Entgrenzte Arbeitszeit: Die Kehrseite der Selbstbestimmung

Freiheit ist ein Grundbegriff moderner Demokratien und definiert die wichtigsten Grund- und Menschenrechte. Nicht zuletzt deshalb gilt Freiheit als ausgesprochen positives Gut. Wie aber sieht es in der Arbeitswelt aus? Soziologische Forschungen zeigen, dass die Belastungen durch lange Arbeitszeiten hoch sind und mitunter bis zum Burnout führen. Gleichzeitig scheinen Selbstständige und Hochqualifizierte trotz langer Arbeitszeiten und hoher Belastungen tendenziell sehr zufrieden und auch weniger anfällig für psychische Erkrankungen zu sein. Eine Erklärung dafür wird immer wieder in deren höheren Freiheitsgraden gesehen: Sie haben mehr Einfluss auf Lage und Verteilung ihrer Arbeitszeiten, teilweise auch auf deren Dauer. Was läge also näher, als die Einflussmöglichkeiten der Beschäftigten auf die Arbeitszeit zu erhöhen? Freie Wahl der Arbeitszeit als moderne Forderung für Arbeitnehmer? Der Arbeitgeber überlässt die Arbeitszeitgestaltung vollständig den Beschäftigten?

Was verlockend klingt, hat eine Kehrseite: Kein Arbeitgeber wird diese „Freiheit“ voraussetzungslos gewähren. Meist heißt es, Leistung und Ergebnissicherung dürften – natürlich – nicht darunter leiden. Die von Arbeitnehmerinteressen gesteuerte Flexibilität bewegt sich somit in einem eng definierten Rahmen, der die „Freiheit“ stark relativiert. Bei wachsenden Leistungs­anforderungen kann diese Freiheit zum Fluch werden. Hinzu kommt: Mit der Freigabe der Arbeitszeit könnten auch Schutzrechte ausgehebelt werden. Die wünschenswerte Erweiterung der Flexibilität im Interesse der Arbeitnehmer und ihr stärkerer Einfluss auf die eigenen Arbeitszeiten erfordern deshalb ­Regelungen, die die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes und des -schutzes ­gewährleisten.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Randgruppen-PR. Das Heft können Sie hier bestellen.

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