"Wir experimentieren jeden Tag"

Mickeleit und Bauer im Interview

Microsoft gilt als einer der Vorreiter in moderner Interner Kommunikation. Warum ist das so? Was bedeutet es überhaupt? Welche Schritte das Unternehmen dabei geht, welche Fehler passieren und welche Herausforderungen noch bevorstehen – darüber sprach pressesprecher am Rande von Microsofts Ideafest mit Thomas Mickeleit, Director of Communications und Mitglied der Geschäftsleitung von Microsoft Deutschland, und Bianca Bauer, Internal Communications Lead.

Herr Mickeleit, Frau Bauer, glauben Sie, dass Microsoft interne Kommunikation anders denkt als andere Unternehmen?

Thomas Mickeleit: Im Prozess der digitalen Transformation sind wir vermutlich weiter als die meisten Unternehmen – einfach aufgrund der Tatsache, dass wir die Branche anführen. Deshalb haben wir früher als andere Erfahrungen gemacht, gelernt, was geht und was nicht geht. Andererseits ist es nicht so, als wären uns nicht die gleichen Probleme begegnet wie anderen Unternehmen. Interne Kommunikation wurde bei uns lange Zeit als Thema eher vernachlässigt. Erst im Rahmen dieser Transformation kam das Thema wieder auf die Agenda. In den letzten Jahren haben wir hier massiv aufgerüstet, sowohl personell als auch finanziell.

Würden Sie sagen, dass die Anforderungen an den Bereich interne Kommunikation in der letzten Zeit gestiegen sind?

Mickeleit: Die Anforderungen sind massiv gestiegen – nicht zuletzt, oder sogar primär deshalb, weil viele Unternehmen gerade mit der digitalen Transformation beschäftigt sind. Diese ist nicht nur, wie man vordergründig vielleicht denken könnte, die Einführung von neuen Technologien, sondern verbunden mit Change Management. Es geht um Zusammenarbeit, darum, wie Mitarbeiter miteinander kollaborieren. In diesem Kontext ist die interne Kommunikation extrem gefordert. Das ist eine Herausforderung, denn diese Aufgabe steckt sozusagen nicht unbedingt in den Genen der Kommunikation. Vom Werksredakteur der Betriebszeitung hin zu einer Change-Management-Rolle ist es ein ziemlicher Entwicklungsschritt.

Wie werden solche Change-Prozesse von den Microsoft-Mitarbeitern aufgenommen?

Die sehr flexible Struktur, in der wir arbeiten, hat natürlich eine Kehrseite. Jeder kann sich aussuchen, wann und wo er arbeiten will. Ob beim Kunden oder von zuhause – das ist alles möglich. Allerdings: Die Mitarbeiter sind eben nicht vor Ort. Miteinander sprechen und Kontakte pflegen möchten sie aber dennoch. Dass dieses Bedürfnis sogar wächst, wird aus Mitarbeiterumfragen deutlich. Unter solchen Umständen die Teams zusammenzuhalten, den persönlichen Austausch sicherzustellen – das kann ein Problem sein. Dabei geraten wir als interne Kommunikation immer mehr in die Rolle eines Moderators oder Vermittlers, versuchen, solche Begegnungen zu ermöglichen – beispielsweise in Form von informellen Begegnungen wie After-Work-Veranstaltungen.

Bianca Bauer: Auch in Bezug auf unsere verschiedenen Regional Offices ist das schwierig: München ist unsere Zentrale, aber wir wollen natürlich auch alles Wichtige zu den anderen Standorten tragen. Im Moment schaffen wir das aber noch nicht hundertprozentig, denn nicht immer sind die technischen Voraussetzungen gegeben.

Sprechen wir über Formate: Welche neuen Projekte oder Initiativen hat die interne Microsoft-Kommunikation in letzter Zeit angestoßen?

Mickeleit: Kürzlich haben wir ein unternehmensinternes Videoformat eingeführt – im Stil von „Hart aber fair“. Von Mitarbeitern haben wir immer wieder die Rückmeldung erhalten, dass die Kommunikation nicht die eigentlichen Probleme anspricht. Diesem Vorwurf wollten wir hiermit entgegenwirken. Wir haben uns bewusst heiß diskutierte Themen herausgesucht und diese in unserem internen Social Network zur Debatte gestellt.

Bauer: Wir haben ein Thema gepostet und die Mitarbeiter nach ihrer Meinung dazu gefragt. Fünf bis sieben Mitarbeiterfragen werden schließlich ausgewählt und mit der Geschäftsleitung diskutiert – Thomas moderiert das Ganze. Dabei werden bewusst kritische Fragen ausgewählt. Die Geschäftsleitung muss dann Rede und Antwort stehen.

Mickeleit: Eine besonders große Reichweite erzielen wir damit bisher noch nicht – nicht jeder nimmt sich die Zeit, sich das 15-minütige Video anzusehen. Nun denken wir darüber nach, das Ganze in ein Live-Format umzuwandeln, um es aus der virtuellen in die reale Welt zu bringen. Mit solchen Geschichten experimentieren wir jeden Tag, versuchen, Erfahrungen zu sammeln und sie gegebenenfalls noch etwas weiterzudrehen.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit der Microsoft-Kommunikation mit anderen Abteilungen? Nicht immer fühlen sich Kommunikatoren von anderen Abteilungen gehört.

