Pressefragen veröffentlicht: scharfe Kritik an RWE

Media Relations

Die Kommunikationsabteilung des Energiekonzerns RWE sieht sich wegen der Veröffentlichung von Presseanfragen scharfer Kritik ausgesetzt. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Essen hatte jüngst in zwei Fällen nicht-öffentliche E-Mails von Journalisten auf Twitter verbreitet.

Aktuell betroffen war die Berliner Tageszeitung taz. Ihre Redaktion recherchierte Hintergründe zu diversen Facebook-Gruppen im Umfeld von RWE, in denen regelmäßig Hasskommentare veröffentlicht worden sein sollen – hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Streit um den Hambacher Forst. Hierzu sandte die taz auch eine entsprechende Anfrage an RWE mit der Bitte um Stellungnahme.

Etwa 24 Stunden später veröffentlichte die Kommunikationsabteilung des Konzerns auf ihrem offiziellen Twitter-Kanal sowohl ihre kurz zuvor an die taz geschickte Antwort als auch die Fragen der Zeitung. Das sei „offen und transparent“.
 

Die TAZ recherchiert zu #Hasspostings von RWE-Mitarbeitern. #Hassposts sind inakzeptabel und tragen zur Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas bei, egal von wem Sie kommen! Hier – offen & transparent – die @tazgezwitscher-Anfrage und unsere Stellungnahme: pic.twitter.com/HvvYHigq60

— RWE Pressesprecher (@RWE_Presse) 6. März 2019

Diese Selbsteinschätzung stieß auf erheblichen Widerspruch. Martin Kaul, Redakteur bei der taz, bezeichnete das Veröffentlichen von Journalistenanfragen von RWE als „unzulässigen Eingriff in die Freiheit des Journalisten“ und „schlechten Stil“. Dies gälte erst recht, solange der entsprechende Beitrag noch nicht veröffentlicht worden sei.
 

Das ist nicht offen & transparent, sondern ein unzulässiger Eingriff in die Freiheit des Journalisten und außerdem schlechter Stil. Jederzeit darf @RWE_Presse auf eigenen Namen veröffentlichen, was es will. Das hier geht allerdings nicht: https://t.co/KrnOAyC7kg

— Martin Kaul (@martinkaul) 6. März 2019

Weitere Journalisten-Reaktionen auf das Vorgehen von RWE lauteten beispielsweis „absolut unprofessionell“, „von der Pressestelle eines großen Konzerns inakzeptabel“ sowie „Eine absolute Frechheit als ‚transparente Pressearbeit‘ verkauft“.
 

Eine absolute Frechheit als „transparente Pressearbeit“ verkauft.

— Lennart Pfahler (@LennartPfahler) 7. März 2019

Das Unternehmen versuche offensichtlich – so die Kritiker –  eine unangenehme Recherche zu seinen Gunsten zu beeinflussen. RWE müsse sich fragen lassen, wie zukünftig die Zusammenarbeit mit Journalisten aussehen solle, wenn diese befürchten müssten, dass Rechercheanfragen sofort öffentlich gemacht würden.

ARD-Korrespondent Arnd Henze wies zudem darauf hin, dass die unerlaubte Veröffentlichung von E-Mails auch urheberrechtlich bedenklich sein dürfte und rief die taz auf, dagegen rechtlich vorzugehen.
 

Die schriftliche Anfrage an eine Pressestelle ist eine urheber- und presserechtlich geschützte Kommunikation. Sie als @RWE_Presse zu veröffentlichen, ist nicht nur mieser Stil. @tazgezwitscher sollte im Interesse aller Kolleg*innen rechtlich dagegen vorgehen! https://t.co/0zIcUpGcOk

— Arnd Henze (@arndhenze) 7. März 2019

Auch der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), Frank Überall, kritisierte RWE scharf. Das Verhalten des Unternehmens sei schlicht und ergreifend unprofessionell und entspreche nicht den Branchenstandards.

RWE hat mittlerweile eingeräumt, sich nicht korrekt verhalten zu haben: „Wir haben einen Fehler gemacht, das tut uns leid. Wir haben uns bei dem Journalisten entschuldigt“, hieß es in einem weiteren Tweet. Er sei „versehentlich“ veröffentlicht worden, erklärte Lothar Lambertz, Leiter der Konzernpressestelle von RWE, auf Anfrage von Meedia.
 

Wir haben einen Fehler gemacht, das tut uns leid. Wir haben uns bei dem Journalisten entschuldigt. Unser Ziel war es – natürlich erst nach Veröffentlichung d. Beitrags – auch selbst deutlich zu machen, dass wir Hassposts nicht unterstützten.

— RWE Pressesprecher (@RWE_Presse) 7. März 2019

Erst Mitte Februar war die Kommunikationsabteilung des Konzerns ganz ähnlich vorgegangen. Sie hatte Rechercheanfragen des WDR auf Twitter veröffentlicht, in diesem Fall jedoch erst kurz nach Veröffentlichung des entsprechenden Beitrags.
 

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