Im Zeitalter der digitalen Lichtgeschwindigkeit. In einer Welt, in der Informationen verbreitet
werden können, noch bevor man sie gewonnen hat. Bist du heute ein Niemand, morgen ein
Youtubephänomen und übermorgen Dschungelkönig.
Wenn ich ehrlich bin, fühl ich mich unbehaglich.
Schlechterdings leicht unbedarft, ich
trag die Stigmata der Big Data,
fühl mich twitterfasernackt
bin immer vernetzt
die Lider der Augen mit Pixeln besetzt
alles ist so Kreisch und leicht fotografierbar,
alles ist verfüg- und immer kommentierbar
Alles ist be- und ent- aber kaum etwas verwertbar
und Anke Engelke war auch schon mal witziger.
Wir hetzen nach Reflexen zu den bestbesetzten Plätzen, ächzen lechzender Lefzen nach
fetzenden Sätzen, die im Netz und im Jetzt unsre restzerfressnen Synapsen zersetzen
sind mit jedem connected, verlinkt und verwandt
eine Hand liked die andere, liked die andere Hand
alles ist egal und alles Sensation.
Die große Globalisation in einer Globuliration.
Ich sehe mich schon
im stetigen Strom
der ewigen Zeit
als ledigen Greis,
der in stetigem Fleiß
und ekligem Schweiß
jeden szenigen Scheiß
seelich und nice
verlinkt und liked
und im ewigen Kreis
des Medienhypes
seine Seele im Streben
gen Eden verwaist
Ich hoff, ich habe es aufgezeigt,
ich fühl mich outgeburnt ausgeliked.
Mein Opa hat mal etwas sehr Kluges gesagt:
„Mien Jung, du künnst alns doon, watt de wüllst.
Du künnst blots nich alns doon, watt de wüllst.“
Du kannst alles im Leben erreichen.
Du kannst nur nicht alles im Leben erreichen.
Uns stehen alle Türen offen. Doch zu viele Türen werden zu einem Labyrinth. Und so halten
wir uns an die nächste Stimme, die uns sagt, was gut und richtig sei, anstatt selber Vor- und
Nachteile abzuwägen. Denn es ist leichter, den Löffel abzugeben
als die Suppe, die man sich einbrockt, selbst auszuschlürfen.
1909 beschrieb E.M. Forster eine Dystopische Welt, in der die Menschheit im Bauch einer
allumfassenden Maschine lebt. Heute ist diese Maschine Wirklichkeit geworden. Sie
übernimmt, wozu wir nicht mehr in der Lage sind. Sie optimiert unser Verhalten, minimiert
unsere Fehler, denn es gilt nach dem höchsten zu streben. Aus jedewedem Leben das
größte zu wählen – für Fehler ist da kein Platz.
Dabei leben wir von unseren Fehlern.
Wer fliegen will, lässt auch mal Federn.
Columbus hat den falschen Kontinent gesucht, Armstrong wollte zum Mars, Viagra sollte ein
Haarwuchsmittel sein, Cola eine Medizin, und irgendein Mensch muss ja auch mal
Pinneberg gegründet haben.
Jegliche Evolution beruht auf einer Fehlmutation. Auf einem Fehler im System.
Um diese positiven Fehler zu produzieren braucht es Neugier und Mut.
Die Gegenwart dauert per Definition drei Sekunden. Der Weg zur Zukunft ist nicht lang.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Haltung – Das Gute kommunizieren. Das Heft können Sie hier bestellen.