Schatzmeisterin ist sie schon gewesen im BdP, Landesgruppensprecherin ebenso und zuletzt geschäftsführende Vizepräsidentin der mit 4.700 Mitgliedern größten berufsständischen Vereinigung für Presseverantwortliche und Kommunikationsmanager. Regine Kreitz wusste also, wovon sie sprach, als sie ihren Vorgänger im Amt des Präsidenten lobte: „In Jörg Schillingers vierjähriger Zeit als Präsident ist die Attraktivität des BdP deutlich gewachsen. Und es ist keine Kleinigkeit, als Ehrenamtler einen so großen Verband zu führen.“
Jörg Schillinger übergab sein Amt nach vier Jahren an Regine Kreitz. (c) Jana Legler
In den kommenden zwei Jahren ihrer Amtszeit wird Kreitz, Director Communications der Hertie School of Governance in Berlin, es Schillinger nun nachtun. Einstimmig schenkte die BdP-Mitgliederversammlung ihr am Abend vor dem Beginn des Kommunikationskongresses das Vertrauen. Über ihre Agenda, ihren eigenen Anspruch und das Selbstverständnis des BdP verrät sie im Interview mehr.
Frau Kreitz, seit mehr als zehn Jahren sind Sie inzwischen im BdP aktiv, nun sind Sie zur Präsidentin des Verbands gewählt worden. Worin sehen Sie Ihre größte Herausforderung?
Regine Kreitz: Das Schöne ist: Der Verband steht super da. Er hat jetzt 4700 Mitglieder und er wächst. Das ist ein großer Verdienst meines Vorgängers Jörg Schillinger. Wir agieren in sehr spannenden Zeiten. Die professionelle Kommunikation und damit unser Beruf wandeln sich momentan enorm. Wir tragen immer mehr Verantwortung. Dieser Wandel wird eine der Herausforderungen für den BdP und für mich als Präsidentin werden. Wir können als BdP sehr viel tun, diese Zukunft mitzugestalten, und unsere Mitglieder dabei unterstützen, den Wandel zu meistern. Dafür haben wir eine großartige Ausgangsposition.
Das Berufsbild wandelt sich in der Tat, die Bezeichnung „Pressesprecher“ greift eigentlich längst zu kurz. Wie wird sich der BdP darauf einstellen?
Unser Anspruch ist, klarzumachen: Wir sind der Verband der Inhouse-Kommunikatoren. Völlig klar, der Beruf wird vielfältiger, das Berufsbild differenziert sich – auch durch technologische Entwicklungen – immer noch weiter aus. Es entstehen ganz neue Kommunikationsdisziplinen, und das stärkste Wachstum gibt es natürlich im Bereich Digitalkommunikation. Eine Durchsicht der Stellenausschreibungen in unserer Branche der letzten paar Monate ergab, dass 21 Prozent „Social Media Manager“ gesucht werden, aber nur drei Prozent „Pressesprecher“. Die gute Nachricht lautet: Das alles ist unser Berufsfeld, wir gehören alle zusammen. Und wir als BdP haben den Anspruch, die Klammer für all diese Ausdifferenzierungen zu sein. Ich freue mich umso mehr, dass wir zwei neue Kollegen im Präsidium begrüßen können, die Digitalkompetenz verkörpern: Ina Froehner, Director, Corporate & Brand Communications bei Dawanda, und Magnus Hüttenberend, Group Head of Digital Communications, TUI. Gemeinsam mit ihnen wollen wir im BdP umsetzen, was wir in den letzten zwei, drei Jahren vorgedacht haben.
Gemäß offiziellem Claim lautet der Anspruch des BdP: „Kommunikation verantworten“. Wie füllen Sie den mit Leben?
Ich bin ein großer Fan dieses Claims. Da steckt eigentlich alles drin. Prägnant ist beispielsweise inzwischen die Coaching- und Beratungsrolle von Kommunikatoren. Wir sind Enabler für die Entscheider in Unternehmen, Verbänden, Organisationen. Das bereichert unseren Job. Wir sind aber vor allem die Inhouse-Kommunikatoren. Das heißt, wir tragen Verantwortung. Und mit der Vielzahl der Kanäle wächst unsere Verantwortung für professionelle, wertegebundene Kommunikation.
Stirbt der klassische Pressesprecher aus?
