PR für Luxusinseln: "Die meisten wollen es diskret"

Das Geschäft mit der Sehnsucht

Farhad Vladi verkauft Inseln. Zu seinen Kunden gehören Multimilliardäre und Berühmtheiten, die um Verschwiegenheit bitten. Warum Vladi kaum PR macht, sich trotzdem nicht als Dienstleister für Superreiche versteht und wie er Käuferschichten erreicht, die gar nicht wissen, dass sie sich eine Insel leisten können, erzählt er im Interview.

Verkauft Hideaways nicht nur an Reiche und Promis: Farhad Vladi sieht sich selbst weniger als Makler denn als „Kunsthändler der Natur“. Klassische PR macht er kaum – sein Geschäftsmodell beruht vor allem auf Empfehlung und Sehnsucht. (c) Maria Schiffer

Farhad Vladi machte schon Inselhopping, als es den Begriff wahrscheinlich noch gar nicht gab. 1971, Vladi war damals 26 Jahre alt, verkaufte er fast aus Zufall sein erstes Eiland, seit 40 Jahren nun ist er hauptberuflicher Inselmakler. Zu seinen Kunden gehören Mehrfach-Milliardäre und Prominente. Vladi betont, dass er zwar durchaus ein Luxusprodukt verkaufe, aber keineswegs nur an Menschen, die nicht wüssten, wohin mit ihrem Geld. 2.650 Inseln hat der 70-Jährige inzwischen vermittelt. Ab 50.000 Euro sei man dabei, sagt er. Den Vergleich mit dem Preis eines guten Mittelklassewagens bringt er dabei immer wieder gerne.

Vladis Vater floh während der russischen Revolution in den Iran, später dann nach Euro­pa. Farhad Vladi hat seinen Wohnsitz heute in Kanada und Hamburg, außerdem eine eigene Insel in Neuseeland. Öffentlich in Erscheinung tritt Vladi gerne mit seinem Engagement für den Umweltschutz und die Katastrophenhilfe. Er ist unter anderem Mitglied im Weltzukunftsrat und Vorstandsvorsitzender der Katastrophenhilfe-Organisation MapAction Deutschland. Er will mehr sein als der Mann, bei dem man Inseln kauft. Und weiß, wie er sich dafür in Szene setzen muss.

Herr Vladi, Sie helfen den ­Superreichen, sich eine eigene Insel zuzulegen. Hab ich das richtig zusammengefasst?

Farhad Vladi: Nein. Der Wunsch, eine Insel zu haben, hat mit dem Geldbeutel wenig zu tun, und schon gar nichts mit Dekadenz. Es gibt Menschen, die einen Rückzugsort in der Natur suchen; egal, ob arm oder reich. Geld spielt bei der Umsetzung sicher eine Rolle, aber nicht die herausragende. Wer sich einen guten Mittelklassewagen leisten kann, der ist dabei. In Schweden und in Kanada kriegen Sie eine Insel für 50.000 Euro. Das sind keine kleinen Summen, aber eben auch keine Vermögen. Schauen Sie sich doch mal in Hamburg um, wie viele Menschen sich hier eine Wohnung kaufen.

Stört es Sie, dass ein ­Inselkäufer für Außenstehende ­etwas ­Protziges haben kann? Viele potenzielle ­Kunden kommen wahrscheinlich gar nicht auf die Idee, dass sie sich das auch leisten können?
Nun ja, dann ist das eben so. Es geht ja nicht nur mir so. In der Mode, beim Schmuck – es gibt viele Produkte, die als unbezahlbar gelten. Da muss man dann eben vermitteln, dass das nicht so ist. Wenn ich nämlich etwas wirklich will, dann lohnt es sich auch, dafür etwas mehr Geld auszugeben, es ist eine Investition in das eigene Lebensglück. Das gilt auch für eine Insel: Da geht es in erster Linie um den Kauf eines Stücks eigener Natur, die einem so viel gibt.

Für Menschen mit Fernweh: Belden Island in Connecticut (USA) ist für 3,95 Millionen Dollar zu haben, Sommerhaus und Golfrasen inklusive. (c) Shoreline Aerial Photography

Wie wird man eigentlich ­Inselverkäufer?
Ich wollte 1971 selbst eine Insel kaufen und studierte damals gerade VWL. Ich dachte, es gebe an einem sehr entfernten Ort eine Insel für 5.000 Mark zu kaufen, das hätte ich mir leisten können. Leider stellte sich nach langer Anreise heraus, dass die Insel eine Million kosten sollte und für mich damit nicht in Frage kam. Um die entstandenen Kosten wieder hereinzuholen, schrieb ich ein paar vermögende Leute in Hamburg an, ob sie nicht eine Insel kaufen wollten, über mich als Makler. Drei Männer haben dann zusammen gekauft und das auch sehr stolz rum­erzählt. Das war ja damals ein Novum, so etwas. So kamen dann neue Leute auf mich zu und 1975 wurde ich dann ­Inselverkäufer.

