Fast zwei Drittel der Unternehmen betreiben eine aktive Nachhaltigkeitskommunikation, wobei für sie die Vermeidung von Greenwashing eine hohe Priorität hat. Dabei könnten Unternehmen oft noch mehr zum Thema Nachhaltigkeit kommunizieren. Das ergab eine Befragung, die der Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA in Kooperation mit dem Marktforschungsunternehmen Innofact durchgeführt hat und deren Ergebnisse am Mittwoch veröffentlicht wurden. Dazu wurden 312 Entscheider*innen im Mid-Level aus Unternehmen befragt sowie Tiefeninterviews mit 26 Entscheider*innen aus neun Branchen geführt (hier können Sie die Studie einsehen).
Problem „Greenhushing“
So gaben 63 Prozent der befragten Unternehmen an, aktive Nachhaltigkeitskommunikation zu betreiben. Doch wie in den Tiefeninterviews herauskam, setzten viele Unternehmen mehr Nachhaltigkeitsmaßnahmen um, als sie kommunizierten. Für ihre Zurückhaltung gibt es laut Studie verschiedene Gründe:
- Andere Themen sind in der Außenkommunikation wichtiger.
- Bestimmte Nachhaltigkeitsthemen erscheinen wenig geeignet für die Kommunikation, weil sie zu „trocken“ oder „uninteressant“ sind.
- Sind die Nachhaltigkeitsbemühungen noch nicht so weit fortgeschritten, dass man nachhaltige Produkte anbieten kann, kommunizieren Unternehmen lieber gar nicht, als Teilerfolge zu vermelden.
- Es herrscht die Überzeugung, dass es wichtiger ist, nachhaltig zu sein, als sich als nachhaltig darzustellen.
- Viele der Befragten aus dem Marketingbereich würden gerne mehr zum Thema Nachhaltigkeit kommunizieren. Doch dies wird vom Top-Management oft nicht gewünscht, aus Angst vor Kritik oder einem Shitstorm (sogenanntes Greenhushing).
Ein wesentlicher Grund für die selbst auferlegte Zurückhaltung ist also, dem Vorwurf des sogenannten Greenwashing zu entgehen, also eine Organisation bei ihrem Umweltengagement besser darzustellen, als das tatsächlich der Fall ist.
Jedes zweite Unternehmen hat eine Nachhaltigkeitsstrategie
Grundsätzlich sehen sich die befragten Unternehmen bei der eigenen Umsetzung von Nachhaltigkeit und dem Stellenwert, den sie ihr beimessen, gut aufgestellt. 78 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, eher oder sehr weit fortgeschritten in der Umsetzung von Maßnahmen zu sein. Was Nachhaltigkeit genau ist, wird dabei unterschiedlich verstanden: Je intensiver sich Unternehmen mit Nachhaltigkeit beschäftigen, desto eher wird diese ganzheitlich im Sinne der ESG-Definition (Environmental, Social, Governance: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) aufgefasst.
Jedes Unternehmen sieht aber auch Verbesserungsbedarf. Dabei zeigte sich: Unternehmen, die sich weniger mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigten, sahen sich besser aufgestellt als jene, die mit dem Thema bereits intensiv befasst waren. Und je höher die Befragten in der Hierarchie angesiedelt waren, desto weniger Optimierungspotenzial sahen sie.
Bereits etwas über die Hälfte der Unternehmen hat Nachhaltigkeit in einer Strategie verankert. 42 Prozent erstellen bereits Nachhaltigkeitsberichte. Jedes dritte Unternehmen (36 Prozent) gibt an, derzeit zumindest an einer Strategie zu arbeiten. Ein Befund der Studie: Je kleiner das Unternehmen, desto seltener existiert eine Strategie. 26 Prozent der Befragten gaben an, dass Nachhaltigkeit von einer eigenen Abteilung verantwortet wird. Und nur 25 Prozent können Nachhaltigkeitsbeauftragte nennen.
Unternehmen fühlen sich vor allem aus fünf Gründen zu nachhaltigem Handeln veranlasst: Ressourcenschonung (52 Prozent), Beitrag zum regenerativen Wirtschaften (49 Prozent), Teil der Unternehmenskultur (47 Prozent), Imagegründe (42 Prozent) sowie Kostenersparnis (40 Prozent).
Agenturen ohne Nachhaltigkeitsmanagement im Nachteil
Einig sind sich die befragten Unternehmen darin, dass die Relevanz von Nachhaltigkeit steigen wird. So prüfen sie auch zunehmend die Zusammenarbeit mit Agenturen. Aktuell setzt ein Drittel der Unternehmen bei der Zusammenarbeit mit Kommunikationsagenturen voraus, dass diese nachhaltig agieren. 60 Prozent der Befragten prognostizieren in spätestens vier Jahren, Agenturen ohne Nachhaltigkeitsmanagement von Aufträgen auszuschließen.
Für fast ein Drittel der Auftraggeber sind formale Nachweise zu Nachhaltigkeit bei Agenturen wie beispielsweise ISO-Normen wichtig. Unternehmen erwarten von Agenturen Nachhaltigkeit vor allem beim Büromanagement, Mobilität und Gebäudemanagement. Bisher werde das Nachhaltigkeitsmanagement von Agenturen besonders häufig anhand der externen Kommunikation beurteilt, schreiben die Studienautor*innen. Doch die Darstellung als nachhaltig agierende Agentur rufe bei manchen Unternehmen Skepsis hervor und brauche den Nachweis.