Achte auf Deine Worte – und auf die richtige Quellenangabe

Kommunikation

„Achte auf Deine Worte, denn sie werden Deine Taten und Dein Charakter“… von wem stammt wohl diese Weisheit? Das war eine offen gebliebene Frage in meinem letzten Kolumnenbeitrag. Dabei ging es eigentlich um die allenthalben um sich greifende (nicht mehr nur) verbale Radikalisierung in Politik und Gesellschaft, insbesondere bei Verdi, Landwirten und Lokführern. In meinem Beitrag diesmal wollte ich auf die Quelle dieses Zitates und allgemein auf die Arbeit mit Quellen von Zitaten und Lebensweisheiten eingehen und ausnahmsweise mal nichts zur Deutschen Bahn schreiben. Aber wie so oft ergeben sich dann doch Anknüpfungspunkte, die man als Kolumnist und Kommunikations-Mensch nur schweren Herzens links liegen lassen kann. Aber der Reihe nach…

Erst einmal haben sich Bahn und GDL endlich, endlich nach vielen Verbal-Attacken und Geschrei und Gestreik zu Lasten von Otto Normalverbraucher geeinigt. Jetzt haben wir Ruhe – zumindest für ein Jahr, bevor mit der zweiten Bahn-Gewerkschaft EVG absehbar der Streikzug von neuem anfährt. Andere Forderungen, andere Player, die Folgen für Kunden werden aber die gleichen sein.

Und was die Folgen von Worten angehen, machen sie nicht nur einen schlechten Charakter, sondern auch ein schlechtes Image. Und so gesehen haben Bauern und Gewerkschaften in diesem Jahr schon ziemlich viel für ein schlechtes Image getan. Das müsste fürs Erste eigentlich genügen.

Den Urheber eines Zitats finden – gar nicht so einfach

Aber zurück zur Lebensweisheit mit den Worten und dem Handeln. Auf der Suche, von wem sie stammt, finden sich in den Weiten des Internets gleich mehrere Quellenangaben. Die eine besagt, das Zitat „Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Deine Worte, achte auf Deine Worte und so weiter…“ stamme aus dem jüdischen Talmud (was nicht die jüdische Bibel ist – also bitte nicht verwechseln, auch nicht mit der Tora oder dem Tanach). Andere nennen als Urheber den britischen Schriftsteller Charles Reade, der wiederum soll die Lebensweisheit aus einem chinesischen Sprichwort übernommen und verbreitet haben. Wieder andere nennen als Urheber den Amerikaner Frank Outlaw.

Vielleicht ist von allem ein bisschen was richtig, vielleicht stimmt aber auch keine der Herleitungen. So ganz genau wissen wir es nicht. Und das ist ein Problem. Viele Zitate, Behauptungen oder Informationen, die wir zum Beispiel beim Verfassen eines Rede-Manuskripts nutzen möchten, lassen sich nicht eindeutig einer Quelle zuordnen. Da steht im Duden Band 12 etwas anderes als unter zitate.de. Wer ist der Urheber und wer der Überlieferer? Und wie gehen wir damit um, wenn wir in den diversen Kommunikationsmaßnahmen unserer PR (Rede, Pressemitteilung, Editorial, Beitrag etc.) ein bestimmtes Zitat oder eine Redewendung verwenden wollen?

Recherche und Gegen-Check

Die Antwort lautet: Vorsicht walten lassen. Und zwar in mehrfacher Hinsicht. Zum einen verlangt die Nutzung fremden gedanklichen Eigentums – also Verwenden eines Zitats – eine sorgfältige Recherche nach der Quelle. Das wiederum bestärkt einmal mehr meine Aussage, dass Recherche nicht nur im Journalismus, sondern auch in der PR der vielleicht wichtigste Arbeitsschritt ist, der entsprechend auch am meisten Zeit in Anspruch nehmen darf. In meiner Zeit bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa) galt immer der Satz „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“. Eine Meldung, auf die sich später Dutzende Redaktionen berufen und die zu Millionen Abdrucken führt und damit zu entsprechend vielen Rezipienten gelangt, durfte erst herausgegeben werden, wenn eine eindeutige Quelle vorlag: eine Pressemitteilung, ein öffentliches Statement, eine Autorisierung oder andere Formen der Bestätigung durch eine Pressestelle. Auch dann, wenn ich die Informationen über einen guten Draht schon vorab hatte, brauchte es Gewissheit, dass die Angaben stimmen. So genannte „Enten“ wurden damit vermieden. Ich erinnere mich, dass meine damalige Redaktionsleiterin im Leipziger Büro der dpa (wo ich als Gerichtsreporter tätig war) großen Wert auf diese Genauigkeit legte.

