Die Zahl der Menschen in Deutschland, die in Wissenschaft und Forschung vertrauen, ist mit 56 Prozent gegenüber dem letzten Jahr um sechs Prozentpunkte gesunken. Im Vergleich mit dem Wert vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019 (46 Prozent) ist jedoch eine Steigerung um zehn Prozentpunkte zu beobachten.
Zwar fühlen sich immer mehr Menschen als in den vergangenen Jahren gut über Wissenschaft und Forschung informiert – 40 Prozent heute, 2019 waren es knapp ein Drittel – doch gleichzeitig glauben mit 37 Prozent mehr als zuvor, dass Forschende sich zu wenig bemühen, um die Öffentlichkeit über ihre Arbeit zu informieren.
Diese Zahlen sind Teil des aktuellen Wissenschaftsbarometers, einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage, die seit 2014 jährlich von der gemeinnützigen Organisation Wissenschaft im Dialog (WiD) durchgeführt wird. Dafür werden deutschsprachige Bürger*innen ab 14 Jahren zu ihren Einstellungen zu Wissenschaft und Forschung befragt. Für die aktuellen Ergebnisse wurden 1.037 Telefoninterviews ausgewertet, die zwischen dem 22. und 24. August vom Marktforschungsunternehmen Kantar geführt wurden.
Misstrauen gegenüber KI in der Wissenschaftskommunikation
Die Nutzung von künstlicher Intelligenz in Form von Programmen wie ChatGPT zur Wiedergabe wissenschaftlicher Inhalte war zum ersten Mal Thema der Studie. 44 Prozent sind diesbezüglich eher skeptisch eingestellt. Auffällig hier: Die Unterschiede bei den einzelnen Altersgruppen. Während die Gruppe der 14- bis 29-Jährigen (45 Prozent) ein relativ hohes Vertrauenslevel aufweist, fällt das Vertrauen bei der Gruppe ab 60 Jahren mit neun Prozent eher gering aus. Bedenken äußert die Mehrheit bezüglich der Wiedergabe von Falschinformationen durch ChatGPT (61 Prozent), der Verbreitung von Falschinformationen durch KI-Programme (59 Prozent) sowie zur Unklarheit über verwendete Quellen (59 Prozent).
Für Benedikt Fecher, Geschäftsführer von Wissenschaft im Dialog, zeigen die Ergebnisse bezüglich der Anwendung von KI in der Wissenschaftskommunikation „ein erhebliches Misstrauen in der Bevölkerung“. Er appelliert daran, „diese Bedenken ernst zu nehmen und die Risiken hinsichtlich Desinformation zu minimieren“, aber auch an einen optimistischen Pragmatismus: „Gleichzeitig sollten wir alle Potenziale nutzen, die künstliche Intelligenz für die Kommunikation mit und über Wissen birgt“.
Informiertheit und Vertrauen bedingt durch Bildungsniveau
Bei den Punkten Informiertheit und Vertrauen fallen erhebliche Unterschiede bei den verschiedenen Bildungsgruppen auf. Während sich 50 Prozent der befragten Gruppe mit Hochschulreife sehr gut oder eher gut über Wissenschaft und Forschung informiert fühlen, sind es bei denen mit mittlerem Schulabschluss oder niedriger Bildung nur 35 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich in puncto Vertrauen: 79 versus 52 versus 31 Prozent – in absteigender Reihenfolge des Bildungsstatus. Bei den Gruppen mit mittlerem Schulabschluss und niedriger formaler Bildung ist der Wert in Bezug auf das Vertrauen gegenüber dem Vorjahr außerdem signifikant gesunken. 37 Prozent, und damit mehr als in den letzten Jahren, – 2021 lag der Wert bei 29 Prozent – glauben, dass sich Wissenschaftler zu wenig bemühen, die Öffentlichkeit über ihre Arbeit zu informieren.
Dazu Mike Schäfer, Mitglied im Wissenschaftsbarometer-Programmbeirat und Professor an der Universität Zürich: „Auch wenn sich ein beträchtlicher Teil der Bürgerinnen und Bürger gut über Wissenschaft informiert fühlt, sehen viele Befragte die Forschenden weiterhin in der Pflicht: Sie wollen, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in die Gesellschaft stärker hinein kommunizieren. Während der Coronapandemie waren mehr Menschen zufrieden mit dieser Kommunikation. Nun bewegt sich die Zahl der Bürgerinnen und Bürger, die mehr Engagement der Wissenschaft erwarten, wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie.“