Sie sind der ­weltweit ­erfolgreichste ­Inselmakler. ­Müssen Sie ­überhaupt noch ­Werbung oder PR für Ihr Angebot ­machen?
Ich mache in dieser Beziehung fast gar nichts. 90 Prozent der Kunden kommen über schon bestehende Kontakte. Zum Beispiel hat mir der Unternehmer Richard Branson schon mehrere Kunden vermittelt. ­Mundpropaganda ist unsere beste PR.

Es läuft also von ­allein?
Nein, so kann man das nun auch nicht sagen. Wir müssen uns natürlich schon bemühen, dass man auf uns zukommt. Wir pflegen die Kontakte sehr intensiv, jedes Jahr bringen wir einen exklusiven Kalender mit hochwertigen Motiven heraus, den wir dann rumschicken. Und es ist auch wichtig, dass bei manchen Käufern unsere Kataloge auf dem Tisch liegen und wir so im Gespräch bleiben. Es ist wie immer, wenn etwas ganz von selbst läuft: Dahinter steckt viel Arbeit. Aber große Anzeigen schalten wir nicht, nein.

 

Forsyth Island (Neuseeland) ist nur zu mieten, je nach Saison für 1.000 bis 2.000 Euro pro Tag (c) David Burns

Sind Sie sehr stolz darauf, so erfolgreich zu sein?
Es wäre arrogant zu behaupten, es sei mir egal. Ich freue mich, dass ich eine Markt­lücke entdeckt und daraus dann was aufgebaut habe. Aber zurücklehnen will ich mich deswegen nicht.

Sonst hätten Sie auch nicht 2.650 Inseln verkauft. Ist diese Zahl eigentlich verifiziert?
Ein amerikanischer Journalist hat vor ein paar Jahren zu mir gesagt, jeder könne behaupten, dass er so viele Inseln verkauft habe. Darüber habe ich mich sehr geärgert. Und deswegen mein Steuerberatungsbüro veranlasst, die Zahl zu belegen. Das haben die gemacht, die Zahl ist also offiziell.

Es scheint Ihnen jedenfalls nicht egal zu sein, wie Sie ­öffentlich wahrgenommen werden. Sie lassen sich auch nicht gerne als „Inselmakler“ bezeichnen, sondern lieber als „Kunsthändler der ­Natur“. ­Jedenfalls sagten Sie das einmal vor 16 Jahren in einem ­Interview.
Ja, das sehe ich heute immer noch so. Dazu muss man sagen, dass Makler in Deutschland leider nicht das beste Image haben. Da können sie nur bedingt etwas dafür, aber die Branche hat auch nicht gerade viel dafür getan, dass der Ruf besser wird. Doch das ist nicht der Hauptgrund. Meine Tätigkeit gleicht einfach eher der eines Gemäldegaleristen als der eines Maklers. Den Wert einer Eigentumswohnung kann ich bestimmen. Lage, Größe, Ausstattung. Ein Van-Gogh-Bild hingegen können Sie nicht danach bewerten, wie viel Farbe dafür verwendet wurde. Und das gilt bei einer Insel auch. Die Größe spielt nur eine untergeordnete Rolle, es geht mehr um Anmutung und Schönheit. Das Gefühl, das ein Kunde bekommt, ist wichtig.

Man kann viel über Sie lesen, selten tauchen Sie allerdings ­allein in Ihrer Rolle als Inselverkäufer auf. Sie engagieren sich zum Beispiel sehr beim Thema Luftverschmutzung. Ist Ihnen das wichtig, auch mit ­anderen Themen wahrgenommen zu werden?

Ich sehe einfach die Problematik. Laut Weltgesundheitsorganisation haben wir jährlich allein in der Bundesrepublik 76.000 Tote wegen der Luftverschmutzung. Das ist doch Wahnsinn. Man muss dafür sorgen, dass man die Luft hier atmen kann. Ich frage mich da immer wieder, worauf die Politik noch wartet?

