Warum PR-Profis der Knoten aller Netzwerke sein sollten

Erfolgreiche Pressearbeit

Ich erinnere mich an eine Vernissage vor etlichen Jahren in den Räumen einer befreundeten Agentur in Bonn. Ich ging hin, klingelte an der Tür, die Inhaberin öffnete und begrüßte mich mit den Worten: „Claudius Kroker: der Knoten aller Netzwerke!“ Ui … Ich habe das mal als Kompliment aufgefasst (und hoffe, dass sie es so meinte), jedenfalls ging es runter wie Öl. Aber es soll hier nicht über mein Networking von einst oder um ultimative Selbstlobhudelei gehen. Ich möchte vielmehr auf die Bedeutung von Netzwerken in der PR hinweisen.

Netzwerke sind immer auch Thema in meinen Seminaren. Da berichten mir Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass sie ihre Pressemitteilungen an große Verteiler versenden oder Services wie ots nutzen (wovon ich nichts halte, aber das nur by the way) und am Ende unzufrieden sind mit der Zahl der erzielten Erwähnungen in Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk oder Fernsehen. Warum passiert ihnen das? Weil sie in vielen Fällen über diese rein virtuelle Verteilerarbeit hinaus nicht über persönliche Kontakte verfügen und/ oder sich nicht darum bemühen.

Eine Handvoll Kontakte: Besser als jeder Verteiler

Nun macht ein gutes Netzwerk eine schlechte Pressemitteilung natürlich nicht wett. Aber ohne persönliche Kontakte und Kontaktpflege zu Journalisten und Redaktionen ist jede Form von Pressearbeit schwierig. Zumindest eine Handvoll Journalisten oder Journalistinnen sollte man kennen, in jedem Falle wissen, wie sie arbeiten und an welchen Themen sie jeweils wirklich interessiert sind – „wirklich“, weil die Angaben in teuren Journalisten-Datenbanken mitunter Falsches suggerieren. Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass eine an konkrete, mir persönlich bekannte Personen zugestellte Pressemitteilung ein größeres Echo auslöst als eine, die ich über einen pauschalen Verteiler hundertfach in die Redaktionen puste – und dort nicht selten direkt in den Papierkorb oder ins Nirwana übersehener Text-Eingänge.

Darum ist eine meiner Fragen an Seminarteilnehmer immer auch, ob sie schon einmal journalistisch gearbeitet oder zumindest eine Redaktion von innen gesehen haben – oder wissen, wie dort gearbeitet wird. Die Antworten sind zum Teil sehr ernüchternd. In sehr, sehr vielen Pressestellen machen Menschen Pressearbeit, die noch nie erlebt haben, wie Presse arbeitet. Das kann eigentlich nicht funktionieren.

Die Aufgabe von Netzwerken in der Pressearbeit

Netzwerke zu pflegen heißt also nicht nur, an der Agentur-Tür überschwänglich begrüßt zu werden (auch wenn es einen selbst natürlich freut und das Ego stärkt). Es bedeutet auch, Informationen zu erhalten sowie Erwartungen und Einschätzungen von anderer Seite kennenzulernen. Das kann eine große Hilfe sein, die das Gießkannen-Prinzip überflüssig und Pressearbeit zielgerichtet und erfolgreicher macht.

Natürlich ist damals nicht heute. Form, Umfang und Taktung der Kommunikation haben sich seit der denkwürdigen Vernissage-Begrüßung verändert. Richtiger gesagt: nicht nur verändert, sondern es sind viele Kanäle hinzugekommen, die ihrerseits Fragen, Antworten und Meinungen noch schneller durch die Welt jagen als jemals zuvor. Kurzum: Knoten des Netzwerks wird man je nach Anspruch nur durch ein kommunikatives Dauerfeuer. Wenn der Anspruch sich allerdings nicht allein an der Quantität ausrichtet, sondern an der Qualität, ist das durchaus sinnvoll und möglich.

Erfolgsfaktor: Freude haben am Networking

Das heißt: mit einigen wichtigen Journalisten persönlich Kontakt aufnehmen, wenn das eigene Thema wirklich passend erscheint. Es heißt auch, die Gepflogenheiten einzelner Redakteure respektive Redakteurinnen oder Redaktionen zu kennen. Ich kann mich an einen Wirtschaftsredakteur erinnern, der partout keine Pressemitteilungen in Massenform erhalten wollte. Mails von einem Versand-Account oder in denen er nicht persönlich angesprochen wurde, hat er gelöscht. Also bekam er von mir jedes Mal zusätzlich zum Versand eine gesonderte Mail mit persönlicher Ansprache, zusätzlich haben wir alle ein, zwei Jahre mal telefoniert. Ich wusste, was ihn interessiert – und er wusste, welche Informationen, Einblicke, Statements und Storys meine Kunden bieten können. Eine Win-Win-Situation.

Das klappt nicht in jedem Fall so, das ist mir schon klar. Aber ohne persönliche Kontakte ist es wie gesagt schwierig. Und macht ja auf Dauer auch keinen Spaß. Das ist vielleicht die wichtigste Botschaft: Networking soll keine ungeliebte Pflichtaufgabe sein. Erfolgreiches Netzwerken geht vor allem durch Überzeugung. Und als Netzwerker überzeugen kann ich am besten, wenn ich das gerne mache. Und wenn ich sicher sein kann, dass ich nicht auf Teufel komm raus jemandem etwas verkaufen will. Aber stures Verkaufen-wollen ist ohnehin immer eine ganz schlechte Voraussetzung für eine informierende, journalistisch geprägte Pressearbeit.

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