Was Zuckerbergs Kurznachrichtendienst bietet

Threads

Meta hat in der Europäischen Union seinen Kurznachrichtendienst Threads gestartet. Aufgrund der Verknüpfung mit Instagram und der Verbindung zum Konzern von Mark Zuckerberg gilt das Netzwerk als aussichtsreicher Kandidat, um X Konkurrenz zu machen und User zu einem Verlassen der Musk-Plattform zu bewegen. Threads lässt sich aktuell noch ohne eigenes Profil testen.

Nora Haak und Johanna Weigand von der Agentur BCW Germany haben sich Threads angeschaut. Wie schätzen sie das Potenzial ein? Welche Möglichkeiten bietet Threads für die Unternehmenskommunikation?

Was ist Threads? Was kann der Kurznachrichtendienst?

Die App wurde vom Team rund um Instagram-Chef Adam Mosseri entwickelt. Auf Threads können bis zu 500 Zeichen lange Text-Beiträge veröffentlicht werden. Zum Vergleich: X erlaubt aktuell kostenfrei 280 Zeichen. 300 Zeichen sind bei Bluesky verfügbar. Neben reinem Text können Links, Fotos und auch bis zu fünf Minuten lange Videos gepostet sowie GIFs und Umfragen eingebettet werden.

Die Benutzeroberfläche von Threads ist mit der von X geradezu identisch: ein For-You-Feed mit vorgeschlagenen Beiträgen sowie ein Following-Feed, der chronologisch Content von Accounts anzeigt, denen gefolgt wird.

Was viele beim initialen Launch angezogen hat: Instagram-Nutzende können ganz einfach ihr Profil und ihre Follower zu Threads überführen.

Genau diese Herkunft hat jedoch auch den Start von Threads in der EU bis jetzt verhindert. Durch die direkte Verknüpfung mit Instagram gab es Konflikte sowohl mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) als auch mit dem Digital Markets Act (DMA), dem ab 2024 geltenden Gesetz gegen Missbrauch von Marktmacht durch IT-Konzerne wie zum Beispiel Meta. Die Hindernisse scheinen nun ausgeräumt, potenziell auch mit einigen Anpassungen für den EU-Markt in der Applikation selbst.

Wer sollte Threads zumindest einmal ausprobieren?

Die Konversationen auf Threads finden in Echtzeit statt. Als Privatperson, die Lust darauf hat, lässt sich das einfach ausprobieren. Von Unternehmen und Personen der Öffentlichkeit wird eine aktive Kommunikation erwartet, weshalb eine organische Kommunikationsstrategie vorliegen sollte, die eben an der Schnelllebigkeit der Plattformstruktur ausgerichtet ist.

Das bedeutet: 1) eine ganz klare Content-Strategie für die verfügbaren Formate der Plattform, 2) die nötigen Ressourcen für umfangreiches Content- und Community-Management und 3) eine Zielgruppe, die auch bei Threads erreichbar ist.

Gerade Letzteres lässt sich nicht eins zu eins von X übertragen. Threads setzt zunächst auf die Überführung der Instagram-Audience auf den Threads-Account. X und Instagram unterscheiden sich jedoch in ihrer Ausrichtung – und damit auch in der Nutzerschaft – recht deutlich. X und vorher Twitter richteten sich zu einem großen Teil an öffentlich-informative und journalistische Zielgruppen, während Instagram einen großen Teil seiner User:innen eher im rein unterhaltenden Bereich bindet. Parallelen sollten deshalb nicht voreilig gezogen werden. Eine Kommunikationsstrategie für X ist nicht automatisch auch eine für Threads.

Für welche Art von Kommunikation eignet sich Threads?

Für eine Kommunikation, die hauptsächlich auf kurze und wenig erklärungsbedürftige Inhalte setzt. Aufgrund der begrenzten Zeichenanzahl und des begrenzten Platzes für Visuelles bedarf es einer dezidierten Content-Strategie.

Für Ads könnte die Plattform noch spannend werden. Diese sollen jedoch erst mit dem Überschreiten der Eine-Milliarde-Follower-Grenze folgen.

Interessant ist auch die Unterstützung des Activity-Pub-Protokolls, einer technologischen Schnittstelle, die zum Beispiel auch von Mastodon oder WordPress genutzt wird. Damit lassen sich potenziell Verbindungen und Integrationen mit anderen Anwendungen herstellen, die auch dieses Protokoll nutzen. Threads ist somit grundsätzlich auf Interoperabilität – auch mit Websites – ausgelegt. Das ist ein deutlicher Unterschied zu X.

Gibt es Risiken, die man bedenken sollte, bevor man als Unternehmen oder Brand loslegt?

Threads ist eine Echtzeit-App, die Community Management in real-time erfordert und nicht das Halten an einen starren Content-Plan verlangt. Dies muss ein Unternehmen leisten können.

Die App stammt aus dem Meta-Konzern, verfolgt also grundsätzlich dasselbe Geschäftsmodell. Die Auswertung von Nutzerdaten im Sinne von Monetarisierung wird auch für Threads eine Rolle spielen. Dessen werden sich viele Nutzer:innen bewusst sein und sich deswegen gegebenenfalls auch gegen eine (intensive) Nutzung der Plattform entscheiden.

Meta begleitete den Threads-Launch mit Out-of-Home-Maßnahmen – unter anderem am Brandenburger Tor. © Jakob Nawka

Meta begleitete den Threads-Launch mit Out-of-Home-Maßnahmen – unter anderem am Brandenburger Tor. © Jakob Nawka

Inwieweit ist die Verknüpfung mit Instagram ein Vorteil?

Die Verknüpfung mit Instagram bedeutet, dass User nicht erst ein Profil erstellen müssen. Die Follower:innen – sofern diese ebenfalls Threads nutzen – werden von Instagram übernommen. Eine Followerschaft ließe sich somit theoretisch schnell aufbauen. Allerdings stets basierend auf existierenden Instagram-Nutzern.

Die Audiences beider Plattformen werden sich also in der Anfangsphase recht ähnlich sein.

Hat Threads das Potenzial, politisch so relevant zu werden wie Twitter?

Die politische Relevanz von Twitter hat sich über Jahre hinweg entwickelt und aufgebaut. Begünstigt hat dies neben der mangelnden Verfügbarkeit an alternativen Applikationen, dass Tweets öffentlich einsehbar waren. Auch die Suchfunktion war lange Zeit ohne Login nutzbar. Dadurch war die Nutzung zu Informationszwecken sehr niedrigschwellig. Ob dies so von Meta in diesem Umfang auch für Threads verfolgt werden wird, ist fraglich.

Gleichzeitig wird die App in eine bereits bestehende Wettbewerbssituation hinein gelauncht. Mit Bluesky und Mastodon gibt es Anwendungen, die eine ähnliche Nutzung versprechen, gleichzeitig aber weniger stark konsumgetrieben wahrgenommen werden als die Applikationen von Meta. Außerdem ist X auch weiterhin verfügbar, wenn auch mit zunehmend veränderter Ausrichtung.

Zusätzlich sehen wir eine rasante Entwicklung von durch generative KI getriebene Anwendungen, die ebenfalls zu Schnittstellen für individuelle Informationsbedarfe werden.

Es wird spannend zu beobachten, wie sich X versus Bluesky versus Threads entwickeln wird. Den organischen Aufbau einer ähnlich politischen Relevanz wie von Twitter erwarten wir von keiner der genannten Plattformen.

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