Herr Schillinger, im BdP wurde seit rund eineinhalb Jahren ein Kompetenzprofil für Kommunikatoren erarbeitet. Wie kam es dazu?
Jörg Schillinger: Diesen Auftrag haben wir aus der Mitgliederumfrage 2013 mitgenommen. Die Digitalisierung bringt für viele Berufszweige einen fundamentalen Wandel mit sich, so auch für unsere Profession. Mit der Veränderung unseres Aufgabenspektrums steigt die Notwendigkeit, Begriffe zu schärfen. Ich habe dieses Zukunftsthema zu einem Schwerpunkt meiner ersten Amtszeit als BdP-Präsident gemacht, da es mir persönlich sehr wichtig ist. Es geht um die Frage, welche Aufgaben unsere Mitglieder heute wahrnehmen und wie ihre strategische Rolle ausgestaltet ist.
Wie sind Sie an dieses Thema herangegangen?
Unter der Leitung meiner Präsidiumskollegin Verena Köttker haben wir eine Arbeitsgruppe aus zehn Mitgliedern unseres Verbandes gegründet, die unterschiedliche Branchen und Organisationsformen repräsentierten. Diese hat sich ein knappes Jahr lang intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und ein Papier entworfen, das das Kompetenzprofil von Kommunikationsfachleuten wiedergibt. Die Ergebnisse wurden im Gesamtvorstand des BdP präsentiert und diskutiert.
Was ist das Kernergebnis, zu dem die AG gekommen ist?
In dem Ergebnispapier wird zunächst die Unterscheidung getroffen zwischen den Gesamtverantwortlichen der Kommunikation und denen, die Teilbereiche derselben managen. Der neue Typus eines Kommunikationsverantwortlichen zeichnet sich durch klassische Management-Fähigkeiten aus, ist gewinnend, belastbar, empathisch und durchsetzungsstark. Außerdem sind erweiterte Kompetenzen von Vorteil, beispielsweise in den Bereichen Wirtschaft, Recht und Finanzen. Eine weitere Kernaussage ist, dass Kommunikatoren immer weniger ausschließlich mit Medienvertreter sprechen sondern sich zunehmend zu Dialog-Managern entwickeln, die verschiedene Anspruchsgruppen bedienen, sowohl intern als auch extern. Dafür müssen sie sich unterschiedlicher Kanäle bedienen. Gleichzeitig sind die Kommunikatoren nicht mehr die einzige Stimme nach außen. Die Vielzahl der Kanäle hat auch die Stimmen multipliziert – diese gilt es zu orchestrieren.
Wie kann das erreicht werden?
Der Informationsfluss ist nicht mehr durchgängig steuerbar. Einzelne Mitarbeiter, aber auch ganze Abteilungen, etwa Marketing, Personal oder Politik, kommunizieren verstärkt nach außen. Wichtig ist daher die Vermittlung von Kommunikationskompetenzen in die Belegschaft hinein. Dafür benötigen wir ein breites Netzwerk, intern wie extern. In der externen Kommunikation führt die Beschleunigung der Medien dazu, dass immer weniger Zeit bleibt, Anfragen zu beantworten. Nicht jede Frage kann zuerst an die Fachabteilungen gegeben werden, daher müssen wir fachliche Tiefe direkt in unseren Kommunikationsabteilungen verwurzeln. Zudem bieten die direkten Kommunikationskanäle die Möglichkeit, Medienprodukte selber zu erzeugen und in redaktionellen Prozessen zu arbeiten. Das alles führt zu gemischteren Teams, die von Kommunikationsverantwortlichen gelenkt werden müssen.
Denken Sie nach dieser Beobachtung, dass der „Pressesprecher“ ein aussterbender Beruf ist?
Das nicht. Es wird weiterhin eine wichtige Teilaufgabe von externen Kommunikatoren bleiben, mit Medienvertretern in Kontakt zu treten und ihnen Inhalte zu liefern. Es sollte sich nur nicht darin erschöpfen. Jeder Bürgermeister einer Kommune wäre gut beraten, in seinem nächsten Wahlkampf nicht auf den Einsatz von sozialen Medien zu verzichten, will er möglichst viele Wählergruppen erreichen und mobilisieren. Zu den Aufgaben seines Pressesprechers zählt es, diese Entwicklung zu kennen und gezielt anzugehen.
Wie ist das weitere Vorgehen zum Kompetenzprofil geplant?
Die AG hat dem BdP-Gesamtvorstand konkrete Handlungsempfehlungen vorgelegt, die ausgehend von dem inhaltlichen Papier weiter verfolgt werden können, beispielsweise neue Angebote im Bereich Mitgliederservice oder Wege der Mitgliederwerbung. Dieses Paket wird sich das kommende Präsidium nach der Wahl im September vornehmen und die Umsetzung der als sinnvoll erachteten Vorschläge angehen. Ich würde mich freuen, diese Phase als Präsident weiter begleiten zu können.