Grmpf!
Heute verrate ich Ihnen an dieser Stelle ein kleines Geheimnis, liebe Leserinnen und Leser. Für gewöhnlich bin ich – meine Kollegen in der Redaktion würden es mit Sicherheit bezeugen – ein ebenso friedliebender wie umgänglicher Zeitgenosse. Auf dem Fahrrad jedoch, im Stadtverkehr in Berlin, kann ich bisweilen sehr laut werden. Neulich erst knöpfte ich mir nach einer kurzen Verfolgungsjagd in scharfem Ton den Fahrer eines Motorrollers vor. Er war auf den Radweg eingeschert, um dem Stau auf der Straße zu entgehen, und knatterte nun bräsig vor mir her.
Nach meinem zornigen Rüffel an ihn plagten mich kurzzeitig Zweifel. War meine forsche Form der Kommunikation angemessen gewesen? Oder war meine Ansage einige Dezibel (und Pulsschläge) zu hoch ausgefallen? Ich realisierte: Recht haben und dies im rechten Ton klarmachen ist nicht immer leicht.
In dieser Ausgabe des pressesprecher widmen wir uns ausführlich dem Thema Protest. Kommunikatoren begegnet es im Alltag qua Beruf und qua ihrer häufigen Rolle als Mittler immer wieder. Für die Recherche sprachen wir sowohl mit einem Protestforscher als auch mit einer Aktivistin, die uns ihre Motivation schilderte. Wir blicken auf internationale Beispiele von Protest-PR und beleuchten, wie Unternehmen und Organisationen Proteste sozusagen managen. Aufschlussreich ist der Gastbeitrag einer Investigativjournalistin. Darin erklärt sie, welche Alternative es zum Protest in der Redaktion gegen einen geplanten kritischen Artikel geben kann.
Abschließend noch ein Satz in eigener Sache: Dies ist meine letzte Ausgabe als Chefredakteur des pressesprecher. (Etwaiger Protest ist nett, aber zwecklos.) Es war mir eine Freude, für Sie, liebe Leserinnen und Leser, in den vergangenen mehr als zwei Jahren „Blatt zu machen“, wie wir Journalisten sagen. Bleiben Sie dem Magazin gewogen!
Alles Gute und herzliche Grüße
Jens Hungermann
Chefredakteur