Asien-PR: Reiche Zeichen und bunte Maskottchen

Kolumne: Beijing, Mumbai, Tokyo

Asien ist weit weg. Asien ist riesig und vielfältig. Asien ist verdammt bunt! Verrückte Videospielfiguren, Maskottchen, Sticker, animierte GIFs und Emoji fließen in den Kommunikationswelten asiatischer Märkte zusammen. Das verwirrt Deutsche oftmals ein wenig. Doch auch hierzulande werden bunte Bilder immer wichtiger. Die Annäherung an die visuellen Innovationen aus Asien hat schon längst stattgefunden.   

Zuletzt sprach man in Japan sogar von einer Maskottchen-Invasion. So ziemlich jede Region, jede Firma, jedes Produkt verfügt über eine eigene süße Figur, die in zahlreichen Varianten, in analoger und digitaler Form die Kommunikationswelten durchwandert. Und wenn Firmen miteinander kooperieren und eines der beliebten Co-Branding-Produkte auf den Markt bringen, dann werden die Maskottchen auch mal miteinander verheiratet. Das eine im Outfit des anderen.

Die Reiche der Zeichen

Die Kombination visueller Ansätze ist sowieso das A&O. In den Reichen der Zeichen – vor allem in China und Japan – ist die Kombination visueller Ansätze bereits in den Schriftzeichen der Sprachen angelegt, die durch Addition immer neue Worte und Sinnzusammenhänge ergeben.

Visuelle Kulturen wie Comics oder Computergames spielen darüber hinaus eine erhebliche Rolle und so verwundert es nicht, dass sehr viele Ausformungen der visuellen Kommunikation aus Asien kommen. Etwa die heute auch in unseren Messengern und Social Networks verbreiteten Emoji (steht für E = jp. Bild und Moji = jp. Schriftzeichen): diese wurden in den späteren 1990ern in Japan für die erste mobile Internetplattform i-mode entwickelt. Wettervorhersagen im Fernsehen und Manga waren für den NTT-Docomo-Mitarbeiter Shigetaka Kurita die wichtigsten Inspirationsquellen.

Bereits Jahre zuvor hatten die Japaner die westlichen Emoticons weiterentwickelt und zu einer eigenen japanischen ASCII-Emoticon-Bevölkerung ausgebaut. Ob ಠ⌣ಠ, @^▽^@ oder (^-^*)ノ – in Ostasien war der Ausdruck über Bilder schon vor vielen Jahren in SMS der absolute Standard. Als wir gerade einmal 🙂 oder 🙁  schreiben konnten.

Mit den Messengern kam der Wahnsinn

Vor allem das chinesische WeChat und das in Südkorea ansässige und in Japan entwickelte Line haben sich hier hervorgetan. Nachdem auch der Westen über das iPhone die Emoji für sich entdeckt hatte, musste in Asien etwas Neues her. Gefunden wurde es in Form von Stickern. Größeren Comicfiguren, die als vollwertiger Inhalt über die Messenger-Plattformen geschickt werden. Teilweise statisch, teils animiert.

Mitte 2014 kam die Messengerplattform Line mit einem Sticker-Market – in Anlehnung an Apples App Store auf den Markt. Bereits im ersten Jahr machten visuelle, digitale Sticker einen Umsatz von 75 Millionen US-Dollar. Line war auf einen Schlag extrem profitabel und gehörte zu den ersten Messengern mit einem echten Geschäftsmodell. Und das bei Vorhandensein vieler Umsonst-Sticker.

Über den sogenannten Creators Market nahmen bei Line bereits im ersten Jahr 390.000 Designer mit ihren Stickern an diesem bunten Tollhaus der Kommunikation teil, das sich aus allen Bereichen der asiatischen visuellen Kultur bedient. Und das war erst der Einstieg.

Inzwischen leben viele weltweit verteilte Gestalter und Grafiker von der Stickerverrücktheit der Japaner, Chinesen und Koreaner. Als Facebook die Sticker vor einiger Zeit auf die eigene Plattform übertragen wollte, war der Erfolg deutlich geringer. Die besten Sticker findet man deshalb auch heute noch bei WeChat oder Line.

 

Japanische YouTuber stellen in vielgesehenen Videos ihre liebsten Line-Sticker vor

 

Letzter Schrei aus Augmented oder VR

Wer jetzt endlich seine asiatische Kommunikationsstrategie um Sticker und Co. ergänzt hat, der schaut eventuell trotzdem in die Röhre. Denn animierte GIF-Tastaturen fürs Smartphone sind der neueste Hype. Sie sind schnell, sie blinken und schreien visuell. Und erinnern den Europäer ein wenig an eine Zukunft, die wir noch lange nicht erreicht haben.

Doch wer sich kommunikativ weiterbilden will, der kommt an asiatischen Bildwelten nicht vorbei. Emoji und Co. haben zwar über ein Jahrzehnt gebraucht, um aus Asien den westlichen Mainstream zu erreichen. Doch sie haben es geschafft. Und in Zeiten der globalen Vernetzung ist der nächste Trend aus Korea, China oder Japan sicherlich deutlich schneller bei uns, als die i-mode-Innovation von Shigetaka Kurita.

Vermutlich wird der neueste bunte Schrei aus dem Bereich der Augmented oder Virtual Reality kommen. Auch das hat Facebook bereits erkannt. Doch ob der neueste Einkauf MSQRD – ein AR-Maskenbildner-Tool – das westliche Publikum erreicht, ist unklar. In Asien erinnert sie die Nutzer an Purikura. Einen vollvernetzten Fotoautomaten, mit dem sich Nutzer in alles Mögliche und Unmögliche verwandeln können. Auch in lustige Maskottchen.

 

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