KOM fragt: Annika Schach

Arbeitsmarkt für Agenturen

Agenturen erwarten von Bewerber*innen oft ein Hochschulstudium. Müssen sich Agenturen aufgrund des angespannten Arbeitsmarktes stärker um Nicht-Akademiker*innen bemühen?

Annika Schach: Trotz des angespannten Arbeitsmarkts: Niemand würde sich von einer Ärztin oder einem Arzt ohne Medizinstudium behandeln lassen, selbst wenn es wie im ländlichen Raum Schwierigkeiten gibt, Hausarztpraxen zu besetzen. Zwar gibt es keine Approbation für Kommunikation. Aber PR-Dienstleistungen sind heute nicht minder komplex.

Ein Studienabschluss ist der Nachweis der Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten. Das umfasst die Kompetenz, Themen und Quellen zu bearbeiten sowie Methoden und Reflexionsfähigkeit anzuwenden. Der Abschluss dokumentiert auch einen akademischen Status und ist somit quasi ein Qualitätssiegel. Seit jeher werden in Agenturen Studienabschlüsse jeglicher Art akzeptiert. Kunden erwarten fachliche Kompetenz, aber auch eine gewisse Reife, die man im Laufe des Studienlebens erlangen kann. Jungen Menschen mit Karrierewunsch „Kommunikation“ ist schon deswegen ein Studium zu empfehlen, weil in einigen Berufsfeldern wie in politischen Institutionen ein Abschluss zwingend ist.

Man könnte einwenden, dass die Inhalte eines Studiums wenig mit dem Berufsalltag in einer Agentur zu tun haben. Das stimmt bedingt. Ein gutes Studium fördert die „Soft Skills“ – die erfolgreiche Zusammenarbeit in Gruppen, die Selbstorganisation und manchmal das Durchhaltevermögen. Grundsätzlich können gefragte Kompetenzen auch durch praktische Erfahrung erlangt werden. Ein nicht stringenter Lebenslauf mit Wendungen ist für Personaler*innen sehr interessant.

Im HR-Bereich gibt es den Trend, stärker auf das Mindset als auf Qualifikationen zu schauen. Man stellt also lieber jemanden mit der richtigen Haltung ein. Die Fähigkeiten können im Job erlernt werden. Die Kommunikationsbranche arbeitet seit langem an ihrer Professionalisierung und kämpft gegen das Vorurteil an, Kommunikation könne jeder. Agenturen setzten sich dafür ein, faire Honorare für ihre Dienstleistungen zu bekommen. Da wäre es ein falsches Signal, die Qualitätskriterien aufgrund des aktuellen Arbeitsmarktes herunterzuschrauben. Weiterbildungskonzepte sind aber immer ein Weg, Qualität zu sichern.

Direkt nach dem Abitur in die Agentur? Das funktioniert gut mit einem Ausbildungsberuf, aber weniger in der Beratung. Quereinsteiger*innen mit unterschiedlichen Erfahrungen bereichern die Agenturen und machen Teams diverser. Hier sollten aber weniger junge Menschen ohne Studienabschluss im Fokus stehen als ältere Personen, Menschen aus angrenzenden Branchen oder Mitarbeitende, die Diversity-Perspektiven einbringen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe #Agenturen. Das Heft können Sie hier bestellen.

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