Den Teleprompter meistern

Reden schreiben, Reden halten

Es klingt verführerisch: Man schaut in eine Kamera und liest einen Text vor, der während des Sprechens auf einer Glasscheibe mitscrollt, erdacht von einer gut bezahlten Redenschreiberin – schon der Gedanke, ohne jede Vorbereitung beeindruckende Reden zu halten, lässt viele CEOs oder Politikerinnen große Augen bekommen. Wenn Barack Obama das kann, dann kann ich das auch.

Ganz klar: Nein, das kann der CEO nicht, zumindest nicht ohne Übung. Obama ist ein Meister des Teleprompters und hat diesem Gerät zu einem ungeahnten Hype verholfen.

Ein Teleprompter besteht aus einer Glasscheibe, die vor die Kamera montiert wird und auf die man den Text für die Rede spiegelt, ohne dass die Kamera den Text aufnimmt. Dazu kommt eine entsprechende Software, die den Text umwandelt. In meiner Jugend hat so ein Gerät 60.000 Mark gekostet. Wenn ich mit einem Teleprompter im Studio arbeiten durfte, war ich ganz ehrfurchtsvoll. Heute gehen die Preise für ein einfaches Gerät schon mit 100 Euro los, dazu kommen ein Smartphone oder Tablet sowie ein tragfähiges Stativ.

Die Entwicklung schreitet mit großen Schritten voran. Blogger und Youtuberinnen haben den Bedarf explodieren lassen. Mittlerweile gibt es Software, die automatisch den Text weiterscrollt, sobald der Redner den Satz gelesen hat. Moderne Teleprompter sind bei Veranstaltungen selbst für das Publikum kaum zu erkennen. Nur das unnatürlich monotone Hin- und Herschauen zwischen den beiden Monitoren rechts und links lässt den Profi das Hilfsmittel erkennen.

Trainieren für den Teleprompter

Barack Obama weiß genau, wie man eine Rede für den Teleprompter schreibt und wie man sie abliest. Der war mit seinen Redenschreibern ein eingeschworenes Team und hat viel an seinen Reden mitgewirkt, sodass er den Eindruck von Mühelosigkeit erzeugen konnte. Lernen muss man also auch, aber die Inhalte eines Trainings für den Teleprompter sind deutlich anders als ein Training für eine Rede nach Stichworten. Mir sagen immer wieder Führungskräfte, dass sie mit Teleprompter nicht zurechtkommen. Das gilt aber auch für das Mauern von Garagen oder das Sticken von Vereinsfahnen. Wenn ich nicht weiß, wie es geht, ist es schwierig.

So einen Teleprompter kann man, wie erwähnt, recht günstig kaufen. Heute bietet das aber auch jede Filmfirma an, und man kann den technischen Aufwand den Profis überlassen. Meiner Erfahrung nach sind diese Firmen aber unterschiedlich kompetent. Je genauer Sie sagen, was Sie wollen (eine Person, die nichts anderes macht, als den Prompter zu bedienen, der Monitor muss so groß sein, dass er aus zwei Meter Entfernung gelesen werden kann usw.), desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es klappt.

Es sollten immer ein oder zwei Proben stattfinden und zwar mit dem Techniker, der den Teleprompter auch fahren wird, der sogenannte Operator. Die Führungskraft muss sich darauf verlassen können, was der Teleprompter-Operator macht. Außerdem lernt der Operator durch die Proben, wo die Kunstpausen sind und wo die Rednerin möglicherweise den Faden verloren hat. Ich empfehle einer Rednerin, bei den Proben einen Hustenanfall zu simulieren, um zu sehen, was dann passiert.

Auch für sehr versierte Redende kann der Teleprompter das Mittel der Wahl sein, zum Beispiel bei einer Preisverleihung in der Frankfurter Paulskirche oder bei einer Bilanzpressekonferenz. Wenn der Börsenkurs davon abhängt, sollte man nicht einfach mal sehen, wie die Chefin heute drauf ist, sondern sich auf einen exakt vorgeschriebenen Text verlassen, der vorher durch die Rechtsabteilung gegangen ist.

Viele meiner Kollegen und Kolleginnen benutzen den Teleprompter auch als Stichwortgeber, wenn sie kurze Filmsequenzen drehen, oder bei Telefonkonferenzen. Die Teilnehmer werden vor die Kamera gespiegelt, und ich habe mein Publikum immer im Blick, während ich spreche. Die Erinnerung an den CEO, immer nur ja in die Kamera zu gucken, entfällt. Für Menschen, die häufig in Online-Konferenzen sitzen oder online vortragen, ist das eine große Erleichterung.

Checkliste für die Arbeit mit dem Teleprompter

  1. Es sind immer mindestens 5 bis 6 Zeilen zu sehen, damit die Sätze als Gedanken gesprochen werden können und nicht in Satzstücken.
  2. Bei großen Monitoren wird der Text auf zwei Drittel DIN A4 (hochkant) formatiert, damit man die Augen beim Lesen nicht wandern sieht.
  3. Auch im Teleprompter kann man mit Sprechzeichen arbeiten (Fettungen, Unterstreichungen, inverse Schrift, Symbole). Man muss nur darauf achten, dass die Techniker beim Umwandeln des Textes nicht die Formatierung rausschmeißen.
  4. Die Schrift richtet sich nach den Gewohnheiten der Sprechenden. Ich empfehle eine Serifenschrift wie Times New Roman, weil so auch alle Zeitungen gesetzt sind.
  5. Der Teleprompter sollte nicht mit freiem Text gemischt werden. Jemand wie Anne Will beherrscht das, für die durchschnittliche Führungskraft ist das immer ein Stolperstein.
  6. Auch Leerzeilen können sehr hilfreich sein, das Thema für die Redenden zu strukturieren und sie einzuladen, auch mal eine Pause zu machen. Ungeübte Teleprompter-Nutzer erkennt man nicht an den „Ähs“, sondern an der pausenlosen Redeweise.