Digitale Transformation: „What's in for me?“

Kommentar zur Storyline der internen Kommunikation

Digitalisierung ist eine super Story. Sie handelt von künstlicher Intelligenz, die für uns analysiert und diagnostiziert. Von Robotern, die uns lästige Arbeit abnehmen und diese Arbeit noch dazu besser und schneller machen. Von gigantischen Datenmengen, die sich Unternehmen zunutze machen können, um ihren Kunden noch gezieltere Angebote zu bieten. Digitalisierung ist einfach cool.

In vielen traditionellen Branchen und Industrien ist sie aber auch ein Schrecken. Sie killt Jobs, sie überfordert, sie nivelliert und deshalb macht sie Angst. Die Sorge vor Jobverlust und nicht zu bewältigender Veränderung lähmt die Menschen. Statt teilzuhaben an der Veränderung stehen sie skeptisch staunend vor der Glastür zum Open Space, in dem die neue digitale Welt entsteht. Den Vorstand, der sich seine Mails gern ausgedruckt vorlegen lässt, hören sie noch sagen, dass diese neue Welt eine neue Kultur brauche. Eine, in der wir alle offener miteinander umgehen, in der es kaum noch Hierarchien gibt. „Ihr könnt euch auch ruhig mal irren“, sagt er, der selbst noch nie einen Fehler zugegeben hat.

„Mir fehlt der Glaube daran“ – so steht es förmlich auf der Stirn der ängstlichen Mitarbeiter geschrieben.

Kulturelle Veränderungen versus operativer Change

Die digitale Transformation und ihr notwendiger Kulturwandel unterliegen einem typischen Phänomen. Der viel beschworene Wandel zu mehr Offenheit, Dialog, Vielfalt und Innovationskultur braucht Zeit. Kulturelle Veränderungen aber sind immer langsamer als der operative Change, sie hinken immer hinterher. Das Digital Lab ist schnell eingerichtet, die jungen Programmierer und Design Thinker rasch angeheuert – Kultur aber ist träge, alte Gewohnheiten zäh, lange gültige Strukturen und Hierarchien betonhart. Die Unternehmen wissen das. Deshalb lassen sie die neue Welt auch nicht auf den verstaubten Fluren entstehen, sondern abseits des Tagesgeschäfts in eigens dafür entstehenden Kreativräumen. Das beschleunigt einerseits den strategischen Wandel. Andererseits macht es die Angst vieler Mitarbeiter noch schlimmer: Was machen die da? Was wird unsere Rolle sein? Wohin führt das alles? Begleitet von Neid: Spielen die eigentlich nur Kicker und trinken Smoothies?

Die Storyline der digitalen Transformation

Dieses Denken und Fühlen ist auch Folge mangelhafter interner Kommunikation. Denn die Storyline zur digitalen Transformation folgt meist der Markt- und Kundenlogik: Schneller, fehlerfreier, effizienter für das Unternehmen, bequemer, billiger, selbstbestimmter für den Kunden. Das „What’s in for me?“ der Mitarbeiter wird dabei oft vergessen. Bestenfalls kommen weiche Faktoren ins Spiel wie „modernes Arbeitsumfeld“, „spannende Aufgaben“ oder „dynamische Unternehmenskultur“. Was für viele eher wie eine Drohung klingen mag. Hier muss dringend an der internen Story der digitalen Transformation gearbeitet werden! Diese Story muss abseits von Wirtschaftlichkeit und Kundennutzen den Mitarbeiter-Profit thematisieren, etwa aus HR-Perspektive: Digitalisierung bietet zum Beispiel die Chance zur Flexibilisierung von Arbeitszeiten, digitale Home-Arbeitsplätze erleichtern die Integration von Teilzeit-Arbeitskräften. Was ist außerdem drin für die Mitarbeiter? Hier muss jedes Unternehmen für sich treffende Antworten finden, die über die üblichen Zukunftsplattitüden hinausgehen.

Die zuletzt immer beliebtere – aber immer noch falsche – Weisheit von der Verschmelzung von externer und interner Kommunikation zeigt am Beispiel der digitalen Transformation ihre Schwäche: Wer nach innen die gleiche Story runterleiert wie nach draußen, verliert seine Mitarbeiter auf dem Weg in die digitale Zukunft. 

 

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