Bauer: Vor zwei Jahren hat sich Microsoft in Deutschland relativ stark neu organisiert. Dabei wurde ein Transformation-Team gebildet, das alle Change-Projekte im Unternehmen begleitet. Jede Abteilung stellt einen Repräsentanten – auch ich bin Teil davon. Wir kommen einmal in der Woche zusammen und sind digital in einem fast ständigen Austausch. Dadurch ist man immer darüber informiert, was in anderen Abteilungen passiert. Ich finde es sehr wichtig, dass die Kommunikation in diese Projekte eingebunden ist.

Mickeleit: Als Repräsentant der Kommunikation in der Geschäftsleitung glaube ich, dass es ein Vorteil ist, auf diesem Weg mit den anderen Funktionen auf Augenhöhe verkehren zu können. Generell ist das Verständnis dafür da, dass Kommunikation in der Transformation eine wichtige Rolle spielt. Der Platz wird einem jedoch nicht geschenkt. Sich in diese Prozesse einzubringen, ist eine Herausforderung. Wichtig ist auch, als Team aufzurüsten, die Kompetenzen dafür aufzubauen, wertschöpfende Beiträge leisten zu können. Viele von uns kommen ja eher aus dem Bereich der Texterstellung. Gerade sprachen wir über die gestiegenen Anforderungen an die Kommunikation, doch auch an die Kommunikatoren selbst gibt es höhere Ansprüche. Das beginnt schon bei der Technik, die sie beherrschen sollten – sie müssen beispielsweise heutzutage vor und hinter der Kamera kompetent sein. 

Es gab auch Phasen, in denen wir aus anderen Abteilungen die Rückmeldung erhalten haben: Ihr habt nicht die richtigen Formate, nicht die richtigen Kanäle, positioniert die aus Unternehmenssicht relevanten Themen nicht gut genug. Um das besser zu machen, haben wir eine ganze Reihe von Schrauben verstellt.

Microsoft entwickelt Lösungen für die interne Kommunikation für andere Unternehmen – ist das Kundenfeedback dazu auch für Ihre eigene Kommunikation nützlich?

Bauer: Absolut. Im letzten Jahr habe ich oft an Kundenterminen teilgenommen, habe erklärt, wie wir selbst unsere Tools nutzen. Was mir immer wieder auffällt ist, dass viele unserer Kunden nicht wie beispielsweise wir nur Wissensarbeiter, sondern auch Werksmitarbeiter haben. Die Belegschaft ist also sehr heterogen. Das hat mir geholfen, auch unsere Microsoft-Mitarbeiter nicht nur als eins zu betrachten. Mir wurde klar, dass wir zielgruppenspezifischer kommunizieren müssen.

Mickeleit: Ein weiteres Beispiel: Führt ein Unternehmen unsere Kollaborationsplattform Yammer ein, sind die Gruppen, die dabei entstehen, zunächst geschlossen – nur wer zugelassen ist, kommt hinein. Es ist aber nicht das Wesen von Social Collaboration, in solchen Silos zu arbeiten und diese auch noch durch technische Einstellungen zu verfestigen. Anzuerkennen, dass Kollaboration zunächst einmal eine offene, transparente Angelegenheit ist, und das in den entsprechenden Einstellungen im Tool auch abzubilden – auch das war eine Erfahrung, die wir gemacht haben.

Vielleicht wagen Sie noch einen kleinen Zukunftsausblick: Wohin wird sich die interne Kommunikation in den nächsten Jahren entwickeln?

Mickeleit: Sicherlich spielen die großen technologischen Trends auch in der Kommunikation eine Rolle. Künstliche Intelligenz als Hilfsmittel für die Kommunikation wird wichtiger werden. Erst kürzlich haben wir ein neues Intranet eingeführt. Sehr prominent darin vertreten ist ein Bot, der Mitarbeitern Fragen beantwortet. In Zukunft werden diese natürlich noch viel smarter. Bald wird es so weit sein, dass man mit solchen Bots kommuniziert, ohne den Unterschied zu merken, dass es sich dabei um eine Maschine handelt. Ich bin trotzdem optimistisch, dass eine solche Technik die Kommunikatoren nicht komplett ersetzt. Je kreativer die Tätigkeit, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit dafür.

Ein großes Thema ist auch Augmented Reality. Wir sprachen vorhin über den Wunsch der Mitarbeiter, persönlich zusammenzukommen. Alternativ könnte es quasi-persönliche Begegnungen geben. Rund um diesen Tisch würde man dann weitere Menschen sehen, sie im vollem Umfang wahrnehmen, als säßen sie neben einem. Noch sind die Brillen sehr voluminös, aber in etwa zehn Jahren könnte das schon ganz anders aussehen.

Bauer: Trotzdem glaube ich, neben all dieser Technik wird die persönliche Ebene ihre hohe Bedeutung beibehalten. Um gute interne Kommunikation zu machen, werden wir sie weiterhin brauchen.

Mickeleit: Auch Kommunikatoren braucht es weiterhin, um immer wieder einzufordern, dass bei aller Euphorie über all diese Möglichkeiten der persönliche, menschliche Austausch weiterhin gegeben bleibt.

 

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