein Expert-Panel, das aus Senior Executives besteht. Es beantwortet während der Veranstaltung Fragen im Hintergrund.
  • Die Themen in Anschlussveranstaltungen aufgreifen.
    Nach dem Global Employee Meeting gibt es bei SAP sogenannte Coffee Corner Sessions, in denen sich Führungskräfte mit Teammitgliedern über die Themen aus dem Meeting austauschen.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe #Corporate. Das Heft können Sie hier bestellen.