Deutscher Rat für Public Relations ermahnt Twitter (bzw. X) und BioNTech SE

Public Relations

Die BioNTech SE soll, nach Recherchen des DRPR, versucht haben, einen kritischen öffentlichen Diskurs im Rahmen des „People’s Vaccine Day“ im Dezember 2020 abzuwehren. Der Account des Impfstoffherstellers sollte für zwei Tage auf Twitter unauffindbar sein, um kritische „Kommentare etc. unmöglich zu machen“. Belegt wird diese Feststellung durch einen E-Mail-Verkehr zwischen BioNTech SE und Twitter-Verantwortlichen in Berlin.

Inaktiver Account gegen Sicherheitsrisiko und Downgrading bei Twitter

In ihrer Stellungnahme benennt die BioNTech SE als Grund für die Forderung eines temporär inaktiven Accounts, Sicherheitsbedenken und Maßnahmen im Rahmen der Cyber-Sicherheit. Tatsächlich gab es Warnungen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) im Kontext des „People’s Vaccine Day“. Das BSI warnte in internen Twitter-Diskussionen, die dem DRPR in Auszügen vorliegen, vor einer „Online-Kampagne gegen Impfhersteller“ und daraus erwachsenden „ernsthaften Konsequenzen“. Offen bleibt, auf welcher Grundlage und in welchem Umfang die Behörde die Warnung aussprach. Unklar bleibt auch, ob Twitter konkrete Maßnahmen eingeleitet hat, nachdem es bei Twitter eine interne kontroverse Diskussion zur Beobachtung und zum „Downgrading“ bestimmter Twitter-Accounts und Hashtags, die mit dem „People’s Vaccine Day” und der Freigabe von Impfstoff-Patenten zusammenhingen, gegeben hatte. Fraglich ist außerdem, ob dieses Diskussionen auf die Anfrage von BioNTech SE erfolgten oder Twitter dieses Diskussionen selbst lostrat.

Laut Informationen, die dem Rat vorliegen, überwachte Twitter im betreffenden Zeitraum offenbar tatsächlich Accounts, Tweets und Hashtags, die sich mit der Aktivistenkampagne zur Freigabe von Impfstoffpatenten befassten. Teilweise wurden diese mit dem Hinweis auf die Nutzungsbedingungen von Twitter als „misleading information” markiert bzw. „downgegradet”.

Das BSI und Twitter haben auf die schriftliche Anfrage des DRPR nach einer Stellungnahme nicht reagiert.

Der Kommunikationskodex und das Tranzparenzgebot

Auch wenn die konkrete Umsetzung von Maßnahmen nicht nachweisbar ist, weisen laut DRPR die vorliegenden Absprachen zwischen BioNTech SE und Twitter sowie den involvierten Twitter-Teams auf einen Verstoß des Transparenzgebots hin, das der Deutsche Kommunikationskodex vorgibt. Dieser besagt:

Public Relations-Professionals vertreten Organisationen und Personen und sind insofern Partei. Sie legitimieren sich dabei nicht nur durch Berufung auf die durch Artikel 5 GG garantierte Meinungsfreiheit, sondern kommunikativ auch durch eine explizite Absendertransparenz, die es den angesprochenen Öffentlichkeiten ermöglicht, Informationen einzuordnen und abzuwägen. Das Vorgehen in speziellen Bereichen ist in detaillierteren DRPR-Richtlinien (DRPR-Richtlinie zur Online-PR; DRPR-Richtlinie zur Kontaktpflege im politischen Raum) beschrieben.

Der Kommunikationskodex wurde durch die DRPR-Trägerverbände im Dezember 2012 in einem partizipativen Prozess entwickelt und beschlossen. Er beschreibt die zentralen Normen und Werte für Public Relations und Kommunikationsfachleute.