Das glaube ich nicht, nein. Auch wenn der klassische Pressesprecher inzwischen viele Kollegen mit ausdifferenzierten Aufgabengebieten hat, ist seine Funktion noch immer wahnsinnig wichtig. Denn auch der Journalismus und die Medien befinden sich gerade in einem dramatischen Wandel. Ein Pressesprecher hat hier nach wie vor eine taktgebende Funktion. Was in der Kommunikation mit den Medien gilt − Transparenz, Fairness und Faktentreue –, gilt auch für die anderen Kanäle.
Was wollen Sie als BdP-Präsidentin jungen Kommunikatoren mit auf den Weg geben?
Unser Verband funktioniert als Netzwerk, wo man von Kompetenz und Know-how anderer leicht profitieren kann. Er lebt davon, dass seine Mitglieder aktiv werden können. Mein Präsidiumsteam und mich sehe ich in der Verantwortung, zu ermöglichen, dass das gelebt werden kann. Umso bedeutsamer sind starke Landes- und Fachgruppen, wie es sie bereits gibt. Sie garantieren zum einen den regionalen und zum anderen den Branchen-Bezug. Neu im BdP sind die sogenannten Kompetenzgruppen. Mit ihrer Hilfe reflektieren wir die Ausdifferenzierung unseres Berufs. Zur Kompetenzgruppe Interne Kommunikation kommt ab demnächst die Kompetenzgruppe Digitale Kommunikation. Das Interesse daran ist riesengroß.
Digital Natives sind eine Generation, die das Verbandswesen an sich mitunter als piefig oder als eine altbackene Art des Netzwerkens sieht. Wie wollen Sie diesen jungen Kollegen die Benefits des BdP nahebringen?
Wer genau hinsieht – und das tun Kommunikatoren in der Regel (lächelt) –, erkennt sofort, dass wir kein klassischer Top-Down-Verband sind. Mir ist total wichtig, dass das so bleibt. Bei uns kann jeder aktiv werden, die Infrastruktur nutzen, sich einbringen, von erfahrenen Kollegen profitieren. Es ist ein Verdienst von Jörg Schillinger, dass wir die Nachwuchsarbeit im Verband stark intensiviert haben. Unser Bildungsbeauftragter Ulrich Kirsch engagiert sich enorm, wir arbeiten inzwischen ganz eng mit Hochschulen zusammen, organisieren dort jährlich eine Akademie. Wir wissen: Ein Nachwuchspreis allein reicht nicht – man muss das alles miteinander vernetzen. Dazu gehört etwa, Absolventen mit Praktikern zusammenzubringen bei der jährlichen BdP-Sommerakademie und auf dem Kommunikationskongress. Oder denken Sie an unsere Young Professionals. Ein Angebot, das hervorragend ankommt. Unser Ziel ist, daneben auch die jüngeren PR-Fachleute und Inhouse-Kommunikatoren noch stärker anzusprechen und innerhalb des Verbands zu vernetzen.
Bitte lächeln! Digitalkommunikation wird im Bundesverband künftig durch eine eigene Kompetenzgruppe stärker vertreten sein. (c) Jana Legler
Im Gegensatz zum Großteil der BdP-Mitglieder haben die jüngeren Kollegen noch keine Leitungsfunktion. Ist diese Zielgruppe dennoch relevant für Sie?
Sie haben Recht. Der überwiegende Teil unserer Mitglieder trägt Führungsverantwortung. Dass diese Fachleute bei uns Mitglied und durch uns vernetzt sind, ist uns auch sehr wichtig. Uns geht es darum, beide Zielgruppen zu erreichen. Gerade die Jungen wissen um die Vorteile des Netzwerkens – übrigens auch im nicht-virtuellen Raum.
Das Thema des diesjährigen Kommunikationskongresses lautet „Relevanz“. Glauben Sie, die Rolle von Kommunikatoren wird künftig eher noch relevanter werden – oder weniger relevant sein? Stichwort: Fake News.