Zweitens – das passt auch besser zur oben genannten Lebensweisheit mit den Worten und dem Charakter – ist es wichtig, mehrere Recherche-Quellen zu Rate zu ziehen. Also nicht nur im Duden oder bei Wikipedia nachschauen… Gerade wenn es um Zitate oder Redewendungen geht, gibt es eine Reihe von Sammelbänden, Lexika, das Internet und natürlich auch Primärquellen. Also um Shakespeare zu zitieren, einfach mal bei Shakespeare nachschlagen („Schlag nach bei Shakespeare“ stammt woher?)

Studien und Umfragen: Sich selbst zur Quelle machen

Drittens kann ich – auch das eine bekannte PR-Maßnahme – mich selbst zur Quelle machen. Ein mittelständisches Unternehmen zum Beispiel kann eigene Umfragen oder Studien durchführen, allein oder in Kooperation mit anderen (gerne wissenschaftlichen) Partnern. Wichtig ist natürlich, dass die Ergebnisse belastbar sind und die Botschaft viele Menschen interessiert. Eigene Quelle zu sein bewahrt nicht davor, den Grundsätzen guter funktionierender Kommunikation entsprechen zu müssen. Aufs Zitat bezogen kann das auch heißen: Statt lange nach einem Beleg für den Zitatgeber zu suchen, einfach einen eigenen knackigen Satz entwickeln.

Oder wir können – viertens – genau das sagen, was wir über die Herkunft eines Zitats wissen: nämlich, dass wir es nicht wissen. Wir formulieren es einfach als „das Frank Outlaw zugeschriebene Zitat“ oder „dass es in einem Sprichwort heißt…“ – Ganz einfach Vorsicht walten lassen. Es ist selbst in einer wichtigen Rede keine Schande zuzugeben, dass die genaue Quellenlage unklar ist. Das ist allemal besser, als voller Überzeugung einen Zitatgeber zu benennen, der sich bei der ersten Überprüfung (manche Leute machen das mit dem Smartphone, während der Redner noch weiterspricht) als falsch herausstellt.

Die unterschiedlichen Quellen der Bahn

Wir sehen also: Für den Umgang mit und die Frage nach Quellen gibt es sehr viele Wege. Wo es möglich ist, sollten die Quellen auf unseren verschiedenen Kommunikationskanälen natürlich einheitlich sein. Und damit sind wir dann wieder bei der Bahn… Ich bin neulich von Freiburg zurück nach Bonn gefahren, der Zug hatte natürlich Verspätung, weil wir auf Anschlussreisende warten mussten (die Verspätung ergab sich aber während der Fahrt, die Aussage kann also nicht stimmen), wir kamen dann mit Verspätung in Mannheim an, wo mein Anschlusszug nicht auf Anschlussreisende (nämlich auf uns) wartete. Was zudem auffiel: die Durchsagen des Zugpersonals (25 Minuten später) stimmten nicht mit den Anzeigen in den Waggons (14 Minuten später) überein, und diese wiederum nicht mit den Angaben in der App DB Navigator. Da frage ich mich dann schon: Was ist die Quelle Eurer Angaben? Es kann doch nur eine geben, weil es diesen Zug ja nur einmal gibt?! Oder zieht sich die Bahn-App die aktuellen (Echtzeit-) Daten aus einem Parallel-Universum? Liebe Bahn, ihr habt jetzt bis zu den nächsten Tarifverhandlungen Zeit, eine Antwort darauf zu finden. Ich bin gespannt…

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