Was müssen Kommunikatoren künftig können?

Das neue BdP-Kompetenzprofil

Durch die neuen Medien hat sich das Aufgabenprofil von Kommunikatoren verändert. Es braucht einen neuen Typ Kommunikator, dessen Kompetenzen weit über die traditionelle Medienarbeit hinausgehen. Thomas Mickeleit erklärt im Interview, welche Kompetenzen künftig wichtig sind und wie man die Kommunikationsabteilung darauf vorbereitet. Er ist Direktor Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Microsoft Deutschland und Mitglied in der Arbeitsgruppe zum Kompetenzprofil des Bundesverbands deutscher Pressesprecher (BdP).

Herr Mickeleit, ein Jahr lang hat die BdP-Arbeitsgruppe intensiv über das neue Kompetenzprofil diskutiert. Gab es viel Zündstoff?
Thomas Mickeleit: Wir hatten eine sehr heterogene Arbeitsgruppe mit Vertretern unterschiedlicher Unternehmen, Organisationen und Größenordnungen. Deswegen hatten wir auch eine sehr vielfältige Diskussion. Es gab unterschiedliche Reifegrade, wie sehr die Kommunikatoren sich bereits auf die Sozialen Kanäle eingelassen hatten. Und es gab natürlich auch Stimmen, die sagten, die Pressearbeit sei immer noch die primäre Aufgabe. Für mich ist die traditionelle Medienarbeit höchstens ein Annex meiner Tätigkeit. Insgesamt haben wir als Kommunikationsverantwortliche ein bedeutend breiteres Spektrum an Aufgaben. Wir haben uns über den Trend zu dieser Vielfalt verständigt. Es ist also keine Frage der Richtung, sondern der Geschwindigkeit.

Wie lauten die neuen Kompetenzen?
Eine wesentliche Fähigkeit ist, dass der Pressesprecher eine Governance-Rolle über neue Kanäle ausübt, abseits der Medienarbeit. Es geht vor allem um die eigenen Kanäle der Organisation und die Earned Channels, also die nicht vom Unternehmen betriebenen Kanäle, auf denen man erwähnt wird. Für die Inhalte ist eine redaktionelle Kompetenz erforderlich, um beispielsweise die Prozesse zu steuern und natürlich ausgezeichneten Content zu produzieren – Stichwort Storytelling. Wir Kommunikatoren sind zudem stärker in einem Engagement-Modus als früher. Damals war alles auf Push-Kommunikation ausgelegt, heute fungieren wir als Markenbotschafter in Social Networks und Foren. Wir brauchen also Moderationsfähigkeiten und auch mehr inhaltliche Expertise. Wenn der Produktpressesprecher alter Schule nicht weiter wusste, hat er sich umgedreht und mit einem Produktmanager gesprochen. Wenn man sich in Debatten wirkungsvoll einbringen möchte, ist dafür keine Zeit mehr.

Wie verändert sich die interne Kommunikation?
Am Anfang war sie oft die  Verlautbarung aus der Geschäftsleitung, heute geht es jedoch darum, die Mitarbeiter zu Botschaftern der Organisation zu machen. Sie müssen in der Lage sein, ihre eigenen Social-Media-Kanäle zu bespielen, indem man ihnen rechtzeitig die erforderlichen Informationen gibt. Hier findet natürlich der offensichtlichste Kontrollverlust statt, der vielen Kollegen unnötiger Weise Angst macht. Außerdem haben wir Kommunikatoren eine Beratungsfunktion gegenüber der Geschäftsführung. Alles, was wir durch unsere Arbeit erfahren, muss den Vorständen oder Geschäftsführungen basierend auf Daten – nicht auf Gerüchten – zur Verfügung gestellt werden. Auf der handwerklichen Seite spielt Bewegtbild eine immer größere Rolle. Auf den IFA-Pressekonferenzen haben beispielsweise sicher ein Viertel der  Journalisten eine Video-Kamera dabei und stürzen sich mit Fragen auf die Sprecher. Man muss also sofort kameratauglich reagieren können.

Sind die deutschen Pressesprecher auf diese neuen Kompetenzen vorbereitet?
Sie sind unterschiedlich stark vorbereitet. Einige haben noch keine Vorstellung davon, was das eigentlich heißt. Unternehmen aus der Tech-Branche haben den Vorteil, dass sie als erste mit den Veränderungen im Social Web konfrontiert wurden und sich entsprechend früh darauf eingestellt haben.

Wie kann man die Kommunikationsabteilungen strategisch anpassen?
Die Frage ist: Wo und wie treffe ich als Unternehmen meine Stakeholder? Man sollte deshalb überlegen, ob es ausreichend gute und reichweitenstarke eigene Kanäle gibt und wie diese systematisch genutzt werden. Welche Plattformen gibt es in der Welt der Earned Media? Das sind sicherlich nicht die traditionellen Medien. Dann stellt sich die zentrale Frage: Wer bespielt diese Kanäle eigentlich? Wenn die Kommunikatoren nicht schnell ‚hier‘ schreien, macht es jemand anderes.

Das Marketing beispielsweise…
Genau, wenn das Marketing das Ruder übernimmt, ist der Zug abgefahren.

 

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