Was wir tun, wird jeden Tag relevanter! Denn glaubwürdige, vertrauensbildende Kommunikation wird in unsicheren Zeiten immer wichtiger. Hier spielen wir Kommunikatoren auch eine wichtige Rolle innerhalb der Gesellschaft. Durch die Vielzahl der medialen Angebote und Kanäle verbreiten sich falsche Informationen schneller und einzelne, anonyme Pöbler haben leichteres Spiel. Aber wir können dem etwas entgegensetzen – mit unseren eigenen, professionellen Standards. Es mag pathetisch klingen, doch ich sehe keine Entwicklung, dass die Lüge obsiegt, nur weil es Erregungswellen gibt, die durch sie entstehen. Bricht jetzt das Zeitalter an, wo sich die Lüge generell eher durchsetzt? Nein, ganz sicher nicht. Wir können gar nichts anderes tun, als das, was wir bislang schon gut gemacht haben, weiter so gut zu machen – oder sogar noch besser.
Werden klassische Medien ihre Relevanz weiter verlieren?
Tun sie das wirklich in dem Maße? Oder war es in der Vergangenheit für Medien nur einfacher, die eigene Relevanz zu überschätzen? Sicher konnte man mit einem Kommentar auf Seite 1 der Zeitung zuweilen die Agenda beeinflussen, aber längst nicht immer. Und heute wird die Gruppe der Adressaten, die diesen Kommentar automatisch relevant findet, kleiner – und die Gruppe derer, in deren Newsfeed ganz andere Themen, Nachrichten, Botschaften oben stehen, größer. Diese fragmentierte Öffentlichkeit macht es auch für uns als professionelle Kommunikatoren immer anspruchsvoller, jeweils im richtigen Moment die Relevanz der Ereignisse einzuschätzen – für unser Unternehmen oder unsere Organisation und für unsere Stakeholder.
Die Zahl der Kanäle für Ihre Botschaften wird dabei aller Wahrscheinlichkeit nach noch zunehmen.
Mag sein. Aber ich denke mir als Kommunikator ja keine neue Wahrheit aus, nur weil ich mehr Kanäle zur Verfügung habe (lächelt). Das ist das Entscheidende. Klar macht die heutige „Sofortness“ eine ausgeruhte Kommunikation schwieriger. Es muss eben oft sofort reagiert werden, und die Reaktion muss dennoch qualitativ einwandfrei sein. Es muss weiter unser Anspruch sein, auch in hektischen Zeiten angemessen und umsichtig zu kommunizieren. Wir können ja nicht die Qualität senken, nur weil’s Snapchat gibt − nach dem Motto: Ist eh gleich wieder weg (lacht). So kann nur operieren, wer Kommunikation nicht beruflich verantwortet und wer keinen Kommunikationskodex hat.
Sehen Sie für die zwei Jahre Ihrer Amtszeit erhöhten Handlungsbedarf, was die Rolle des BdP als Lobby-Organisation, beispielsweise bei Gesetzgebungsverfahren, betrifft?
Wissen Sie, ich bin ganz froh, dass wir uns nicht in einem übermäßig regulierten Bereich bewegen, in dem es permanent auf gesetzgeberische Initiativen ankommt. Wir sollten das auch nicht zwanghaft suchen, sondern nur dann, wenn es von Nutzen für unsere Mitglieder ist. Absehbar werden uns vor allem die Themen Datenschutz auf EU-Ebene und Netzwerksdurchsetzungsgesetz weiterhin beschäftigen.
Das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz wendet sich unter anderem gegen Hasskriminalität in sozialen Netzwerken.
Ja. Hate Speech ist ein sehr relevantes Thema. Dagegen vorzugehen, ist nicht nur richtig, sondern auch unumgänglich. Wir sind nur skeptisch, wie weit man mit Gesetzen und Löschinitiativen kommt. Im BdP starten wir in Kürze das Modellprojekt „Hate-Speech entgegentreten. Demokratische Diskussionskultur im professionellen Kontext stärken“, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finanziell gefördert wird, und das wir unter anderem gemeinsam mit der gemeinnützigen Amadeu Antonio Stiftung umsetzen. In den kommenden zwei Jahren wird es ein umfangreiches Workshop-Programm geben. Wir wollen rechtliche Aspekte und kommunikative Handlungsmöglichkeiten durchleuchten. Da gibt es bislang nämlich wenig bis nichts. Am Ende sollen ganz konkrete Hilfestellungen stehen. Wir sehen dies auch als Teil der gesellschaftlichen Verantwortung unseres Berufs an.
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Lesen Sie mehr Berichte und Interviews vom Kommunikationskongress 2017 in unserem Dossier (hier klicken).