Man könnte auch, wäre man böse, unterstellen, dass Sie mit Ihrem Kampf für saubere Luft durchaus auch eigennützige PR betreiben. Schließlich ist die Luftverschmutzung Teil des Klimawandels, dieser sorgt für einen steigenden Meeresspiegel. Und das wiederum könnte Inseln, besonders die flachen, für Käufer durchaus etwas unattraktiver machen.
Könnte man so sehen. Die meisten ­meiner Inseln wären davon aber gar nicht betroffen, weil sie Anhöhen von bis zu 300 Metern haben. Im Gegenteil, wenn ich zynisch wäre, müsste ich mich über Luftverschmutzung sogar freuen. Denn auf meinen Inseln in Neuseeland gibt es die sauberste Luft weltweit. Die würden ja dann im Wert steigen, wenn es überall auf dem Globus schmutziger wird. Nein, ganz ernsthaft: Ich will einfach, dass meine Enkel gut ­atmen können, auch hier in Hamburg.

Und Haapiti Rahi (Französisch Polynesien) schlägt mit knapp 5,9 Millionen Dollar zu Buche, dafür bekommt man aber auch zwei Häuser und einen Honeymoon-place-to-be wie aus der Spirituosen-Werbung. (c) Vladi Islands
Inselkäufer mögen die Natur, sie mögen frische Luft. Wie kann ich mir Ihre typischen Kunden noch vorstellen?
Als Menschen, die nicht nur Natur konsumieren, sondern sich ihr unterordnen. Die meisten Inselbesitzer fangen sehr schnell an, ihren Tag nach der Sonne auszurichten. Die Vorstellung, dass dort bis in die Nacht gefeiert wird, ist deswegen ziemlich abwegig.

Also täuscht das verbreitete Klischee von den ­Millionären, die sich auf einer ­Insel ihr ­privates Party-Paradies ­hochziehen?
Das ist sehr, sehr selten, quasi aus der Zeit gefallen. Es gibt ein paar, die sich gerne mal ein paar Freunde einladen, aber selbst das ist eher die Ausnahme. Die meisten wollen es diskret.

Warum?
Weil sie ihre Ruhe haben möchten. Stellen Sie sich vor, Ihre Familie und Ihre Freunde erfahren, dass Sie sich eine Insel gekauft haben. Was meinen Sie, wie lange Sie dort einsam Ihre Zeit verbringen können? Davor haben die ­Leute schon Angst. Sie reden dann über ihre Insel nur sehr ungern, und schon gar nicht öffentlich. Sogar innerhalb der Familie hält man sich dann sehr zurück. Man mag den Neffen vielleicht, aber er muss trotzdem nicht mitsamt Freunden auf der Insel auftauchen.

Das heißt, eine Insel ist genau das Gegenteil eines klassischen Luxusprodukts. Eine Yacht, Schmuck, teure Autos: Da geht es ja darum, gesehen zu werden, etwas zu repräsentieren.

Ja, klar, die Gründe, eine Insel zu kaufen, sind ganz andere, geradezu konträre. Und deshalb unterscheidet sich die Klientel ja auch so elementar. Die Inselkäufer wissen, dass sie ein exklusives Produkt kaufen, ja, auch Luxus. Aber sie tun das wirklich nur für sich, weil sie es wollen. Da muss man schon eine Mentalität haben, die nicht jedem gegeben ist.

Gibt es eigentlich Menschen, die Angst haben, eine Insel zu kaufen?

Ja, durchaus, meistens geht es dann um die fehlende Infrastruktur. Das ist von Käufer zu Käufer verschieden, darauf muss ich dann eingehen. Kunden, die noch zweifeln, lade ich gelegentlich ein, auf meine Insel nach Neuseeland zu kommen. Damit sie sehen, ob so etwas für sie funktionieren kann.

Was war ­eigentlich Ihr ­ungewöhnlichster Kunde?

Von den bekannten Leuten sicher Dieter Hallervorden. Der hatte sich bei mir gemeldet, weil er unbedingt eine Südseeinsel kaufen wollte. 27 habe ich mit ihm dann angeschaut, keine passte so recht. Und dann war ich in Frankreich und zeigte ihm dort spontan etwas. Frank­reich kam für ihn ursprünglich nicht in Frage – doch als er die Insel besichtigt hatte, war er absolut überzeugt. Ich wusste das vorher. Ich kann inzwischen sehr gut abschätzen, welche Insel zu wem passt.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Geld – was wirklich zählt. Das Heft können Sie hier bestellen.

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