Von der Geschichte ins Archiv, vom Archiv zum Quereinstieg in die Pressearbeit – meine Laufbahn hatte einige der für Geisteswissenschaftler nicht ganz untypischen Wendungen und Zufälle. Doch irgendwann reifte in mir eine Idee heran, die schließlich zu einem klaren Plan wurde: nach zwei Jahren Krisenkommunikation während der Finanzkrise gab ich 2010 meine Anstellung bei einem großen Finanzdienstleister auf, um zu meinen Wurzeln als Historiker zurückzukehren und meinen Fuß in das weite Feld historischer Dienstleistungen zu setzen.
Vor zehn Jahren wurde aus diesem ersten Schritt schließlich die Agentur H&C Stader History & Communication. Mit dem Slogan „Mit Geschichte Mehrwert schaffen“ verband sich von Anfang an nicht nur die Aufgabe, Geschichte als Dienstleistung anzubieten, sondern auch ein Ziel: Unternehmensgeschichte als festen Bestandteil einer integrierten Kommunikation zu etablieren. Seitdem arbeite ich mit meinem Team stetig daran, diese Mission in die Realität umzusetzen.
Mit unseren Dienstleistungen in der Unternehmensgeschichte standen wir damals auf vertrautem Boden: Jubiläumsschriften oder Events waren und sind bewährte Mittel, um Wertschätzung auszudrücken, Stolz auf Traditionen und erreichte Meilensteine zu zeigen. Doch über das runde Firmenjubiläum hinauszugehen und den Wert einer nachhaltig in der Unternehmenskommunikation verankerten Geschichte aufzuzeigen, war noch vor einigen Jahren ein schwieriger sales pitch.
Neue Perspektiven auf Geschichte(n)
Gerade das Motto des diesjährigen Kommunikationskongresses, „Ziele“, hat mich reflektieren lassen, warum wir uns als H&C Stader schon seit 2016 immer wieder in diesem Rahmen präsentiert haben. Was war das Ziel von Messeständen, Workshops oder Expert Sessions? Auch wenn sich in diesen Jahren viel getan hat und auch wir uns beständig weiterentwickelt haben, bleibt unser ursprünglicher Impuls in meinen Augen weiterhin zentral: Das Thema Geschichte gehört in die lebendige, aktive Kommunikation, ja, sie hat ihren festen Platz in der Unternehmenskommunikation.
Die Einsatzbereiche dafür sind vielfältig. Ein klassisches Fallbeispiel ist etwa der Übergang eines Familienunternehmens aus der Hand des langjährigen Eigentümers an die nächste Generation, entweder innerhalb der Familie oder an externe Manager. In einem Fall aus der jüngeren Vergangenheit konnten wir in dieser Konstellation unterstützen, die Identität des Unternehmens professionell zu bewahren und Erkenntnisse aus der Historie in die Kommunikation und das Management einfließen zu lassen – unter anderem durch den Aufbau eines Unternehmensarchivs mit einer klaren Schnittstelle zur Kommunikation. Andere Konstellationen aus unserer praktischen Arbeit umfassen etwa die Stärkung der internen Identifikation in einem schnell expandierenden Unternehmen oder das Herausarbeiten einer historisch kontinuierlichen Identität inmitten eines Eigentümerwechsels oder Transformationsprozesses.
In solchen und anderen Fällen erlebe ich immer wieder, wie wertvoll eine professionelle Kommunikation der Unternehmensgeschichte ist. Damit verbunden ist aber auch die Einsicht, dass diese Aufgabe über die bisherige Arbeit von Unternehmenshistoriker:innen und Kommunikator:innen gleichermaßen hinausgeht und ein neues Handlungsfeld entlang dieser Schnittstelle eröffnet.
Ein neues Berufsfeld: Professionalität und Vernetzung
Dafür ein Bewusstsein zu schaffen ist ein Ziel, dem wir uns auch außerhalb des Kommunikationskongresses widmen – etwa mit der Gründung des Netzwerks Corporate History Communication. Hervorgegangen ist das Netzwerk aus einer Initiative mit dem Kommunikationsberater Matthias Koch: Was als Stammtisch für einen kleinen Kreis begann, hat sich inzwischen zu einem wichtigen Ort entwickelt, um praxisnah mit Kolleginnen und Kollegen aus Kommunikation und Geschichte über Trends und Herausforderungen in der Corporate History Communication zu diskutieren.
Auch in der Wissenschaft sind diese Trends längst angekommen: so rückt Unternehmensgeschichte auch in den Fokus des Kommunikationsmanagement. Einer der Vorreiter hier ist Prof. Dr. Felix Krebber von der Business School der Hochschule Pforzheim, der gemeinsam mit Prof. em. Dr. Günter Bentele und der Günter Thiele Stiftung das Center for History & Corporate Communication initiiert hat. Die wissenschaftliche Untersuchung von Geschichte als Handlungsfeld der Unternehmenskommunikation zeigt den Stellenwert und die Bedeutung, die dem Thema mittlerweile eingeräumt wird und reflektiert auch die Erwartungen, die heute von Bevölkerung und Öffentlichkeit an einen zeitgemäßen Umgang mit der eigenen Unternehmensgeschichte gestellt werden (mehr hierzu in Felix Krebbers Beitrag in der März-Ausgabe 2022 – prmagazin). Bentele und Krebber werden Anfang 2024 zudem ein umfangreiches Buch vorstellen (Springer VS), in dem empirische, theoretische und praktische Beiträge zu Geschichtskommunikation versammelt sind.
Ein besonderer Meilenstein in der Aufstellung der Branche war dabei die Ausrichtung der ersten #HistoryComms-Konferenz im Jüdischen Museum Frankfurt im vergangenen Jahr. Gemeinsam konnten das Netzwerk CHC und das Center for History & Corporate Communication hier eine Tagung mit 55 Teilnehmer:innen aus der Kommunikationspraxis organisieren, in der mit großem Engagement über die Entwicklung des beruflichen Handlungsfelds „CHC“, aber auch die Bedeutung verbindlicher Ethikstandards in der jungen Branche diskutiert wurde (zum Konferenzbericht der Günter Thiele Stiftung).
Die Beschäftigung mit unserer Branche ist so bei weitem kein Selbstzweck, sondern trägt direkt zu unseren Aufgaben in der Praxis bei. Die Frage, welchen Beitrag CHC nicht nur zur Kommunikation, sondern darüber hinaus zur Wertschöpfung von Unternehmen leisten kann, war auch Thema unseres ersten Roundtables History Communication in München (Bericht auf LinkedIn). Als Grundlage für den Workshop diente uns u. a. das von Prof. Dr. Ansgar Zerfaß und Christoph Lautenbach im prmagazin 06/2022 vorgestellte Business-Model-Konzept.
Mit diesem Wertschöpfungsbeitrag professioneller CHC setzt sich auch unser Panel auf dem Kommunikationskongress auseinander:
Panel: „Mehr Umsatz durch History Communication“
Donnerstag, 14.09.2023, 11.40 Uhr – 12.50 Uhr
Expert Session mit
Prof. Dr. Felix Krebber (HS Pforzheim, Business School)
Julia Kneiphoff-Nünnerich M.A. (Gira Girsiepen GmbH & Co. KG Unternehmenskommunikation – Archiv und Geschichte)
Dr. Ingo Stader (CEO und Founder der H&C Stader GmbH)
zur dauerhaften Implementierung, den Erfolg von Maßnahmen und die Möglichkeiten der Messbarkeit von CHC.