Bahn gegen Greta: Senk ju for skändäling!

Social-Media-Aufreger

Ein vergleichsweise harmloser Tweet von Klimaaktivistin und Time-„Person of the Year“ Greta Thunberg hat sich dank der umstrittenen Reaktion der Deutschen Bahn darauf zum ganz großen Social-Media-Aufreger des Wochenendes entwickelt – Trending Topics wie Greta, Bahn, Sitzplatz und Reservierung ebenso inklusive wie die üblichen Mechanismen der medialen Empörung

Am Samstagabend hatte Thunberg – per Zug auf dem Rückweg vom Klimagipfel in Madrid – ein Bild getweetet, welches sie umgeben von Koffern im Gang sitzend in einem anscheinend vollen Zug zeigte.

„Reise in überfüllten Zügen durch Deutschland. Und endlich auf dem Weg nach Hause!“ lautete der Begleittext. So weit, so unspektakulär.

Aus auch auf den zweiten Blick nicht ganz offensichtlichen Gründen erkannte das Social-Media-Team der Deutschen Bahn in diesem Tweet jedoch anscheinend einen Angriff, den es keinesfalls unwidersprochen auf sich sitzen lassen wollte.

Traveling on overcrowded trains through Germany. And I’m finally on my way home! pic.twitter.com/ssfLCPsR8o

— Greta Thunberg (@GretaThunberg) December 14, 2019

Die Bahn begrüßte zunächst die Unterstützung Thunbergs für den Kampf der Eisenbahner gegen den Klimawandel und offenbarte, mit welchem Zug sie dankenswerterweise unterwegs gewesen sei (ICE 74)

„Noch schöner“ wäre es jedoch gewesen, so das Twitter-Team der Bahn weiter, hätte die Passagierin sich dafür bedankt, wie „freundlich und kompetent“ sie das Bahnteam betreut hätte. Nicht vergessen wurde die offenbar zentrale Information, dass Thunberg Erster Klasse gereist sei.

Noch schöner wäre es gewesen, wenn Du zusätzlich auch berichtet hättest, wie freundlich und kompetent Du von unserem Team an Deinem Sitzplatz in der Ersten Klasse betreut worden bist. #Greta 2/2

— Deutsche Bahn AG (@DB_Presse) December 15, 2019

Die Reaktion der Bahn löste heftige Diskussionen aus, auch unter professionellen PRlern: Greta Thunberg oder die Deutsche Bahn – wer hat sich hier kommunikativ danebenbenommen?

Das #Greta-Bild in überfüllten Zügen ist nicht weiter schlimm für die Deutsche #Bahn, ihre Antworten auf den #Greta-Tweet sind jedoch aus Kommunikationssicht problematisch. Vor allem der zweite Tweet. Manchmal ist weniger mehr. #PR #Krisenpr https://t.co/8DKQcH7xGL

— Klaus Eck (@klauseck) December 15, 2019

Hielten sich die Wortmeldungen zunächst noch in etwa die Waage zugunsten von Thunberg und Bahn, sorgte eine weitere Wortmeldung der Klimaaktivistin schließlich für eine klare Tendenz.

Our train from Basel was taken out of traffic. So we sat on the floor on 2 different trains. After Göttingen I got a seat.This is no problem of course and I never said it was. Overcrowded trains is a great sign because it means the demand for train travel is high!

— Greta Thunberg (@GretaThunberg) December 15, 2019

Die Reaktion der Bahn auf Thunbergs Foto-Tweet sei ohne nachvollziehbaren Anlass passiv-aggressiv gewesen, unnötig polarisierend, herablassend und somit ein „klassisches PR-Eigentor“ – gerade vor dem Hintergrund, dass beide Akteure eigentlich Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel sein sollten. Als fragwürdig wurde zudem die Veröffentlichung von Thunbergs persönlichen Reisedetails betrachtet.

Es ist ja schon bemerkenswert dass @DB_Presse persönliche Informationen von #Greta in die Öffentlichkeit hinaus posaunt. Datenschutz?

— Claudia Sommer (@csommer) December 15, 2019

Auch die – nicht-repräsentative – Twitter-Umfrage des pressesprecher sah die Deutsche Bahn als Verlierer des Social-Media-Aufregers.

Einzelne Medien betrachteten dagegen eher Greta Thunbergs Reise in der Ersten Klasse als „PR-Gau“ oder unterstellten ihr, mit der Deutschen Bahn „abzurechnen“.

PR-Gau der Klimaaktivistin?: Greta Thunberg reist im ICE Erste Klasse https://t.co/zhpI1g5mz3

— ntv Nachrichten (@ntvde) December 15, 2019

Auf ihrer Reise nach Schweden bekommt @GretaThunberg keinen Sitzplatz mehr im ICE. Unter ein Foto, das sie auf dem Boden sitzend zeigt, schreibt sie: „Traveling on overcrowded trains through Germany. And I‘m finally on my way home!“
Bitte eskalieren Sie maximal ;-)) pic.twitter.com/zD3BO0TXNN

— Floskelwolke (@Floskelwolke) December 15, 2019

Greta Thunbergs zunächst alltäglicher Reisetweet – beziehungsweise die Reaktion der Deutschen Bahn darauf – hatte am Sonntagabend so viel öffentliche Aufmerksamkeit erregt, dass sich der Konzern sogar veranlasst sah, per offizieller Pressemitteilung weitere Reisedetails dazulegen.

Demnach sei Thunberg “zwischen Kassel und Hamburg” an ihrem Sitzplatz in der ersten Klasse “freundlich und kompetent” betreut worden, “wie die zahlreichen weiteren Fahrgäste”.

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