Allenthalben ist in Bezug auf das Coronavirus von einer „Krise“ die Rede. Doch es gibt Branchen und Tätigkeitsfelder, bei denen der derzeitige Zustand nicht unbedingt für eine wirtschaftliche Krise, sondern für ein Plus – also mehr Aufwand und Nachfrage – sorgt. Dazu zählt – neben der Produktion von offenbar tonnenweise benötigtem Klopapier – in jedem Falle die Kommunikation.
Das betrifft natürlich alle Medien, Redaktionen, Journalisten und andere Kommunikations-Fachleute. Wenn zum Beispiel in täglichen Pressekonferenzen immer wieder neue Zahlen zur Ausbreitung des Coronavirus, Informationen zu durchgeführten Tests und bestätigten Infektionen präsentiert oder politische Maßnahmen und wirtschaftliche Folgen diskutiert werden.
Hinzu kommen zahllose Pressemitteilungen von Unternehmen, Verbänden, Interessengruppen, Hochschulen oder Forschungseinrichtungen, die irgendetwas zum Thema Corona beizutragen haben. Die einen informieren über wissenschaftliche und medizinische Erkenntnisse, die anderen kritisieren die mangelhafte Ausstattung in Kliniken und Arztpraxen, fordern mehr Unterstützung vom Staat oder klagen über die wirtschaftlichen Folgen von Gaststätten-Schließungen und Ausgangsbeschränkungen.
Wieder andere (zum Beispiel in der IT) veröffentlichen Erfolgsmeldungen, weil in Zeiten von Homeoffice und Cloud plötzlich Aufträge über eine eigentlich schon lange benötigte fachliche Beratung oder für den Aufbau von IT-Systemen und sicheren Unternehmens-Netzwerken vergeben werden.
Interne Kommunikation gewinnt an Bedeutung
Ambivalent ist die Erfahrung, die PR-Fachleute derzeit machen. Seminare zu Themen wie Pressearbeit, Rhetorik oder journalistischem Schreiben wurden größtenteils abgesagt oder verschoben. Das ist für freischaffende Dozenten und PR-Profis ein Dämpfer.
Doch gerade hier tut sich wieder neuer Bedarf auf: Arbeitgeber, die ihre Beschäftigten ins Homeoffice schicken, müssen versuchen, mit ihnen im regelmäßigen Kontakt zu bleiben. Den täglichen Plausch der Kollegen an der Kaffeemaschine und den Flurfunk gibt es aber nicht mehr, ganze Informationsketten sind unterbrochen. Manche Geschäftsführer und Teamleiter steigen um auf regelmäßige Mailings an ihre Mitarbeiter, andere setzen tägliche Videokonferenzen an.
Wie auch immer sie es handhaben: Durch die räumliche Trennung und Vereinzelung der Beteiligten gewinnt eine strukturierte interne Kommunikation enorm an Bedeutung. Und weil nicht jeder Chef oder jede Chefin das Zeug zu regelmäßigen motivierenden Mails hat, sind auch hier Fachleute aus der Kommunikations- und PR-Branche gefragt.
Auch viele Redenschreiber müssten eigentlich gut zu tun haben. Zwar wurden einerseits zahlreiche Veranstaltungen abgesagt – und damit Reden und Grußworte, die vorbereitet und gehalten werden sollten. Das trifft die Kommunikatoren wie alle Künstler, die in Konzerten, im Theater oder auf Firmen-Events auftreten und Caterer, die dort servieren sollten. Die genauen Folgen und das gesamte Ausmaß gerade in der Kultur – für Theater ebenso wie für freie Künstler – ist noch gar nicht abzusehen.
Andererseits müssen Leitungsebenen in Verbänden und Unternehmen auch weiterhin mit Angestellten und Partnern kommunizieren. Und solange die Kontaktverbote und „Bitte bleibt Zuhause“-Appelle gelten, geschieht das eben virtuell. Podcasts, Einspieler, das digitale Schwarze Brett oder Rundmails ersetzen die persönliche Kommunikation – und brauchen weiterhin professionelle Unterstützung. Auch darum werden wohl viele Beteiligte der Kommunikationsbranche relativ gut durch diese Krise kommen.
Schulen als Vorbilder für den Mittelstand
Tausende Schulen haben – sofern sie nicht schon eine Online-Plattform hatten – Systeme und Abläufe aus dem Boden gestampft, um trotz ausfallender Unterrichtsstunden ein regelmäßiges Miteinander von Lehrkräften und Schülern zu ermöglichen. Das klappte natürlich nicht überall auf Anhieb, aber manche Schule war schnell bei der Sache – und kann damit auch als Vorbild für einige mittelständische Unternehmen gelten, in denen durch den Wechsel ins Homeoffice plötzlich deutliche Lücken in der technischen Ausstattung sichtbar wurden.
Gestärkt aus der Krise durch Kommunikation
Sogar für die Beschäftigten, die nun in Kurzarbeit gehen müssen, bleibt der Kontakt mit dem Arbeitgeber und den Kolleginnen und Kollegen enorm wichtig. Fortlaufende interne Kommunikation kann – wenn man sich nicht mehr täglich an der Werkbank sieht – einen wichtigen Beitrag leisten, um den Anschluss an das Unternehmen nicht zu verlieren und den Zusammenhalt der Belegschaft zu stärken. Funktioniert die interne Kommunikation, geht manche Firma vielleicht sogar mit mehr Verbundenheit aus der Krise, als sie hineingeraten ist.
Das Kommunizieren nimmt aber nicht nur bei den Profis und Medienleuten zu, sondern wohl auch allgemein. Soweit Telefonate mit Angehörigen wiederbelebt und tatsächlich auch wieder Briefe geschrieben werden, ist das eine sehr schöne Entwicklung. Soweit Social-Media-Kanäle (noch stärker als bisher) von Menschen gefüllt werden, die jetzt mehr Freizeit haben oder sich mangels Stammtischen manch wirren Gedanken von der Seele schreiben, ist das wohl eine bedauerliche Randerscheinung der Krise.
Mein Namensvetter und Kollege Michael Kroker von der Wirtschaftswoche (nicht verwandt) schrieb zumindest vor Kurzem, dass ihn das wahnsinnig mache: „Gefühlt posten die Leute in Whatsapp-Gruppen noch viel mehr Scheiß als ohnehin schon…“ Daher vermutlich auch dieser Run aufs Klopapier.